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Gewerkschaft

Dem Radikalenerlass entgegentreten

Hamburg erzielt einen Etappenerfolg im Kampf gegen Berufsverbote. Berlin muss jetzt aktiv werden.

Foto: Sophie-Scholl-Schule

Die Hamburgische Bürgerschaft beschloss vor drei Monaten, dass der sogenannte »Radikalenerlass« von 1972 ein »unrühmliches Kapitel« auch »in der Geschichte Hamburgs darstellt« und »ausdrücklich bedauert« wurde. Die Bürgerschaft sprach ferner »den aus heutiger Sicht zu Unrecht Betroffenen ihren Respekt und ihre Anerkennung« aus und ersuchte den Senat, die seinerzeit erteilten Berufsverbote und deren Folgen für die Betroffenen in einem historisch angemessenen Kontext wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. So könnte zum Beispiel im Rahmen einer Ausstellung über die Ergebnisse und historischen Hintergründe informiert werden. Dies war zwar deutlich weniger als die GEW gefordert hatte, aber immerhin ein lang ersehnter Schritt nach vorn.

Somit hat, nach Bremen im November 2011 und Niedersachsen Ende 2016, nun auch Hamburg offiziell sein Bedauern gegenüber den Folgen des »Radikalenerlasses« ausgedrückt und sich bereit erklärt, eine regionale Aufarbeitung der Berufsverbote zu gewährleisten. Ob damit auch eine tatsächliche Rehabilitierung der Betroffenen und eine finanzielle Entschädigung in Härtefällen erfolgen wird, wie die GEW und die Fraktion der Linken es in ihren Anträgen gefordert hatten, hängt sicherlich von dem Druck ab, den auch die außerparlamentarisch Aktiven gegen Berufsverbote, allen voran die GEW, entwickeln können. Gleiches gilt für die Forderung der Linken, dass an der politisch-historischen Aufarbeitung der Berufsverbote neben Parlamentarier*innen auch ehemals Betroffene und Gewerkschafts- und Initiativenvertreter*innen beteiligt werden sollten.

In den drei genannten Fällen – Hamburg, Bremen und Niedersachsen – hat es jeweils jahrelange Vorarbeit vor den entsprechenden Parlamentsbeschlüssen gegeben. Aus dem Stand heraus wären dort diese kleinen Erfolgsschritte sicherlich nicht möglich gewesen.

Betroffene rehabilitieren und entschädigen

Auch im West-Berlin der 1970er und 1980er Jahre gab es umfangreichen Widerstand gegen die praktizierte Politik der politischen Disziplinierung und der Berufsverbote. Auch wenn uns, der AG Berufsverbote, genaue Zahlen der Betroffenen leider fehlen, ist so viel gewiss: Der West-Berliner Senat und einzelne Bezirksstadträte hatten vielfältig »zugeschlagen«. Viele ehemals Betroffene leiden noch heute unter den Folgen des »Radikalenerlasses« von 1972. Entsprechende politische Beschlüsse, wie in Hamburg, Bremen oder Niedersachsen, stehen in Berlin noch aus, um für die vollständige Bereinigung des unbewältigten Kapitels Berufsverbote voranzukommen. Es bedarf einer Rehabilitierung sowie gegebenenfalls einer Entschädigung der ehemals Betroffenen und eine gründliche Aufarbeitung.

Wir müssen jetzt Abgeordnetenhaus und Senat mit unserem Anliegen konfrontieren!    

 

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46