Letzte Aktualisierung: 02.05.2018
Die GEW BERLIN bekennt sich nachdrücklich zur Notwendigkeit eines diskriminierungsfreien, inklusiven und demokratischen Schulsystems. Damit alle Schulen den Ansprüchen an eine inklusive Pädagogik gerecht werden können, müssen dringend die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Blick genommen und verbessert werden. Der Reformprozess hin zur inklusiven Schule kann nur gelingen, wenn die personelle und sächliche Ausstattung aller Schulen den Anforderungen entsprechend mit zusätzlichen Ressourcen unterfüttert wird.
Die Berechnung von Ressourcen erfolgt nach wie vor anhand von Kategorisierungen bestimmter Gruppen von Kindern und Jugendlichen. Dies ist gegenläufig zum inklusiven Bildungsverständnis. Da aber eine generelle Umsteuerung zurzeit nicht erkennbar ist, beschreiben wir im folgende die notwendigen Schritte anhand vorhandener Kriterien.
Im Einzelnen fordert die GEW BERLIN:
1) Transparenz bei Personalausstattung
2) Personalressourcen für Lehrkräfte
3) Personalressourcen für Sozialpädagogische Fachkräfte
4) Poolstunden für Schulentwicklung
Für die inklusive Schulentwicklung müssen den Schulen in Abhängigkeit der Schüler*innenzahl 4-8 Poolstunden in den Zumessungsrichtlinien zugewiesen werden. Lehrkräfte, die sich in die inklusive Schulentwicklung einbringen möchten, können dadurch entlastet werden. Für die ergänzende Förderung und Betreuung müssen zusätzlich 0,25 Stellen für Erzieher*innen umgesetzt werden, damit auch das sozialpädagogische Personal an der Schulentwicklung beteiligt werden kann.
5) Schulhilfe/ Schulassistenz
Jede Schule erhält bezogen auf den Anteil an Schüler*innen mit Anspruch auf Schulassistenz eine Grundausstattung, die im Wesentlichen den Bedarf an Schulassistenz deckt. Bei individuellem Zusatzbedarf muss dieser zusätzlich berücksichtigt werden. Die Schulassistenz muss selbstverständlich auch für Ausflüge und Klassen- und Kursfahrten gewährleistet sein. Die Vertretung für den Fall der Abwesenheit der zuständigen Person muss gesichert sein.
6) Medizinisches Fachpersonal
Die Schulen müssen mit medizinisch ausgebildetem Personal ausgestattet werden, um die Lehrkräfte zu entlasten.
7) Qualifizierung im Bereich Sonderpädagogik
Es müssen schnellstmöglich zusätzliche Fortbildungen im Bereich Sonderpädagogik für alle (auch Sonderpädgog*innen) geschaffen werden, insbesondere aber solche zur Leistungsdiagnostik für "mit sonderpädagogischen Aufgaben beauftragten Lehrkräfte".
8) Qualifizierung für sozialpädagogische Fachkräfte
Für sozialpädagogisches Personal muss analog zur Verordnung über die Weiterbildung für Lehrkräfte (WBLVO) eine verbindliche Regelung zur Weiterbildung für sozialpädagogische Fachkräfte an Berliner Schulen entwickelt werden. Die dringend notwendigen Ausbildungsressourcen könnten so rechtssicher eingefordert und umgesetzt werden.
9) Supervision
Alle Beschäftigten an den Schulen müssen einen Rechtsanspruch auf Supervision erhalten. Su-pervisionszeiten müssen Teil der Regelarbeitszeit sein.
10) Innerschulische Beratungszentren für Diversity und Inklusion
An jeder Schule ist ein innerschulisches Beratungszentrum für Diversity und Inklusion einzurichten. Hier soll zum einen Beratung zu allen Dimensionen von Vielfalt ermöglicht werden und zum anderen Materialien zu Diversity, Antidiskriminierung usw. zur Verfügung stehen. Zu den Dimensionen der Vielfalt gehören: Geschlechtervielfalt, kulturelle und religiöse Vielfalt, unterschiedliche sexuelle Orientierungen, Weltanschauungen und soziale Hintergründe sowie sprachliche, ethnische Vielfalt u.a. Für die innerschulischen Beratungszentren sind zusätzliche räumliche, sächliche und personelle Ressourcen zuzuweisen.
11) Räumliche und sächliche Ausstattung
Im Zuge der Sanierung, Erweiterung und des Neubaus von Schulen sind ausreichend Räume für differenziertes Lernen, Räume als Rückzugsmöglichkeiten, Bewegungs- und Therapieräume, Räume für den hygienischen Bedarf sowie Team- und Arbeitsräume bereitzustellen. Die von der Senatsbildungsverwaltung herausgegebenen Parameter für die Lern und- Teamhäuser dürfen auf keinen Fall aus Kostengründen aufgeweicht werden. Die Parameter sind zudem nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Ergänzungsbauten und Schulsanierungen einzubinden. Barrierefreier Zugang ist an allen Schulorten zu gewährleisten. Die Schulen müssen mit den notwendigen Test- und Screeningverfahren (Material) ausgestattet werden sowie mit technisch-therapeutische Geräten und adaptierten pädagogischen Materialien.
12) Wissenschaftliche Begleitung von Reformen
Grundsätzlich ist sind die Maßnahmen zur Umsetzung von Inklusion an den Berliner Schulen wissenschaftlich zu begleiten und zu evaluieren. Hierbei sind dringend die Perspektiven der Beschäftigten einzubeziehen, sowie deren Arbeitszeit und Belastungssituation.
13) Schulrecht
Die der Schule zugewiesenen Stunden für sonderpädagogische Förderung dürfen nicht für Vertretungen verwendet werden. Das Rundschreiben „Offensive zur Verringerung von Unterrichtausfall“ vom 24. April 2001, Rundschreiben Nr. 28, ist diesbezüglich im Punkt 3.2. zu verändern. Die Möglichkeit der Aufhebung von Teilung/ Integration zur Vertretung von Pflichtunterricht muss gestrichen werden, da ansonsten gezielte und verlässliche Förderung wie in den einschlägigen Richtlinien (z.B. der Sonderschulverordnung Zumessungsrichtlinien, Anlage 2) und im Schulgesetz (z.B. § 4) gefordert, nicht möglich ist.
14) Schuldaten
Die Veröffentlichung von bestimmten schulspezifischen Daten durch die Senatsbildungsverwaltung im Internet wie Staatsangehörigkeit der Schüler*innen, Anteil der Schüler*innen mit nichtdeutscher Herkunftssprache, Fehlzeiten und Schulinspektionsberichte behindert die inklusive Schulentwicklung. Diese Daten sollten künftig nicht mehr im Online-Schulverzeichnis veröffentlich werden.