Schule
Ein Corona-Bildungspakt für Digitalisierung
Ein Bündnis aus Beschäftigten, Eltern, Schüler*innen und Schulleitungen fordert mehr Geld für Bildung in der Pandemie und mahnt schnellere Schritte für die Digitalisierung an.
Vor den Sommerferien haben wir Bildungssenatorin Scheeres zu Verhandlungen um einen Corona-Bildungspakt aufgefordert. Zuvor hatte der Senat beschlossen, die Schulen ab August ohne nennenswerte Einschränkungen wieder zu öffnen. Keine der Beschäftigtenvertretungen oder die GEW wurden darüber im Vorfeld informiert, geschweige denn um Rat gefragt. Der Frust und die Belastung in Berlins Schulen waren schon in den ersten Tagen des neuen Schuljahres riesig. Für viele Schulen war es rätselhaft, wie die Rückkehr zum flächendeckenden Regelbetrieb vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und dem eklatanten Personalmangel gelingen soll.
Es geht nicht nur um Hygiene
Nachdem die Bildungssenatorin unsere Anfragen und Anregungen über Wochen ausgeschlagen hat, nahmen wir das Heft des Handelns selbst in die Hand: Gemeinsam mit dem Landeselternausschuss (LEA) luden wir zu Gesprächen über einen Corona-Bildungspakt. Schnell war uns allen klar, dass wir über mehr reden müssen als nur über Hygiene. Es fehlt an Räumen, Personal, Zeit für gute Unterrichtskonzepte und Ausstattung für Digitalisierung. Gerade an letzterem kranken die Schulen in ganz Deutschland.
Bildung ist in Deutschland nach wie vor unterfinanziert. Unser Bündnis für einen Corona-Bildungspakt eint auch die Forderung nach mehr Geld. Für Personal, Instandsetzung und Investition, insbesondere in die Digitalisierung. Wir haben die Forderung nach Corona-Soforthilfen von einer Milliarde Euro für die Berliner Schulen formuliert und konkrete, kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zusammengetragen. Eine Milliarde klingt nach viel. Doch wenn im Berliner Nachtragshaushalt fünf Milliarden Euro Soforthilfe bereitgestellt werden, muss für Bildung auch ein großer Batzen drin sein. Und wenn die 16 Bildungshaushalte genau so einen hohen Anteil am Brutto-Inlandsprodukt hätten, wie der Durchschnitt der OECD-Länder, dann hätten wir bundesweit 30 Milliarden mehr für Bildung. Jährlich!
Technisch noch auf Vor-Krisen-Niveau
Auf unserem letzten Treffen im September befassten wir uns ausschließlich mit Digitalisierung. Auch, weil Viele erneute Schulschließungen angesichts der steigenden Infektionszahlen fürchten und weil die Schulen technisch noch immer auf dem Stand von vor einem halben Jahr sind. Die Schulen kamen während des Lockdowns nur dank des überdurchschnittlichen Engagements von Kolleg*innen gut durch die Krise und konnten den Kindern und Jugendlichen Lernangebote jenseits des Klassenzimmers machen. Die Bildungsverwaltung handelt unverantwortlich, wenn sie hier sehenden Auges wieder auf die Selbstausbeutung der Kolleg*innen setzt und mit den eigenen Maßnahmen viel zu langsam voran kommt. Bis heute sind die verschiedenen Lernmanagementsysteme nicht geprüft und auf Datenschutz, Gebrauchstauglichkeit oder Barrierefreiheit getestet. Das verunsichert die Lehrkräfte und erschwert uns allen die Arbeit. Stattdessen verweist die Bildungsverwaltung auf ihr eigenes System Lernraum Berlin, obwohl es unter anderem aus Datenschutzgründen komplett neu konzipiert werden muss.
Die Geldhähne sind derzeit weit geöffnet. Einer der engsten Flaschenhälse für den Geldfluss scheint die Schnittstelle zwischen Bezirken und Senat zu sein. Die zentralverwalteten Schulen konnten bereits 70 Prozent der Gelder aus dem Digitalpakt ausgeben. Wenn sich jedoch Bezirke und Senat absprechen müssen, ist das System gebremst, was angesichts der aktuellen Situation verheerend ist. Senat und Bezirke müssen endlich an einem Strang ziehen. Wir brauchen dringend mehr Personal und Fachkompetenz für die Bezirke, um eine schnellere Bearbeitung sicherzustellen. Vor kurzem luden wir nach Vorbild unserer britischen Partnergewerkschaften zu einem digitalen »town hall meeting«, in dem sich GEW-Mitglieder untereinander und mit Mitgliedern des Landesvorstandes per Videokonferenz austauschen konnten. Hier sammelten wir Ideen, wie wir den Druck auf die Bildungsverwaltung erhöhen können. Wir müssen auch gemeinsam mit unseren Mitgliedern Aktivitäten planen.
Das Interesse am gemeinsamen Austausch im Bündnis für den Corona-Bildungspakt ist weiterhin groß – und die Unzufriedenheit über die Kommunikationsstrategie der Bildungsverwaltung ebenso. Alle Beteiligten haben den festen Willen, das System Schule auch in der Pandemie am Laufen zu halten und wünschen sich weiterhin den Austausch. Hier bietet die GEW BERLIN ein Forum.