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#UNKÜRZBAR

Berlin kämpft für den sozialen Zusammenhalt

Der Berliner Senat hat mit dem Nachtragshaushalt 2025 Kürzungen beschlossen, die gravierende Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur der Stadt haben.

Foto: Christian von Polentz

Die tiefgreifenden Kürzungen, die mit dem Nachtragshaushalt 2025 in Berlin beschlossen wurden, haben gravierende Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur der Stadt. Sie reichen weit über kurzfristige Einsparungen hinaus.

 

Soziale Infrastruktur bedroht

 

Von den Kürzungen betroffen sind zum Beispiel Einrichtungen wie Jugendfreizeiteinrichtungen, Familienzentren, Integrationsprojekte und Beratungsstellen. Diese Angebote sind keine Luxusgüter, sondern grundlegende Anlaufstellen für Menschen in verschiedenen Lebenslagen. Diese Projekte verhindern soziale Ausgrenzung und beugen Konflikten vor. Sie unterstützen nicht nur dabei, Krisensituationen zu bewältigen, sondern schaffen auch Perspektiven für die Zukunft. Die Präventionsarbeit leidet massiv unter den Kürzungen. Etliche Angebote, die soziale Probleme bereits im Keim ersticken können, verlieren ihre finanzielle Grundlage. Der Wegfall dieser Strukturen trifft die Schwächsten der Gesellschaft und greift das soziale Netz, das viele Menschen trägt, an.

Die Kürzungen betreffen nicht nur den sozialen Bereich, sondern ziehen sich durch die gesamte Berliner Bildungslandschaft. Stark betroffen ist die Schulsozialarbeit, bei der Kürzungen in Höhe von 3,5 Millionen zu Buche schlagen. Dabei ist der Unterstützungsbedarf von Kindern und Jugendlichen seit der Corona-Pandemie und durch die vielen Krisen deutlich gestiegen. Schulsozialarbeit bietet niedrigschwellige Hilfe an und ist aktuell wichtiger denn je. Gleichzeitig wird der dringend notwendige Ausbau der digitalen Infrastruktur in den Schulen gebremst, obwohl hier Berlin ohnehin bereits mit erheblichen Defiziten zu kämpfen hat. 

 

Folgen für Schulen und Hochschulen

 

Auch der Nachteilsausgleich für Kolleg*innen, die sich nicht verbeamten lassen wollen, fällt weg. Ebenso wird die Zulage für Lehrkräfte an Schulen in schwieriger Lage (»Brennpunktzulage«) ab August 2025 nicht mehr gezahlt. Diese Entscheidungen haben weitreichende Folgen: Betroffene Lehrkräfte verlieren finanzielle und soziale Vorteile, was nicht nur ihren Arbeitsplatz unattraktiver macht, sondern auch langfristig die Motivation und Bindung von qualifizierten Fachkräften an die Schulen, insbesondere an die Schulen in schwieriger Lage, gefährdet. Besonders in einer Zeit, in der die Belastung für Lehrkräfte aufgrund steigender Schüler*innenzahlen und wachsender Herausforderungen zunimmt, sendet dies ein fatales Signal. 

Auch die Hochschulen stehen vor massiven Herausforderungen. Durch Nachverhandlungen der bis 2028 geltenden Hochschulverträge sollen über 100 Millionen Euro gekürzt werden. Die gesamte Planung der Hochschulen wird so über Bord geworfen. Dringend benötigte Investitionen in marode Gebäude und Infrastruktur werden teils schon in der begonnenen Renovierung gestoppt, notwendige Stellenbesetzungen beim wissenschaftsunterstützenden Personal bleiben aus, und zentrale wissenschaftspolitische Programme wie Dauerstellen für PostDocs stehen auf der Kippe. Das trifft vor allem den überwiegend nur befristet beschäftigten Mittelbau hart, weil Vertragsverlängerungen dann nicht mehr wie geplant stattfinden. Insgesamt werden dadurch Arbeitsbelastung und Arbeitsverdichtung weiter zunehmen.

Massive Kürzungen betreffen auch das StudierendenWerk. Hier werden der Semesterbeitrag und Essenspreise deutlich erhöht, einige Mensabackshops und eine Mensa komplett geschlossen.

Die ohnehin angespannte Lage der Berliner Hochschulen droht, sich so wieder massiv zu verschlechtern, was sowohl die Qualität der Lehre und Forschung als auch die Arbeits- und Studienbedingungen beeinträchtigt. Neben den Beschäftigten warnten auch die Hochschulleitungen mit einer Kundgebung im Dezember, dass diese Kürzungen den Innovationsstandort Berlin gefährden und die Attraktivität und Karriereperspektiven an den Hochschulen schwächen. Der vereinbarte Ausbau der Lehrkräftebildung mit dem Ziel, pro Jahr 2.500 Absolvent*innen im Lehramt zu gewinnen, ist ebenfalls bedroht. Berlin wird so den Bedarf an Lehrkräften weiter nicht decken können. 

 

Langfristige gesellschaftliche Kosten

 

Die Kürzungen im sozialen und im Bildungsbereich mögen kurzfristig den Haushalt entlasten, doch die langfristigen Kosten und Folgen dieser Kürzungen überwiegen bei Weitem und werden die Gesellschaft teuer zu stehen kommen. Fehlende Präventionsarbeit führt zu wachsenden sozialen Spannungen, zu einer höheren Belastung des Gesundheitssystems und zu einer Verschärfung gesellschaftlicher Ungleichheiten.

Insbesondere in Krisenzeiten ist eine stabile soziale Infrastruktur wichtig. Werden diese Strukturen abgebaut, verlieren viele Menschen den Zugang zu Unterstützungsangeboten. Eine Unterfinanzierung von Schulen und Hochschulen führt langfristig zu einem Verlust an Chancen und Innovationen, die für die Zukunft der Stadt unverzichtbar sind.

Die Zukunft der sozialen Infrastruktur, Schulen und Hochschulen wird nicht nur durch die Politik entschieden – sie liegt auch in den Händen derjenigen, die sich aktiv für den Erhalt dieser essenziellen Bereiche einsetzen. 

 

Widerständig bleiben

 

Die Berliner Zivilgesellschaft ist nicht bereit, diesen sozialen Abbau widerspruchslos hinzunehmen. Spontan bildeten sich Ende 2024 Initiativen und Bündnisse, es kam zu Demonstrationen und Protestaktionen. Viele Menschen erkennen den Wert von sozialer Arbeit, Bildung und Wissenschaft und sind bereit, für den Erhalt dieser Strukturen zu kämpfen. Die Protestierenden setzen ein klares Signal: Soziale Arbeit, Bildung und Wissenschaft sind keine freiwilligen Leistungen, sondern unverzichtbare Grundlagen für eine solidarische Gesellschaft. Aus der Wissenschaft kommen deutliche Warnungen: Forschende und Studierende mobilisieren gegen die Kürzungspolitik, um ihre Stimme für eine bessere Zukunft zu erheben.

Unsere Kolleg*innen und wir haben durch breite Mobilisierung und den entschlossenen Einsatz der Betroffenen entscheidend dazu beigetragen, dass Kürzungspläne an einigen Stellen zurückgenommen wurden. So wurde die geplante Kürzung von 50 Millionen Euro bei der Tarifvorsorge für Beschäftigte bei freien Trägern nach massivem Widerstand gestoppt. Ähnlich erfolgreich war der Protest gegen Kürzungen im Jugendtheaterbereich. Darüber hinaus wurden Kürzungen im Familien- und Jugendbereich, wie beispielsweise bei den Stadtteilmüttern, durch Kostenumlagerungen kompensiert, sodass einzelne Projekte weiterhin finanziert werden können. 

 

Für eine gerechte Zukunft einstehen

 

Diese Erfolge zeigen, wie viel Potenzial in gemeinsamer Aktivierung und Solidarität steckt. Sie beweisen, dass gezielter Widerstand die Politik zum Umdenken bewegen kann. Jetzt gilt es, diesen Schwung beizubehalten, um weitere Kürzungspläne zu verhindern. Investitionen in soziale Arbeit, Bildung und Wissenschaft sind die Grundlage einer solidarischen Gesellschaft und der Schlüssel für Berlins Zukunft.

Denn die Kürzungswelle ist noch nicht vorbei: Der Senat plant im kommenden Jahr Einschnitte in Höhe von 2 Milliarden Euro. Für den Bildungsbereich sind weitere Kürzungen in dreistelliger Höhe im Gespräch. Wir als GEW BERLIN stehen entschlossen dafür ein, diesen Abbau zu stoppen – und rufen alle dazu auf, sich gemeinsam mit uns für die Zukunft einzusetzen.

 

DAS KANNST DU TUN 

• Teile deine Erfahrungen: Sende uns konkrete Beispiele, wie die Kürzungen deinen Arbeitsalltag oder deine Einrichtung beeinflussen. Wir wollen diese Geschichten in die Medien bringen, Diskussionen anstoßen und den Druck auf den Berliner Senat erhöhen. Nutze dazu unser Formular auf der Webseite www.gew-berlin.de/du-bist-unkuerzbar 

• Verbreite die Botschaft: Teile unsere Inhalte auf Social Media, sprich mit Kolleg*innen und mobilisiere dein Umfeld.