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Eckpunkte zur Neugestaltung des Referendariats

Beschluss Nr. 4 der Herbst-LDV 2005

Letzte Aktualisierung: 30.11.2005

Die GEW BERLIN fordert den Berliner Senat auf, bei der Neugestaltung des Referendariats in der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung folgende Eckpunkte zu berücksichtigen:

1. Transparenz und Beteiligung

In die Diskussion um die neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung sind Lehramtsstudierende, Lehramtsanwärter/innen, Seminarleiter/innen sowie Schulleitungen und in der Ausbildung tätige Lehrer/innen und Hochschulangehörige einzubeziehen. Dazu sollen im Jahr 2006 mehrere öffentliche Foren zur Neugestaltung des Referendariats durchgeführt werden.

2. Die Ausbildung der Lehrer/innen muss im Vordergrund stehen.

Lehramtsanwärter/innen sind in der Ausbildung zum Lehrer / zur Lehrerin. Der Ausbildungsaspekt muss beim Einsatz im Unterricht im Vordergrund stehen und nicht die Bedarfsdeckung.

Die Höhe des Ausbildungsunterrichts muss so bemessen sein, dass die Lehramtsanwärter/innen schrittweise unterrichtspraktische Erfahrungen machen können und ausreichend Zeit für die Vor- und Nachbereitung und Reflexion des eigenen Unterrichts haben. Die geplante Erhöhung des Umfangs des selbstständigen Unterrichts auf 16 Stunden ist dabei völlig kontraproduktiv und wird von der GEW BERLIN strikt abgelehnt. Die Höhe der Unterrichtsverpflichtung muss je nach Ausbildungsstand gestaffelt werden.

Die Seminare müssen eine überschaubare Größe behalten und dürfen nicht zu Massenveranstaltungen mit bis zu 200 Lehramtsanwärter/innen ausufern.

3. Dauer des Referendariats und Anerkennung der Abschlüsse

Für alle Lehrämter ist eine gleiche Dauer des Referendariats vorzusehen. Es gibt keinen sachlichen Grund, für die Lehreranwärter/innen das Referendariat auf ein Jahr zu verkürzen und es bei den StudienreferendarInnen bei 2 Jahren zu belassen. Das Land Berlin muss sicherstellen und verbindlich nachweisen, dass die Lehramtsabschlüsse nach einem verkürzten Referendariat bundesweit anerkannt werden. Ist das nicht gewährleistet, muss der Gesetzgeber die Verkürzung zurück nehmen.

4. Eine modularisierte Ausbildung muss mit den universitären Studiengängen verzahnt werden

Die Ausbildungsmodule im Referendariat müssen genau beschrieben und mit den universitären Modulen der Lehramtsausbildung abgestimmt werden. Dabei ist von einem spiralförmigen, an Kompetenzen orientieren Curriculum auszugehen. Das muss sicherstellen, dass die Module im Sinne eines schrittweisen Kompetenzgewinns aufeinander aufbauen und miteinander vernetzt sind.

5. Reflexion des Ausbildungsstands durch Beratung und Hilfestellung statt durch Noten

Lehramtsanwärter/innen müssen ihren Ausbildungsstand kritisch reflektieren können. Seminarleiter/innen und Ausbilder/innen in den Schulen sind in die Lage zu versetzen, den erreichten Ausbildungsstand sowie Defizite und Mängel kontinuierlich mit den Lehramtsanwärter/innen zu besprechen und Wege zu verabreden, wie dieser verbessert werden kann. Dabei müssen Beratung und Unterstützung im Vordergrund stehen. Die geplante Einführung eines alle 8 Wochen durchzuführenden standardisierten und benoteten Beurteilungsverfahrens steht dem völlig entgegen und wird lediglich zu noch größerer Belastung der Lehramtsanwärter/innen (und der Seminarleiter/innen) führen. Es bietet keine Hilfestellung, sondern hat zur Folge, dass nur noch auf die nächste Note hingearbeitet wird.

6. Ausbildende Lehrkräfte an den Schulen müssen qualifiziert und fortgebildet werden

Grundsätzlich ist die Stärkung der Funktion von ausbildenden Lehrkräften an den Schulen sinnvoll. Die Ausbildungslehrerinnen und -lehrer müssen aber in die Lage versetzt werden, die erweiterten Aufgaben im Rahmen der Ausbildung auch zu erfüllen. Dazu gehört eine adäquate Ermäßigung von der eigenen Unterrichtsverpflichtung. Darüber hinaus sind diese Lehrkräfte in Fortbildungen auf ihre Aufgabe vorzubereiten und kontinuierlich weiterzubilden. Die Fort- und Weiterbildung der Ausbildungslehrkräfte kann nicht den Seminarleiter/innen allein übertragen werden, sondern sollte auch z.B. vom LISUM mitorganisiert werden.

7. Prüfungen und Hausarbeit

Bei der Zusammensetzung der Prüfungskommission muss mindestens ein Mitglied durch die PrüfungskandidatInnen selbst gewählt werden können. Das sollte entweder die Ausbildungslehrer/in oder ein/ Fachseminarleiter/in sein. Die Beteiligung eines weiteren Vertreters / einer Vertreterin der Lehrerschaft muss auch künftig sichergestellt sein.

Die schriftliche Prüfungsarbeit muss entfallen. Die Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit wird hinreichend im Studium erworben und nachgewiesen. Die vorgesehene drastische Verkürzung des Bearbeitungszeitraums für die Prüfungsarbeit auf 10 Wochen mit nahezu denselben Anforderungen wie bisher stellt lediglich eine zusätzliche und nicht notwendige Belastung der Ausbildung dar. Sollte bei Wegfall der Prüfungsarbeit die bundesweite Anerkennung der Abschlüsse nicht gewährleistet sein, muss der Bearbeitungszeitraum /-umfang entsprechend angepasst werden.

8. Qualitätssicherung und Evaluation

Für die Evaluation der Ausbildung sind anerkannte wissenschaftliche Verfahren anzuwenden und die Erfahrungen aus dem Hochschulbereich zu nutzen. Eine interne Evaluation durch die Ausbilder/innen selbst ist nicht sachgerecht, da es darum geht, Mängel in der Ausbildung zu erkennen und zu beheben. Die Evaluation sollte durch eine wissenschaftliche Einrichtung durchgeführt werden. Nur so lassen sich die nötige Objektivität der Ergebnisse und auch die Anonymität bei Befragungen der Lehramtsanwärter/innen gewährleisten. Sinnvoll ist es, die Lehramtsausbildung in den Universitäten in das Evaluationsverfahren einzubeziehen und die modularisierte Ausbildung insgesamt mit Blick auf die Erreichung der angestrebten Kompetenzen zu begutachten.