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Schwerpunkt "Rechte Strategien"

Bedrohung von Rechts

Rechte Einstellungen in der Bevölkerung nehmen stetig zu, daher ist ein Engagement gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus auf allen Ebenen dringend notwendig. Auch Pädagog*innen müssen gut informiert sein, um im Berufsalltag kompetent handeln zu können.

Foto: Jacob Hehlke

Die Bedrohung von Rechts ist ganz konkret. Bewaffnete Reichsbürger*innen, von Rechten organisierte Familienfeste, von Kameradschaften geführte Jugendclubs oder Kampfsportvereine, massive Verunglimpfung von Demokrat*innen im Netz, in den Schulen, im Bundestag – all das ist real und es bedroht direkt unser Zusammenleben und unsere demokratischen Strukturen. Für People of Colour, Menschen mit Migrationsgeschichte, jüdische Menschen ist die Bedrohung von Rechts existenziell. Sie erleben rassistische und antisemitische Hetze im Alltag, hören von beängstigenden Abschiebeplänen und erfahren von tödlichen Anschlägen. Kurzum, sie fürchten um ihre Sicherheit. Viele von ihnen denken darüber nach, auszuwandern. Für Menschen, die in der Lokalpolitik konkrete Verantwortung übernehmen und sich für die Demokratie einsetzen, gehören massive direkte oder digitale Anfeindungen zum Alltag. In Gedenkstätten zur NS-Diktatur und ihren Verbrechen kommt es zu gezielten Aktionen der Verharmlosung und der Verächtlichmachung. All das ist nur ein Auszug von dem, was wir aktuell erleben. Menschenverachtende Hasskommentare brechen sich Bahn, menschenfeindliche Diskurse nehmen in vielen Kontexten immer mehr Raum ein. Der Rechtsruck ist schon lange Realität und ganz deutlich spürbar.

 

Jede*r fünfte Jugendliche würde AfD wählen

 

Im Zweijahresrhythmus wird durch die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zu rechtsextremen und demokratiegefährdenden Einstellungen durchgeführt. Nach einem wissenschaftlich anerkannten Prinzip wird dazu eine Stichprobe gezogen, die in ihrer Sozialstruktur ungefähr der deutschen Wohnbevölkerung entspricht; die also ein Abbild der Gesellschaft darstellt. Laut der letzten Mitte-Studie aus dem Jahr 2023, vertritt ungefähr ein Drittel der Befragten verschwörungsgläubige (38 Prozent), populistische (33 Prozent) und völkisch-autoritär-rebellische (29 Prozent) Positionen. Das Vertrauen in die Institutionen und in das Funktionieren der Demokratie liegt bei unter 60 Prozent. Dies zeigt sich ein stückweit auch bei den Zustimmungswerten für die Partei »Alternative für Deutschland«, die die skizzierten Tendenzen mit ihren demokratiefeindlichen und rechtspopulistischen Diskursen und Positionen aufgreift. Vor diesem Hintergrund sind die Zahlen aus der im April dieses Jahres erschienenen Trendstudie »Jugend in Deutschland 2024« sehr alarmierend: 22 Prozent der 14- bis 29-

Jährigen würden AfD wählen, wenn jetzt Bundestagswahl wäre. Das sind mehr als doppelt so viele, wie noch vor zwei Jahren. In den Wahlprognosen liegt die AfD bundesweit je nach Umfrage zwischen 16 und 19 Prozent, in den Bundesländern liegen die Umfrageergebnisse zwischen 8 und 31 Prozent. Auch wenn sich ein kleiner Trend nach unten abzeichnet, würde die AfD zum jetzigen Zeitpunkt deutlich mehr Stimmen bekommen als bei der letzten Bundestagswahl 2021. Diese Entwicklung ist kein kurzzeitiges Phänomen. Seit vielen Jahren warnen Organisationen und Expert*innen aus dem Bereich Rechtsextremismusprävention vor dem Erstarken rechter Diskurse und Strukturen. Sie weisen auch auf bestehende Verbindungen der verschiedenen Akteur*innen hin. Diese Verbindungen sind spätestens seit den im Januar von dem Recherche-Netzwerk Correctiv veröffentlichten Enthüllungen zu den Deportationsplänen rechtsgesinnter Denker*innen und AfD-Politiker*innen vielen Menschen bekannt.

 

Breiter zivilgesellschaftlicher Widerstand dringend nötig

 

Die Correctiv-Informationen haben viele Menschen geschockt und aufgerüttelt. Viele Millionen sind seitdem an kleinen und großen Orten der Republik für die Demokratie und gegen rechtes Gedankengut auf die Straßen gegangen. Es hat sich ein breiter zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft formiert. Das ist auch dringend nötig.

Das Einstehen für die Demokratie, Menschenrechte, Solidarität sowie das Aufstehen gegen rechte Hetze und jegliche Form von Diskriminierung muss auf allen Ebenen erfolgen. Es braucht kompetentes Handeln im Kleinen wie im Großen. Grundsätzlich müssen wir uns alle die Frage stellen, wie wir viel mehr Menschen wieder für die Demokratie begeistern können. In Bezug auf die gelebte Demokratie und Selbstwirksamkeit ist auch in Bildungseinrichtungen, Gewerkschaften und vielen anderen Orten noch Luft nach oben. Daran müssen wir alle arbeiten.

Um in konkreten Situationen kompetent agieren zu können, braucht es Wachsamkeit und Informiertheit. So ist es beispielswiese wichtig, dass Pädagog*innen genau hinschauen, welche Online-Spiele die Jugendlichen zocken, welche Musik sie hören, welche Comics sie lesen. Hier ist pädagogisches Gespür, aber eben auch viel Wissen gefragt, um zeitnah mit Bildungsangeboten, auch von außerschulischen Kooperationspartner*innen, aufzuklären oder zu intervenieren. Es ist zudem gut, die Strategien von rechten Akteur*innen in den jeweiligen Bildungsbereichen zu kennen, um sich erfolgreich gegen Angriffe wehren zu können. So versucht die AfD zum Beispiel schon seit Längerem, eine kritische Auseinandersetzung mit ihren demokratie- und menschenfeindlichen Ideologien zu unterbinden, indem sie behauptet, Lehrkräfte und Hochschuldozierende müssten sich dazu ›neutral‹ verhalten. Hier hilft es, sich mit dem rechtlichen Rahmen zu befassen.

Auf politischer Ebene müssen alle demokratischen Kräfte zusammenwirken, um Erfolge für die AfD bei den bevorstehenden Wahlen zu verhindern. Auch müssen wir dafür sorgen, dass die vielen Vereine, die unermüdlich für die Demokratie arbeiten, abgesichert werden. Es gibt nämlich ein gezieltes Vorgehen der AfD gegen Demokratiebildungsprojekte. Damit diese wichtige Arbeit und Expertise nicht zur Disposition steht und nicht immer wieder neu über Zuwendungen verhandelt werden muss, setzt sich die GEW neben vielen anderen für die Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes ein.

Einige der Vereine haben sich dankenswerter Weise in die vorliegende bbz-Ausgabe mit Beiträgen zum Titelthema eingebracht. Mit den Artikeln wollen wir gesammeltes Wissen ausschnittweise weitergeben und natürlich alle Leser*innen zum Aktivwerden und zum Widerspruch ermutigen, wo es erforderlich ist. Aktiv gegen Rechts!

 

Wenn du dich zu dem Thema innerhalb der GEW BERLIN engagieren möchtest, dann schau bitte auf unsere Webseite. Dort findest du Informationen zu Veranstaltungen, Demos, Aktionen, Bündnissen, Unterrichtsmaterial etc.: www.gew-berlin.de/aktiv-gegen-rechts

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Privat:  030 / 219993-46