Gewerkschaft
Drei Jahre Kampf für einen TV-G
Weiterhin verweigert der Senat Verhandlungen für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz. Ein Debattenbeitrag zur Streikstrategie.
Seit drei Jahren kämpfen wir als GEW BERLIN für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz (TV-G). Zwischenzeitlich streikten mehrere tausend Lehrkräfte, und auf den Streikversammlungen herrschte eine kämpferische Stimmung. Von dieser Dynamik ist heute nichts mehr zu sehen.
Währenddessen nehmen die Angriffe des Senats auf uns zu. Dienstreisekosten für Klassenfahrten werden nicht mehr übernommen, und das Landesarbeitsgericht hat den Streik der Erzieher*innen der Kita-Eigenbetriebe für einen Tarifvertrag Entlastung (TV-E) am 11. Oktober 2024 verboten. Das Streikverbot ist ein Skandal. Es muss als Teil des gesellschaftlichen Rechtsrucks verstanden werden. Denn einerseits werden die Kürzungen auf unserem Rücken ausgetragen, andererseits agiert der Staat zunehmend repressiv – so auch beim Streikverbot. Ohne den Druck durch Arbeitskämpfe wird der Senat uns nichts schenken. Ver.di und GEW BERLIN haben mit ihrer Kampagne für den TV-E gezeigt, wie man erfolgreich mobilisieren kann.
Ein Blick über den Tellerrand
Es gibt zwischen dem TV-E und dem Tarifvorhaben der Lehrkräfte eine Menge Parallelen. Die Erzieher*innen haben es jedoch geschafft, innerhalb weniger Monate zu einer Urabstimmung zu kommen. Klare Ultimaten, konsequente Eskalationsstufen, kaum Pausen zwischen den Streiks und die Vorbereitung eines Erzwingungsstreiks sind Ausdruck einer gezielten Strategie, die insbesondere von ver.di verfolgt wurde. Das Streikverbot ist kein Fehler der Mobilisierungsstrategie, sondern ein Angriff auf unsere Rechte. In der Tarifbewegung der Lehrkräfte haben wir hingegen in den vergangenen Jahren viel Zeit verloren. Aufgrund der Streikpause für einen TV-G Ende 2023 stehen wir nun vor der Herausforderung, wie wir die Auseinandersetzung erfolgreich fortführen können.
Das Kita-Streikverbot darf nicht dazu führen, dass wir nicht mehr streiken. Wir sollten jetzt nicht kleiner denken, sondern größer. Der Streik muss auch politisch gedacht werden. Dafür müssen wir mit anderen Beschäftigten aus dem Bildungsbereich kämpfen. Eine Möglichkeit für eine neue Dynamik, die spürbar Druck auf den Senat erhöhen würde, wäre eine gemeinsame Mobilisierung von Lehrkräften und Erzieher*innen aus den Kitas und dem Ganztag. Die Forderungen nach Entlastung der Erzieher*innen sind die gleichen, die Reaktion des Senats ebenso. Warum folgt daraus nicht die einzig sinnvolle Konsequenz, für dieselben Forderungen auch gemeinsam auf die Straße zu gehen?
Im Jahr der Personalratswahlen begann ver.di taktisch klug, ihre Streiks zu führen, und konnte sich so als kämpferische Gewerkschaft präsentieren. Leider sind solche taktischen Beweggründe anscheinend wichtiger als kraftvolle gemeinsame Arbeitskämpfe, denn auch ver.di hätte 2023, als wir Lehrkräfte mitten im Arbeitskampf waren, mit ihrem Tarifvorhaben zu uns kommen können, um gegen den gleichen Senat die gemeinsamen Forderungen durchzusetzen.
Eine neue Strategie muss her
Seit Februar 2023 wird immer wieder eine strategische Debatte unter größtmöglichem Einbezug der GEW-Mitglieder gefordert. Passiert ist seitdem leider wenig. Als Vertrauensperson an meiner Schule fällt es mir seit letztem Schuljahr immer schwerer, Kolleg*innen vom TV-G zu überzeugen. Es fehlt eine Strategie!
Angesichts des Streikverbotes ist es wichtig, eine breite gewerkschaftliche Debatte zu führen. Wie können wir gemeinsam streiken, wie verhindern wir, dass unsere Streiks verboten werden, und wie können wir erfolgreich sein?
Der TV-G sollte das bestimmende Thema sein, auf der LDV, in den Gremien, in den Schulen, denn wenn wir diesen Kampf gewinnen, dann wird er Strahlkraft auf andere Bereiche haben und uns in Zeiten von Kürzungen, Streikverboten und des Rechtsrucks helfen, Lebensbedingungen real zu verbessern und Alternativen zum menschen- und naturzerstörenden kapitalistischen Status Quo aufzuzeigen.