Gewerkschaft
»Die Zukunft ist noch nicht in Stein gemeißelt«
Nach neun Jahren als Vorsitzender und insgesamt zwölf Jahren im Geschäftsführenden Landesvorstand der GEW BERLIN ist Tom Erdmann zurückgetreten.
Am 12. Juli hat Tom Erdmann seinen sofortigen Rücktritt vom Vorsitz des Landesverbandes erklärt. Tom hat im Umgang mit einem geheimen Mitschnitt einer GEW-Sitzung, der ihm ungefragt und anonym zugeschickt wurde, einen Fehler gemacht. Aus diesem Fehler hat er die Konsequenzen gezogen, nachdem ihm der Landesvorstand nicht mehr uneingeschränkt das Vertrauen ausgesprochen hat. Wir respektieren diese Entscheidung und möchten an dieser Stelle würdigen, was die GEW BERLIN Tom Erdmann zu verdanken hat.
Als »Stubenältester« hatte Tom sich zuletzt manchmal spaßeshalber bezeichnet, da er inzwischen zu den Dienstältesten im Geschäftsführenden Landesvorstand gehörte. Er wurde 2012 in den Geschäftsführenden Landesvorstand gewählt und war dort zunächst ehrenamtlicher Pressesprecher. Seit 2015 übernahm er dann den Vorsitz des Landesverbandes, zunächst im Team mit Doreen Siebernik und seit 2021 zusammen mit Martina Regulin.
In den 12 Jahren, in denen Tom bei der GEW Verantwortung trug, hat der Landesverband sich zu einer streikkräftigen Organisation entwickelt, die ganz im Gegensatz zu anderen Gewerkschaften auf einen kontinuierlichen Mitgliederzuwachs zurückblicken kann. Die GEW BERLIN hat mit großer Beharrlichkeit die E13 / A13 für Grundschullehrkräfte erstritten und wir kämpfen, bundesweit wegweisend, für Tarifverträge zur Verkleinerung der Klassen und der Entlastung der pädagogischen Beschäftigten in Schulen und Kitas. Mit dem TV Stud III hat Tom den Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte erheblich verbessert. Dies hat er persönlich als Verhandlungsführer erstritten.
Gute Bildung für alle war sein Antrieb
Neben der Tarifarbeit war Tom aber die bildungspolitische Seite der GEW immer wichtig. Er ist ein Kämpfer für die Gemeinschaftsschule und ein Linker mit großer Überzeugung. Gute Bildung, für die Beschäftigten so wie für die Kinder und Jugendlichen, das war sein Antrieb. Die Verbeamtung sprach gegen sein Verständnis eines kämpferischen und selbstbewussten Berufsstands – und auch wenn er sich damit in der GEW und unter den Lehrkräften durchaus Feinde gemacht hat, stand er für seine Überzeugung ein, er stritt für Mehrheiten und steckte die Kritik für seine Haltung ein.
Tom hat die GEWerkschaftsarbeit bis zu seinem Rücktritt geliebt und auch nach langen Sitzungen und schwierigen Auseinandersetzungen nie die gute Laune verloren. Er musste in den teils scharf geführten Konflikten in der GEW BERLIN viel einstecken, gegenüber der Öffentlichkeit und der Presse besonders. Manchmal musste er sich für Fehler kritisieren lassen, die nicht seine waren. Ihm wäre es dabei nie in den Sinn gekommen, die Schuld auf andere zu schieben – im Gegenteil: seine Rolle als Vorsitzender interpretierte er so, den Kopf für andere hinzuhalten. Nie hat er nach unten getreten, nie die Beschäftigten der GEW schlecht dastehen lassen.
Er war sich für keine Aufgabe zu schade
Als Teamplayer war Tom sich auch als Vorsitzender für keine Aufgabe zu schade. Noch am Tag seines Rücktritts verteilte er, so wie an jedem Streik-Morgen zuvor, Westen und Fahnen an die Kolleg*innen aus den Kitas, um unsere Geschäftsstelle zu entlasten. An den besonders frostigen Streiktagen, von denen wir in den letzten Jahren einige hatten, brachte er den Beschäftigten morgens Wärmepads für die eisigen Füße mit. Die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen in der Geschäftsstelle, auf Augenhöhe, anpackend und mit Spaß dabei, das war ihm immer besonders wichtig. Deswegen hat er sich auch vor der letzten Wahl dazu entschlossen, nochmals anzutreten. Dass die Zeit als Vorsitzender nun so jäh endet, das ist bitter und tut uns leid. In der Geschäftsstelle wird Tom eine große Lücke hinterlassen.
Tom, sicher der größte Star-Trek-Fan dieses Landesverbandes und sogar Filmpreisträger eines australischen StarTrek-Filmfestivals, hat inzwischen »die Brücke der GEW verlassen«. Mit seinen 41 Jahren ist er jung und hat noch viel vor sich – »unendliche Weiten« – dabei wünschen wir ihm von Herzen alles, alles Gute!