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Sprachakrobat*innen

Der muttersprachliche Unterricht kommt endlich voran

Seit über 30 Jahren fordert der Türkische Elternverein in Berlin und Brandenburg muttersprachlichen Unterricht als Regelfach. Nicht zuletzt aufgrund der Kritik am Konsulatsunterricht gibt es nun endlich Bewegung.

Foto: Bertolt Prächt

Der Türkische Elternverein in Berlin und Brandenburg (TEVBB) fordert seit seiner Gründung im Jahr 1985 muttersprachlichen Unterricht als im Stundenplan integriertes Regelfach. Das bedeutet, dass der Unterricht unter deutscher Schulaufsicht erfolgen und durch von deutschen Behörden eingestellte Lehrkräfte erteilt werden soll. Des Weiteren ist ein Lehramt für das Fach Türkisch einzurichten und die Lehr- und Lernmaterialien sind in Deutschland zu erarbeiten. Der Unterrichtsumfang soll fünf Wochenstunden betragen, das Fach soll versetzungsrelevant sein und es soll ein Abwahlrecht der Eltern bestehen. So hat es der Türkische Elternverein bereits im Jahr 1998 gefordert.

Zuletzt hat sich eine erfreuliche Entwicklung vollzogen. Die Senatsbildungsverwaltung hat ab dem zweiten Schulhalbjahr 2017/18 ein AG-Angebot »Herkunftssprache Türkisch« an 20 Berliner Grundschulen eingeführt. Als TEVBB begrüßen wir diese Maßnahme.

Der Unterricht von Kindern mit Migrationshintergrund in ihrer Muttersprache ist ein wichtiges Element ihrer psychischen, sozialen, kognitiven und kulturellen Entwicklung. Der muttersprachliche Unterricht hat also einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung, die Sprachkompetenz und auf schulische Leistungen und damit nicht zuletzt auf die Integration in die Gesellschaft.

Unabhängig von der in einigen Medien auch zu Unrecht geäußerten Kritik, begleitet der Türkische Elternverein den Türkischen Konsulatsunterricht seit langem im kritischen Dialog. Der Konsulatsunterricht ist der Lebenswirklichkeit der in Deutschland lebenden Kinder nicht angepasst. Er ist in vielen Fällen auf das Heimatland der (Groß-) Elterngeneration fokussiert. Als besonders problematisch galt von Anfang an, dass dieser Unterricht abgekoppelt vom übrigen Schulleben erfolgt.

Wir werden die neue Entwicklung in Berlin sehr aufmerksam verfolgen und uns auch zukünftig in die Diskussion einbringen. Dabei sind wir selbstverständlich jederzeit bereit, unsere langjährigen Erfahrungen in der Integration und speziell in der Elternarbeit einzubringen.

Sechs Forderungen an die Politik

Unsere Forderungen an die Berliner Politik sind:

1.       Es darf nicht nur um den Türkischunterricht gehen, sondern auch um den herkunftssprachlichen Unterricht anderer Sprachen, wie zum Beispiel Arabisch, Kurdisch, Russisch oder Polnisch.

2.       Der Herkunftssprachenunterricht muss bereits in Kitas und Vorschuleinrichtungen angeboten werden. Hier sind entsprechend der konkreten Situation natürlich unterschiedliche Mittel und Möglichkeiten zu nutzen.

3.       Der Muttersprachenunterricht ist in allen Grundschulen anzubieten. Dabei halten auch wir ab der 1. Klasse einen Unterricht in AG’s für sinnvoll, natürlich auf freiwilliger Basis

4.       Ab der 7. Klasse muss dieser Unterricht als zweite oder dritte Fremdsprache angeboten werden, zwar freiwillig, aber bei der entsprechenden Wahl auch versetzungsrelevant.

5.       Der Unterricht ist von Fachkräften mit den geeigneten Lehr- und Lernmaterialien durchzuführen. Dazu muss auch eine entsprechende Ausbildung von Lehrer*innen an Berliner Hochschulen ermöglicht werden. Bis diese Lehrer*innen zur Verfügung stehen, ist zu prüfen, ob der Unterricht auch durch bereits im Schuldienst tätige Lehrkräfte mit entsprechenden Sprachkenntnissen durchgeführt werden kann. Dazu ist auch ein entsprechendes Weiterbildungssystem zu organisieren.

6.       Es bedarf für einen erfolgreichen Unterricht auch der Entwicklung geeigneter Lehr- und Lernmaterialien. Dabei sollte erst einmal auf Materialien zurückgegriffen werden, die bereits in anderen Bundesländern vorhanden sind und sich bewährt haben.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46