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Ganztagsschule: Position der GEW BERLIN

 

Die unmittelbar bevorstehende Einrichtung zahlreicher Ganztagsschulen, die die Arbeitsbedingungen und die pädagogische Ausprägung der Tätigkeit an Schulen grundlegend ändern wird, macht die Entwicklung von Forderungen zur Ganztagsschule notwendig, die die bisherigen allgemeinen GEW - Positionen konkretisieren. LV und GLV werden beauftragt, dazu die folgenden Arbeitsschritte umzusetzen:

 

  1. Die LDV nimmt die folgenden Thesen als Grundlage für die weitere Arbeit am Thema Ganztagsschule zustimmend zur Kenntnis.
  2. Die Thesen werden mit der Bitte um Diskussion in die betroffenen Fachgruppen gegeben.
  3. Im Zuge dieser Diskussion werden sie in der blz mit der Bitte um Kommentare und Kritik veröffentlicht.
  4. Auf der Grundlage der Thesen wird ein Expertengespräch zum Thema Ganztagsschulen durchgeführt, das die Grundlagen für die endgültige Beschlussfassung der LDV entwickelt.
  1. Der Ausbau der Schulen zu Ganztagsschulen ist überfällig
    Bildung, Erziehung und Betreuung müssen in ganzheitlichen, miteinander verknüpften Prozessen gestaltet werden und alle Möglichkeiten zur Selbstbildung der Kinder und Jugendlichen anbieten. Nur so ist einem Bildungsziel der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten näher zu kommen. In den immer komplizierter werdenden Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen reicht eine Schule, die nur halbtags geöffnet ist und auf die Kooperation der Jugendhilfe mit der Schule verzichtet, nicht mehr aus. Die Notwendigkeit einer Ganztagsschule in gleichberechtigter Kooperation von Jugendhilfe und Schule ergibt sich bildungspolitisch aus der Notwendigkeit, die Schwächen des Schulsystems zu beseitigen. Dabei steht die verbesserte Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern ausdrücklich nicht im Vordergrund der Forderungen.
     
  2. Ganztagsschulen erfordern eine gebundene Form und müssen flächendeckend vorhanden sein
    Das langfristige Ziel ist die Ganztagsschule als Regelform für alle SchülerInnen, damit soziale Integration durch gemeinsames Lernen und Leben befördert wird. Die gebundene Form fördert ein Schulleben, das die Aufgabe einer ganzheitlichen Bildung, Erziehung und Betreuung leichter gestalten kann (Rhythmisierung). Nur so können sich neue Formen des Unterrichts, insbesondere das selbstgesteuerte Lernen von Kindern und Jugendlichen entwickeln. Eine Kooperation der sozialpädagogischen Fachkräfte und der Lehrkräfte wird möglich. Die Ganztagsschulen sollen eingebettet sein in die sozialen Netze des Stadtteils und der Nachbarschaft; dieses darf nicht nur in sozialen Brennpunkten stattfinden.
     
  3. Ganztagsschulen gestalten ihre pädagogische Arbeit ganzheitlich
    Durch die Rhythmisierung der schulischen Arbeit können sich die verschiedenen Bereiche in der Schule besser aufeinander beziehen und miteinander vernetzen. Synergieeffekte in der ausgebauten Kooperation von pädagogischen Fachkräften sind zugunsten der Kinder und Jugendlichen leichter zu gestalten. Die ganzheitlich ausgerichtete schulische Arbeit kann nur mit Hilfe einer tatsächlichen Kooperation von sozialpädagogischen Fachkräften und Lehrkräften in der Schule stattfinden. Die Kooperation von Jugendhilfe und Schule findet nicht nur im Schulgebäude statt sondern auch im Sozialraum.
    Außerschulische qualifizierte Fachleute (Musiker, Künstler, Sportler, Handwerker usw.) werden in die schulische Arbeit einbezogen. Die vorhandenen Netzwerke und Institutionen von Trägern, Vereinen, Jugendhilfeeinrichtungen werden genutzt. Die Schule macht gleichzeitig Angebote für das soziale Umfeld durch kulturelle, soziale oder politische Veranstaltungen.
     
  4. Rechtliche und finanzielle Voraussetzungen für die Ganztagsschulen
    ie Schule muss über gesicherte Ressourcen und eine verlässliche Finanzierung verfügen. Der Besuch der Ganztagsschule muss für die Kinder und Jugendlichen kostenfrei sein; die Kostenbeteiligung an der Essensversorgung ist davon ausgenommen. Der Zugang zu Ganztagsschulen muss mit einem Rechtsanspruch geregelt sein, damit ein entsprechendes Platzangebot nach Bedarf bereit gestellt wird und der Zugang unabhängig von sozialen Voraussetzungen möglich ist.Die Kooperation zwischen sozialpädagogischen Fachkräften und Lehrkräften muss gleichberechtigt im Rahmen vereinbarter Konzepte erfolgen. Das betrifft auch die finanzielle Ausstattung der Bereiche.
  5. Personelle Voraussetzungen
    Ganztagschulen können nur mit einer hinreichenden personellen Ausstattung sowohl mit sozial-pädagogischen Fachkräften wie auch mit Lehrkräften vernünftig arbeiten. Die Beschäftigungsverhältnisse müssen verlässlich gestaltet sein als Regelarbeitsverhältnisse. Dazu gehört der stellenplangerichtete Erhalt der Leiterinnen und Leiter von sozialpädagogischen Bereichen an Grund- und Sonderschulen in den bisherigen Vergütungsgruppen.Gemeinsame wie auch Einzelfortbildungen der PädagogInnen sind sowohl in der Ausbauphase der Schulen als auch in der Begleitung der täglichen Arbeit zwingend notwendig. Die regelmäßige Kooperation muss stellenplanmäßig abgesichert sein.
  6. Materielle und räumliche Voraussetzungen
    Kinder und Jugendliche müssen auch durch die materielle und räumliche Ausstattung der Schulen das Gefühl der Wertschätzung vermittelt bekommen. Dies bedeutet das Vorhandensein eines angenehmen, gepflegten und funktionalen Raumangebots, sowie von ausreichenden Außenflächen. Die Raum- und Bauplanung muss als integrativer Teil der Schulentwicklung verstanden werden. Die Doppelnutzung von Räumen wird abgelehnt. Eine gesunde Essenversorgung muss sichergestellt sein, die auch pädagogischen Erfordernisse nachkommt, d.h., die Zubereitung des Essens sollte in der Schule stattfinden in Abstimmung mit den PädagogInnen sowie den Kindern und Jugendlichen. PädagogInnen haben Anspruch auf einen eigenen Arbeitsplatz für die störungsfreie Erledigung von Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten. Außerdem sind Räume für Beratung und Kommunikation bereit zu stellen.Die Raum- und Bauplanung muss insgesamt an den pädagogischen Anforderungen und den Arbeitsplatzbedürfnissen aller an einer Schule arbeitenden Menschen ausgerichtet sein und daher als integrativer Teil der Schulentwicklung verstanden werden, insbesondere in der Aufbauphase einer Ganztagsschule.