Gewerkschaft
Bergwandern und Kultur
Erinnerungen an eine wunderbare Reise der Senior*innen der GEW BERLIN im Engadin und Bergell.
Seit drei Jahren veranstaltet Reinhard Brettel jährlich eine Bergtour für die Jungen Alten, die schon Kultstatus hat. Reinhard, selbst ein Junger Alter, Hobbybergsteiger seit über 60 Jahren, ein Urgestein der GEW, Schauspieler und Initiator von Wanderungen und Museumsbesuchen, plante für dieses Jahr eine Bergtour im Oberengadin und dem Nachbartal Bergell.
Unterwegs auf dem Smaragdweg
Schon vor der ersten Wandertour lernten wir die berühmtesten Künstler der Region kennen: die Brüder Giacometti im Bündner Museum in Chur und den Maler Segantini, dem in St. Moritz ein Museum gewidmet ist. Dann ging es auf dem Smaragdweg entlang der Seen mit fantastischem Blick auf die steil aufragenden Berge nach Sils Maria. Seit über 150 Jahren haben in diesem Ort am Eingang des Fextals Dichter, Maler und Musiker wie Friedrich Nietzsche, Thomas Mann, Hermann Hesse und Richard Strauß ihre Sommer verbracht.
Unser Ziel war die Casa Salecina, ein altes Bauernhaus auf der Grenze zwischen dem Engadin und dem hinter Maloja steil abfallenden Bergell. Theo Pincus, ein kommunistischer Publizist, Verleger und Buchhändler aus Zürich ließ es in den siebziger Jahren zu einem linken Bildungs-, Begegnungs- und Ferienzentrum umbauen. Das Haus bietet bis zu 50 Personen Unterkunft und Verpflegung zu für Schweizer Verhältnisse günstigen Preisen, die außerdem noch nach einem solidarischen Modell gestaffelt sind. Die erwachsenen Gäst*innen beteiligen sich an der Hausarbeit, übernehmen Aufgaben wie Kochen, Spülen, Putzen. Das klappt sehr gut und fördert die Kommunikation. Da diese in unserer Gruppe ohnehin gut lief, hätte es der Unterbringung im Zwölferzimmer mit Stockbetten nicht bedurft, aber nach den Tageswanderungen das Fextal hinauf oder an den Lej da Cavloc waren wir müde genug.
Steiler Abstieg ins Bergell
Am sechsten Tag ging es hinunter ins Bergell, einem engen Tal, das von hohen Bergen begrenzt wird und in dem die Maira, ein wildes Gewässer, fließt. Der Großteil unserer Gruppe zog den Abstieg im Postbus vor, aber René und Reinhard unternahmen den Umweg über den Piz Lunghin und den Abstieg von 1.450 Höhenmetern zu Fuß. Nach zehn Kilometern erreichten wir Vicosoprano, ein altes Städtchen mit einer Steinbrücke von 1576 und einem kleinen Museum mit Schuldturm und Folterkammer. In unserem netten Hotel aßen wir am Abend ein typisches Engadiner Gericht, Pizzoccheri, und köstliche Kastanientarte zum Nachtisch.
Auf Saumpfand und Kastanienweg
Unser nächstes Ziel war Soglio, der wohl bekannteste Ort des Bergell, idyllisch gelegen, mit wunderbarem Blick auf die umgebenden Berge. Von Stampa, dem Geburtsort der Giacomettis, führte uns ein historischer Saumpfad hinauf und am Tag darauf der ebenso berühmte Kastanienweg nach Castasegna hinunter. Es war Kastanienzeit und wir lernten viel über die Bedeutung der Esskastanien für die Ernährung der bäuerlichen Bevölkerung dieses Tals. Eine süße Spezialität ist Vermicelle, ein Kastanienmus, mit Vanilleeis und Schlagsahne.
In Piuro, gleich hinter der Grenze zu Italien, konnte man Reste einer Siedlung sehen, die vor 400 Jahren durch einen Erdrutsch verschüttet worden war. Am Nachmittag besichtigten wir eine imposante Renaissancevilla, deren Räume vollständig mit gut erhaltenen mythologischen Szenen ausgemalt und mit schönen Möbeln ausgestattet waren. Wir übernachteten in Chiavenna, nach gutem Essen und Trinken in einem Grotto, ehemals ein Felsenkeller zur Weinlagerung.
Ein atemberaubender Blick auf den Piz Bernina
Am nächsten Tag zurück ins Engadin, in Silvaplana mit der Seilbahn zur Mittelstation des Corvatsch, zu Fuß hinauf zum Bergrestaurant mit dem atemberaubenden Blick auf den Piz Bernina und seinen Gletscher, ein Highlight unserer Tour. Und am letzten Tag ging es von Pontresina noch einmal hoch hinauf zur Segantinihütte auf dem Schafberg.
Die Wanderungen waren so gut geplant, dass einige Routen durch Varianten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad für alle Teilnehmer*innen zu bewältigen waren. Auch trug das durchgehend sommerliche Wetter zur guten Stimmung in der Gruppe bei. Wir sind gespannt auf die Pläne für 2024.