bbz 11 / 2019
Die Lücke zwischen Taschenrechner und Realität
Die Personalausstattung an den Schulen reicht hinten und vorne nicht. Eine Erzieherin rechnet vor
Schon im August dieses Jahres erreichten drei Überlastungsanzeigen aus drei Schulen den Lichtenberger Personalrat. Der Start in das neue Schuljahr könnte nicht schlechter verlaufen!
Die Ausstattung der Schulen erfolgt auf Grundlage einer Abfrage im vorangegangenen Schuljahr. Diese Prognosezahlen wurden aber von der zuständigen Senatsverwaltung angezweifelt und willkürlich reduziert. So wurden von den 55 benötigten Stellen für Erzieher*innen nur 12 besetzt. Folglich konnten nicht alle Schulen ihren Bedarf decken.
Wie schon mehrfach kritisiert ist ein bürokratischer Stellenschlüssel das eine, die tatsächliche Ausstattung und der Bedarf vor Ort etwas komplett Anderes. Laut Angaben der Senatsschulverwaltung sind in der Stellenzuweisung jegliche Personalausfälle, wie beispielsweise Krankheit, Kur, Elternzeit und Mutterschutz einberechnet. Die sogenannten eingeplanten Puffer in der Stellenzuweisung sind aber so gering, dass sie an den betroffenen Schulen nicht spürbar sind.
Nehmen wir das Beispiel einer Lichtenberger Schule: Drei Kolleg*innen befinden sich hier im Mutterschutz beziehungsweise in Elternzeit, zwei Kolleg*innen sind langzeiterkrankt. Das ergibt in der Summe fünf Kolleg*innen, die nicht im aktiven Dienst sind. Außer Acht gelassen sind eventuell kurzfristige Krankmeldungen, die natürlich zum Alltag dazu gehören. Dieser Schule wurde trotzdem von der Fachaufsicht mitgeteilt, dass sie zu 100 Prozent ausgestattet sei. Befristete Einstellungen zur Entlastung der Kolleg*innen sind nicht möglich, da es aufgrund eines rechnerischen Stellenüberhangs in der Region verwehrt wird. An diesem Beispiel verdeutlicht sich die Absurdität des bürokratischen Stellenberechnens für Erzieher-*innen. Es klafft eine offensichtliche Lücke zwischen der Rechnung mit dem Taschenrechner am Schreibtisch und der Arbeitsrealität im Ganztag vor Ort.
Warum das so ist? Es gibt nun mal keine Viertel- Erzieher*in. Es gibt keinen Taschenrechner, der erkennt, dass mit einer permanenten Unterbesetzung die Arbeitsbelastung steigt und dass sich daraus erneute Krankheitsfälle ergeben. Keine Formel kann fehlende Wertschätzung durch den Arbeitgeber einberechnen. Keine Excel-Tabelle erkennt, dass der Personalschlüssel vielleicht für August mit Mühe und Not stemmbar ist, dass jedoch der Winter naht und somit die Erkältungs- und Grippezeit beginnt.
Personalräte lehnen Berechnungsmodell ab
So hat der Hauptpersonalrat im August der neuen Verwaltungsvorschrift für die »Zumessung der Erzieher*innen […]« nicht zugestimmt. In der Ablehnung heißt es, dass es keine Überarbeitung des Modells der Jahresarbeitsminuten gab. Dieses Modell bildet nicht die Realitäten ab. Es ist dringend neu aufzustellen beziehungsweise müssen endlich Alternativen gefunden werden.
Kritisiert wird weiterhin die Bemessung der Personalausstattung ausschließlich bezogen auf den Stichtag 1. November. Damit wird weder ein Anstieg der Schüler*innenzaahlen noch deren Teilnahme am Ganztag im laufenden Schuljahr berücksichtigt, was wiederum zu einer Unterausstattung führt. Auch für die Personalzuschläge für besonderen Förderbedarf ist dies höchst problematisch. Eine vierteljährliche Nachsteuerung ist dringend erforderlich!
Die Bemessung der Grundausstattung für die ergänzende Förderung und Betreuung sowie des gebundenen Ganztages entspricht in keiner Weise den pädagogischen Erfordernissen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist noch keine Stellungnahme zur Ablehnung erfolgt. Die zuständigen Personalräte erwarten von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Wertschätzung dem Personal gegenüber.
Diese wäre für die Kolleg*innen erkennbar in guten Arbeitsbedingungen, in ausreichendem Personal, genügend Reserven, um Engpässe auszugleichen, und einer vorrausschauenden und transparenten Planung für die kommenden Jahre. Schließlich geht es bei unserer Arbeit um die Betreuung, Förderung und Erziehung der uns anvertrauten Kinder.