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Schwerpunkt "Was bleibt von Corona"

Digital dank Corona

Auch in der GEW hat sich durch die Corona-Pandemie viel verändert. Einige neu erlernte Methoden können helfen, die Gewerkschaftsarbeit inklusiver und effizienter zu gestalten.

Foto: GEW BERLIN

Corona war eine strenge Lehrmeisterin. Einige Aspekte der seit Jahrzehnten besprochenen Digitalisierung in der Bildung wurden in Windeseile und unter schwierigsten Bedingungen umgesetzt. Viele der Änderungen bleiben sicher langfristig, auch nachdem die letzten Masken weggeschmissen werden. Innerhalb der GEW BERLIN ist es nicht anders.

Am eindeutigsten ist das bei den digitalen Treffen. Wo einst ein Online-Gespräch wie unnötiger Aufwand erschien, sind sie heute eine Selbstverständlichkeit. Die GEW BERLIN hat Erfahrungen mit formellen Gremien wie dem Landesvorstand und der Landesdelegiertenversammlung gemacht; mit sogenannten »Townhalls«, also offenen Treffen für Mitglieder und Nicht-Mitglieder zu bestimmten Themen; sowie mit kleineren Treffen innerhalb der Bezirke, Abteilungen und Personen-, Fach-, und Arbeitsgruppen. Große formelle Treffen richtet die Geschäftsführung über Webex ein; kleinere Treffen werden eigenständig von den Leitungen der Untergliederungen über BigBlueButton durchgeführt. Gewählte GEW-Funktionär*innen, zum Beispiel Bezirksleitungen, können einen BigBlueButton-Zugang über die Geschäftsführung beantragen. So müssen keine Konferenzsysteme von Dienststellen, Schulen oder Privatmenschen zu gewerkschaftlichen Zwecken verwendet werden.

Die Teilnahme wird erleichtert

Digitale Treffen haben einige Vorteile. Die Pendelzeit zu einem Treffen fällt weg, das Treppensteigen im GEW-Haus ebenfalls. So können mehr Menschen teilnehmen, die begrenzt Zeit oder Mobilität haben. Viele Gruppen haben die Erfahrung gemacht, dass viel mehr Menschen zu den Sitzungen kommen als sonst. Treffen unter zwei Stunden haben sich als sehr praktisch erwiesen, insbesondere für schnelle Absprachen und zum Austausch. Die gemeinsame Dokumentenbearbeitung ist ebenfalls leichter, wenn sowieso alle auf einen Bildschirm schauen. Projekte, Ideen und Informationen werden im Allgemeinen besser präsentationsgestützt aufgenommen, hierfür bietet sich ebenfalls das digitale Arbeiten an. Ein typisches Beispiel wäre eine Mitgliederversammlung eines Bezirks, wo GEW-Vorhaben vorgestellt werden und abgefragt wird, wie die Stimmung unter den Mitgliedern ist. Zu einem solchen kurzen digitalen Treffen lässt es sich leichter nach der Arbeit schaffen, als zu einem Treffen, zu dem man erst noch hinfahren müsste. Besonders erfreulich hierbei sind nicht nur die Kinder mancher Mitglieder, die in den Bildschirm lächeln, sondern auch die Tatsache, dass Menschen mit Kindern (oder anderen Verpflichtungen) leichter teilnehmen können.

Das gemeinsame digitale Arbeiten kann auch eine Plattform erfordern. Das GEWnet wurde von dem Bundesausschuss der Studierenden gestartet und findet zum Beispiel im Geschäftsführenden Landesvorstand in Schleswig-Holstein bereits Anwendung. »GEWnet« ist eine Moodle-basierte Plattform für digitale Zusammenarbeit, wie etwa auch der Lernraum Berlin. »Kurse« werden für Gremien eingerichtet, die dort arbeiten wollen, zum Beispiel für eine Bezirksleitung. Hier könnten Protokolle archiviert, Einführungen für Neue hinterlegt, und gemeinsam Dokumente bearbeitet werden. Im Forum kann diskutiert werden, etwa über komplexe Themen, wo die Schriftform geeigneter als mündliche Debatte ist. Möglich ist noch viel mehr, zum Beispiel Videokonferenzen und Abstimmungen. Zum Datenschutz: Nur eingeladene Mitglieder können die dort hinterlegten Dateien einsehen und in einem »Kurs« mitwirken. Das Unterschreiben und die Kenntnisnahme der GEW-Datenschutzerklärung ist selbstverständlich Pflicht.

Präsenz bleibt wichtig

Wofür träfe man sich noch in Präsenz? Ein richtiges Kennenlernen der GEW erfolgt selbstverständlich noch persönlich. Kontroverse Gespräche lassen sich auch nur notbedingt telefonisch oder über Videokonferenz führen, man muss vor Ort sein, um Person von Argumenten zu trennen. Mitglieder werden nach wie vor persönlich geworben und aktiviert. Auch die allerbeste Powerpoint-Präsentation ersetzt nicht die zwischenmenschliche Frage: »Bist du dabei?« Die GEW besteht nicht zuletzt aus Menschen, nicht aus Lexika zu Arbeitsrecht, weshalb sich alle sozialen Komponenten der gewerkschaftlichen Arbeit nur persönlich pflegen lassen.

Welche Lehren ziehen wir hieraus? Nicht alle Treffen müssen in der Ahornstraße stattfinden. Wo es um Arbeiten geht – um Planung, Absprachen, gemeinsames Schreiben, Meinungsfindung – eignet sich vielmehr der digitale Raum. Wo es um das Soziale geht, lockt natürlich die Straße zum Demonstrieren und der GEW-Garten zum Grillen. So aktivieren wir immer mehr Mitglieder.

Obwohl ich hiermit für weniger persönliche Treffen im GEW-Haus plädiere, hat ironischerweise gerade Corona aufgezeigt, wo digitales Arbeiten nicht ersetzt werden kann. Die GEW BERLIN braucht Kontaktpersonen (sogenannte »Vertrauensleute«) vor Ort in jedem Betrieb. In der Pandemie gab es viele Fragen und viel Beratungsbedarf, die Beschäftigten wurden oft wöchentlich vor neue Tatsachen gestellt. Hier hilft es enorm, eine Person vor Ort zu haben, die auf die Ressourcen der GEW oder der Beschäftigtenvertretungen hinweist. Die Arbeit einer Vertrauensperson beginnt mit der Bereitschaft, Post von der GEW am Arbeitsplatz zu erhalten und dann die Informationen zu verteilen. Die GEW kann noch so viele gute Informationsbriefe schreiben, die beste Kampagne für eine Personalratswahl planen, und die geschicktesten Tarifkämpfe durchführen. Kein Plakat hängt sich von allein auf. Die aktiven Mitglieder vor Ort sind unverzichtbar. Vielleicht verzichtet die GEW künftig häufiger darauf, die Zeit dieser aktiven Mitglieder mit Pendeln zu verschwenden.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Privat:  030 / 219993-46