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Qualitätsoffensive für die Lehrkräftebildung im Land Berlin

Der GLV wird beauftragt, sich gegenüber dem Berliner Senat dafür einzusetzen, dass unverzüglich eine Qualitätsoffensive für die drei Phasen der Berliner Lehrkräftebildung implementiert wird. Der Senat wird aufgefordert, zur Koordinierung eine Taskforce Lehrkräftebildung zu gründen, die aus Bildungs- und Wissenschaftsverwaltung sowie den Universitäten inkl. Schools of Education besteht und an der Personal- und Studierendenvertretungen sowie die GEW Berlin und externe Wissenschaftler*innen beratend beteiligt sind.

Zielsetzung der Taskforce ist, Maßnahmen zur Bekämpfung der Problemlagen in den Lehrkräftebildungsphasen I. Universität, II. Referendariat und III. Fort- und Weiterbildung zu entwickeln.

  1. Universität
  • Evaluation und bedarfsgerechte Prognosen
    Die Zugangs- und Erfolgsquote im Lehramt muss erhöht werden. Dafür benötigt es studiengangs- und lehramtsspezifische Evaluationen, beispielsweise zu Abbruchgründen. Realistische Prognosen zum Bedarf an Lehrkräften müssen den Blick auf mögliche künftige Entwicklungen weiten, beispielsweise den erhöhten Lehrkräftemangel aufgrund kleinerer Klassen oder externer Krisen.
  • Finanzierung der Lehrkräftebildung
    Das Land Berlin muss die Studienplätze im Bereich Lehrkräftebildung ausreichend und dauerhaft finanzieren. Der Senat muss sicherstellen, dass die Gelder zweckgebunden zum Ausbau der Lehrkräftebildung genutzt werden.
  • Lehrkräftebildung als strukturbildender Bestandteil der Berliner Universitäten anerkennen
    In den künftigen Hochschulverträgen (jetzt ab 2024) müssen verbindliche Vereinbarungen der Universitäten für die Lehrkräfteausbildung verankert werden. Hierzu gehört auch ein Kulturwandel der Universitäten, in dessen Zuge die Lehrkräfteausbildung als ein prioritäres Ziel gekennzeichnet und die Schools of Education strukturell aufgewertet werden.
  • Ausbau der Plätze im Quereinstieg
    Die Plätze für die Quereinstiegs-Masterstudiengänge müssen bedarfsgerecht ausgebaut werden, vor allem für das Grundschullehramt und die MINT-Fächer. Auch an der Freien Universität soll zeitnah ein Quereinstiegs-Master Grundschullehramt eingerichtet werden. Die Universitäten sind strukturell in die Ausbildung der Quereinsteiger*innen im StEPS einzubeziehen. Die Ausbildungskapazitäten der Senatsverwaltung im StEPS für Quereinsteiger*innen müssen deutlich ausgebaut werden, damit die Quereinsteigenden nicht wie bisher erst ein Jahr nach der Einstellung mit ihren „Studien“ beginnen können.
  • Studienbedingungen
    Die Erhöhung der Erfolgsquote im Lehramt muss durch quantitative und qualitative Verbesserung der Betreuungsbedingungen erfolgen. Dies gilt insbesondere im Kontext des Praxissemesters, der Abschlussarbeiten sowie der Studieneingangsphase durch Ausbau der Unterstützungs - und Beratungsangebote. Dafür muss die Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO) an den Beratungs- und Fahrtaufwand im Rahmen von betreuungsintensiven Veranstaltungen angepasst werden. Außerdem muss das Studium weiter an die Bedarfe von Studierenden mit Erziehungs- oder Pflegeaufgaben angepasst werden, z.B. durch eine qualitativ hochwertige Flexibilisierung des Praxissemesters.
  • Beschäftigungsbedingungen
    Der Senat muss attraktive Beschäftigungsbedingungen für Angestellte der Universität schaffen, die in der Lehrkräftebildung arbeiten. Dazu gehören etwa finanzielle Anreize, gerade im Vergleich zum Berliner Schuldienst, die Vermeidung von Hochdeputatsstellen, spürbare Entlastung für die zahlreichen Aufgaben im Bereich Administration und Beratung sowie die zeitgemäße Ausstattung der Lehrräume.
  • Stipendien
    Das Stipendium für Studierende in den Quereinstiegs-Masterstudiengängen Lehramt in MINT-Fächern (500 €) muss erhöht, fortgeführt und auf alle Masterstudiengänge Lehramt ausgedehnt werden.
  • Zeitgemäße Lehrkräftebildung
    Studieninhalte, die im Rahmen rassismuskritischer sowie diskriminierungsfreier Lehre in allen Studienfächern und Veranstaltungen stärker verankert werden sollen, sind: Inklusion, Diversität, politische Bildung, Medienbildung sowie Sprachbildung.
  1. Referendariat
  • Teilzeitregelung
    Die Regelung des § 6 Abs. 9 VSLVO muss auf den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst ausdehnt werden. Das Referendariat würde dann in 24 anstatt in 18 Monaten absolviert, da nur die Anrechnungsstunden für den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst entsprechend anzupassen wären. Die Beantragung von Teilzeit aus familiären Gründen muss im Umfang von 75 Prozent auch während des Referendariats ermöglicht werden.
  • Allgemeine Seminare
    Allgemeine Seminare sind auch vor 15:00 Uhr zu terminieren, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach § 10 Landesgleichstellungsgesetz und 5.2 Frauenförderplan umgesetzt wird.
  • Beratung zu Elternzeit und Pflege von Angehörigen
    Es sind kostenfreie Beratungen zu Elternzeit und Pflege von Angehörigen anzubieten.
  • Betreuung durch Mentor*innen
    Es soll eine direkte Zuweisung von 2 bzw. 3 Entlastungsstunden pro Woche an die 80 jeweiligen Mentor*innen für die Begleitung der Referendar*innen erfolgen.
  • Evaluation
    Zur Evaluation der Ausbildung bedarf es der Einrichtung eines anonymen Feedbackportals für Lehramtsanwärter*innen.
  • Lehramtswechsel
    Absolvent*innen im Lehramt ISS/Gymnasium müssen die Möglichkeit erhalten, ihr Referendariat auf Wunsch im Grundschullehramt zu absolvieren.
  • Entlastung der Fachseminarleitungen
    Die Entlastungsstunden müssen von 10 auf 13 bzw. 14 Stunden dringend erhöht werden, um eine qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen.
  • Anerkennung ausländische Abschlüsse
    Hürden bei der Anerkennung von Lehramtsabschlüssen ausländischer Lehrkräfte sind abzubauen, durch einen leichteren Zugang zum Studium für ein zweites Fach, durch Sprachpraxiskurse, finanzielle Unterstützung und eine Begleitung bis zur vollständigen Anerkennung.
  • Erhöhung der Bezüge
    Es benötigt eine Erhöhung der Bezüge im Referendariat über die reguläre Besoldungserhöhung hinaus. Weiterhin ist eine Sonderzulage mit befristeter Bindungsverpflichtung für Berliner Schuldienst nach Abschluss des Referendariats einzurichten.
  1. Fort- und Weiterbildung
  • Ermäßigungsstunden
    Die Zahl der Ermäßigungsstunden für die berufsbegleitenden „Studien“ und das berufsbegleitende Referendariat soll um weitere zwei Stunden erhöht werden. Es benötigt eine gestaffelte Unterrichtsverpflichtung. Im ersten Jahr ist diese deutlich abzusenken, außerdem sollen Hospitationen sowie angeleiteter Unterricht ermöglicht werden.
  • Fortbildung
    Das Fortbildungswesen im Land Berlin muss umfassend reformiert werden. Dazu müssen Verantwortlichkeit, Abgrenzung oder strukturierter Einbezug von Angeboten Dritter sowie Maßnahmen der Qualitätssicherung zentral geregelt werden. Dabei muss das Verhältnis zu den Medienkompetenzzentren in Richtung einer intensiven Kooperation statt einer Abgrenzung weiterentwickelt werden. Inhaltlich muss zukünftig ein Fokus auf den für Inklusion notwendigen Kompetenzerwerb sowie die etwa mit Klimawandel oder auch Digitalisierung einhergehenden Herausforderungen gelegt werden. Fortbildungen müssen mit Sorgearbeit vereinbar sein und dürfen nicht zu einer Mehrbelastung führen. Die Fortbildungen sollten deshalb hauptsächlich in der Unterrichtszeit angeboten werden.
  • Weiterbildung
    Verlässliche und hochwertige Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere für Schulleitungen, Funktionsstelleninhaber*innen und Unterrichtende der Schulpraktischen Seminare sind zu implementieren.
  • Studienzentrum für Erziehung, Pädagogik und Schule (StEPS)
    Das Studienzentrum für Erziehung, Pädagogik und Schule (StEPS) muss strukturell in ein neues Landesinstitut für Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte überführt werden, an dessen inhaltlicher Ausgestaltung, Qualitätssicherung und Weiterentwicklung die lehrkräftebildenden Universitäten maßgeblich beteiligt werden.
  • Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LovL)
    Quereinstiegs-Masterstudiengänge der Universitäten und das berufsbegleitende Lehramtsstudium insgesamt sollen u.a. für Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LovL) bzw. Seiteneinsteiger*innen sowie Lehrkräfte mit ausländischen Lehramtsabschlüssen, die an den Universitäten noch ein Fach nachstudieren müssen, ermöglicht und durch bezahlte Ermäßigungsstunden attraktiv ausgestaltet werden. Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LovL), bzw. Seiteneinsteiger*innen, pädagogischen Unterrichtshilfen und Lehrkräfte mit Lehrbefähigungen mit einem oder zwei Fächern (z.B. FPL) soll Zugang zu allen Fortbildungen ermöglicht werden. Spezielle Fortbildungsangebote für diesen Personenkreis sind zu schaffen. Dies gilt insbesondere für die im Koalitionsvertrag vereinbarten Angebote, die für eine Höhergruppierung erforderlich sind. Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung (LovL) soll Zugang zu allen Fortbildungen ermöglicht werden, spezielle Fortbildungsangebote für diesen Personenkreis sind zu schaffen.
Kontakt
Laura Haßler
Leitung Vorstandsbereich Hochschulen und Lehrer*innenbildung
Telefon:  030 / 219993-0

Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung | Assoziierte Doktorandin, Promotionsstipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung