Standpunkt
Bildung gemeinsam verantworten – gerade in Krisenzeiten
Ein breites Bündnis aus Eltern, Schüler*innen, Lehrkräften, Erzieher*innen und Schulleitungen ruft den Senat auf, die Schulen in ihrem Umgang mit der Corona-Krise nicht länger allein zu lassen
Bereits im Juni hatten wir Schulsenatorin Sandra Scheeres aufgefordert, mit uns in Verhandlungen über einen Corona-Bildungspakt zu treten. Wir wollten mit ihr frühzeitig ins Gespräch darüber kommen, wie gute Bildung und gute, sichere Arbeitsbedingungen in Zeiten von Corona aussehen können. Wir haben unseren Willen zu gemeinsamen Lösungen zum Ausdruck gebracht, aber auch verdeutlich, wie unzufrieden und verunsichert viele Beschäftigte sind. Doch Frau Scheeres hat keine Zeit für ein Gespräch gefunden, auch nach weiteren Anfragen im Laufe des Sommers nicht.
Drei Tage vor Schulstart legte die Senatsverwaltung dann plötzlich Handlungsrahmen und Hygienepläne vor, insgesamt über 100 Seiten mit vielen Details, viel Theorie und viel Konjunktiv. Zum Lesen blieb den Schulleitungen und den Beschäftigten keine Zeit, an die Mitbestimmung der Personalräte war gar nicht zu denken. Obwohl der Senat in vielen wichtigen Fragen die Verantwortung auf die Schulleitungen abwälzte, erfuhren diese von den neuen Regelungen aus der Zeitung. Dieser Kommunikationsstil der Senatorin ist fatal für unsere Schulen, gerade in Zeiten, in denen die Verunsicherung durch das Virus und die Belastungen des Schulalltags ohnehin schon riesig sind.
Die Sommerferien hätte die Senatorin besser nutzen können, um die personellen, die räumlichen und die technischen Voraussetzungen für den „Regelbetrieb“ – wenn es so etwas unter Corona überhaupt geben kann – zumindest ein Stück weit zu verbessern. Um dringend nötige Modernisierungen anzuschieben oder zumindest, um die Beschäftigten, die Eltern und die Schüler*innen mitzunehmen.
Nichts davon ist passiert. Nachdem die Senatorin auch in der ersten Schulwoche auf Stur stellte, sahen wir uns gezwungen, selbst die Initiative zu ergreifen. Wir schmiedeten ein Bündnis aus GEW BERLIN, Landeselternausschuss, Landesschüler*innenausschuss, Vertreter*innen mehrerer Schulleitungsverbände, Vertreter*innen des Ganztags und den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats wie des Personalrats für die zentral verwalteten und berufsbildenden Schulen.
Es herrschte große Einigkeit: Ohne eine bessere Ausstattung und ohne eine Verkleinerung der Lerngruppen werden wir die Schulen nicht unbeschadet durch diese Krise steuern können. Eine Milliarde Euro an Soforthilfe müssen her, damit wir so schnell wie möglich Personal einstellen, zusätzliche Räume und digitale Infrastruktur schaffen und für echte Hygiene an den Schulen sorgen können. Wir fordern eine Einstellungsoffensive – und zwar unverzüglich! Wir brauchen auch Lernkonzepte, die das formale Lernen auflösen und die Lehrpläne abspecken, hin zu kompetenzorientierten, kreativen und offenen Lernformen. Ganztägiges Lernen braucht mehr Aufmerksamkeit. Und der Ausbau der digitalen Infrastruktur, mit Breitband, Endgeräten und IT-Betreuung an allen Schulen, muss endlich vorangehen! Es gibt viel zu tun – die Einrichtung eines Hygienebeirats wird die Probleme an unseren Schulen nicht lösen.