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Forderungen zur Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes

Landesdelegiertenversammlung vom 13./14.11.2012

Letzte Aktualisierung: 20.11.2012

Die LDV beschließt folgende Positionen und Forderungen der GEW BERLIN zur geplanten Änderung des Lehrerbildungsgesetzes in Berlin:

1.Die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern muss inhaltlich an die aktuellen Herausforderungen an deren Tätigkeit angepasst werden. Heterogenität, Binnendifferenzierung, Inklusion, Gender- und Diversityaspekte, Ganztagsschulbetrieb u. v. m. müssen in Studium und Referendariat ein größeres Gewicht erhalten. Im Sinne eines kontinuierlichen Kompetenzaufbaus sind Praxisphasen während des gesamten Studiums vorzusehen. Darüber hinaus muss die jetzige Lehramtsstruktur so verändert werden, dass für alle Schulformen der entsprechende Nachwuchs zur Verfügung steht und eine möglichst hohe Flexibilität beim der Lehrer/innen gewährleistet wird.

2.Alle Lehramtsstudierenden werden zukünftig in allen Phasen gleichlang ausgebildet. Auf einen sechssemestrigen Bachelorstudiengang folgt ein viersemestriges Masterstudium und ein mindestens 18 Monate umfassendes Referendariat. Berufswissenschaftliche und schulpraktische Anteile müssen bis zum Masterabschluss wie bisher mindestens 30 % der Studienleistungen umfassen.

3.In der universitären Phase der Lehrer/innenbildung müssen Praxisphasen frühzeitig beginnen und sich im Sinne des fortschreitenden Kompetenzerwerbs vom Bachelor- bis zum Masterstudium erstrecken. In allen Lehrämtern sollte im Bachelorstudium ein erstes Unterrichtspraktikum stattfinden. Alle Lehramtsstudierenden absolvieren im Masterstudium im Umfang eines Semesters eine Praxisphase in der Berliner Schule. Dieses ist in der Verantwortung der Universitäten und in enger Zusammenarbeit mit den AusbilderInnen der zweiten Phase zu gestalten. Für die Betreuung der Studierenden sind Lehrkräfte als MentorInnen zu qualifizieren, die für diese Aufgabe eine angemessene Ermäßigung ihrer Unterrichtsverpflichtung erhalten müssen.
Auch für die Studierenden des Lehramtes an Berufsbildenden Schulen fordert die GEW BERLIN für das Praxissemester einen LP/CP-Anteil von 30 Punkten. Davon kann der Praxisanteil in Höhe von 10 LP/CP ggf. auch in der betrieblichen Praxis erbracht werden - selbstverständlich in der Verantwortung der Universität.
Nicht nachvollziehbar sind alle Modellüberlegungen der Baumert-Kommission für die unterschiedliche Höhe der LP/CP im ersten und zweiten Fach des Lehramtes an beruflichen Schulen im Vergleich mit dem Lehramt an ISS und Gymnasien. Vorgesehen ist, im Lehramt an beruflichen Schulen zwischen dem ersten und zweiten Fach einen Unterschied von 35 LP/CP. Die GEW BERLIN fordert den gleichen LP/CP-Anteil für beide Studienfächer.

4. Lehrämter:

Für die allgemeinbildenden Schulen sollen künftig zwei Lehrämter ausgebildet werden. Basis für beide soll die Sekundarstufe I sein, die dann jeweils um die Primar- bzw. Sekundarstufe II ergänzt wird. Damit wird eine hohe Durchlässigkeit beim Einsatz der Lehrkräfte zwischen den einzelnen Schulstufen gewährleistet. Darüber hinaus soll das Lehramt Sek II mit beruflicher Fachrichtung eigenständig erhalten bleiben.
Ein ausschließlich auf die Grundschule bezogenes Lehramt lehnt die GEW BERLIN ab, damit die Flexibilität der Lehrkräfte sowohl im Studium als auch für die berufliche Perspektive nicht eingeengt wird.
Anstelle des zweiten allgemeinbildenden Faches oder Lernbereichs sollen Studierende in allen drei Lehrämtern eine sonderpädagogische Fachrichtung bzw. zwei Förderschwerpunkten wählen können. So kann die Einführung der inklusiven Schule auch personell besser abgesichert werden. Das bisherige Lehramt "Lehrer/in an Sonderschulen bzw. für Sonderpädagogik" wird damit entbehrlich.

Auch für das Lehramt an berufsbildenden Schulen sind Leistungen im Bereich Sprachbildung/DAZ wie in den allgemeinen Lehrämtern vorzusehen.

5. Alle Studierenden in Studiengängen mit Lehramtsoption müssen im Bachelorstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb eines Basiswissens in der inklusiven Pädagogik belegen. Im Masterstudium muss ein Förderschwerpunkt für vertiefende Lehrveranstaltungen gewählt werden.

6. Die GEW BERLIN unterstützt den Vorschlag der "Baumert-Kommission", Aufbau-Masterstudiengänge vor allem für stark nachgefragte Mangelfächer und berufliche Fachrichtungen einzurichten. Damit könnten Studierende mit anderen Bachelorabschlüssen und HochschulabsolventInnen für den Beruf Lehrer/in gewonnen werden. Die pädagogische und didaktische Ausbildung würde dann nicht erst mit dem jetzigen berufsbegleitenden Referendariat beginnen. Darüber hinaus müssen weiterbildende Masterstudiengänge entwickelt werden, die es bereits ausgebildeten Lehrkräften ermöglichen, berufsbegleitend ein weiteres Fach zu studieren und / oder eine andere Lehramtsbefähigung zu erlangen. Im Lehrerbildungsgesetz sind die rechtlichen Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung dieser Studiengänge zu schaffen.

7. Mit der Novellierung soll das Gesetz in Lehrkräftebildungsgesetz umbenannt werden.

8. Die Änderung des Lehrerbildungsgesetzes muss transparent erfolgen. Die Studierenden bzw. ihre Fachschaftsinitiativen sowie die GEW BERLIN müssen in das Gesetzgebungsverfahren direkt einbezogen werden. Gleiches gilt für die Universitäten.

Notwendige Rahmenbedingungen und Konsequenzen:

1. Eingruppierung:

Gleiche Ausbildungszeiten und gleiches Qualifizierungsniveau sollten in der Konsequenz zu gleicher Bezahlung auf hohem Niveau führen. Das bedeutet für alle künftigen Lehrkräfte die Eingruppierung nach E13, vergleichend zur alten Studienratslaufbahn für den höheren Dienst.

Bei der Einführung einer neuen Lehramtsstruktur muss sichergestellt werden, dass es keine Verschlechterungen bei der eingruppierungsmäßigen Behandlung der Lehrkräfte und damit deren Bezahlung gibt. Insbesondere Lehrkräfte, die künftig als zweites Fach eine sonderpädagogische Fachrichtung wählen, müssen unabhängig vom Lehramt dem höheren Dienst (A 13; Entgeltgruppe 13) zugeordnet werden.

2. Ressourcenbereitstellung:

Das Land Berlin muss die für die Reform der Lehrer_innenbildung notwendige Finanzierung vollständig sicherstellen, u.a. über die Hochschulverträge durch eine Erhöhung der Zuschüsse an die Universitäten für die Einführung des viersemestrigen Masterstudiums und des Praxissemesters. Dazu gehört auch die Finanzierung von Ermäßigungsstunden für Lehrkräfte, die als Mentor_innen die Studierenden in Praxisphasen betreuen.

3. Mobilität:

Das Land Berlin muss sicherstellen, dass die Anerkennung des Sekundarlehramtes als Studienräte in allen anderen Bundesländern gewährleistet ist.