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Schulneubau

Ein langer Weg zum Schulneubau

Die Clay-Oberschule in Neukölln bekommt nach über 30 Jahren eine feste Bleibe.

Es gibt sie noch immer, die Ende der 80er Jahre kurzfristig errichteten Con­tainerschulen. Aber für die Clay-Ober­schule soll dieses Kapitel im Jahr 2021 endgültig Vergangenheit sein: Dann wird sie, wenn alles gut geht, ihre endgültige Heimat in einer neu erbauten Schule am Neudecker Weg finden. Eine über 30jäh­rige Wartezeit wäre damit zu Ende.

Wegen Asbestbelastung war die Schule 1988 geschlossen und von der Lipschitz­allee in neun Ersatzstandorte ausquar­tiert worden. 1990 konnte dann das für Berliner Verhältnisse in Rekordzeit erbau­te Container-Schuldorf am Rudower Bild­hauerweg bezogen werden. Diese Cont­ainer sollten für fünf Jahre bis zum Ab­schluss der Asbestsanierung die neue Hei-mat der Schule bilden. Doch es kam an­ders. Mittlerweile sind Schule und Lehr­kräfte 26 Jahre älter geworden - aber immer noch unterrichten sie in den ma­rode werdenden Containern.

Ein Neubau im Cluster-System

Ein kleiner Trost für die Schule war im­mer, dass sich alle Schulangehörigen am Standort Rudow wohl fühlen. So richtig attraktiv sei die Aussicht auf eine Rück­kehr an den alten Standort und die alte Schule weder für Schülerinnen noch für Lehrkräfte gewesen, erklärt uns Lothar Semmel, stellvertretender Schulleiter und seit sieben Jahren Vorsitzender des Bau­ausschusses der neuen Schule.

Deswegen sind wir eigentlich gekom­men: wegen der Planungen für die neue Schule. Im Juli 2015 ist der Architektin­nen-Wettbewerb abgeschlossen worden mit dem Sieger-Entwurf der Firma Staab­Architekten. Wir schauen uns mit Lothar Semmel die Pläne an und lassen uns er­klären, was dort zu sehen ist. Aktuell geht es um die Konkretisierung des Ent­wurfs, wobei Semmel anmerkt, dass die Vorbereitung des Wettbewerbs und jetzt die Abstimmungsgespräche fast ein zu­sätzlicher Job seien. Im Augenblick tref­fen sich Architekten und Schule fast alle zwei Wochen, um die Pläne den Wünschen der Schule anzupassen und inzwi­schen gefundene Lösungen zu begutach­ten. Lothar Semmel ist sehr angetan von der Arbeit der Architekten, die auf Au­genhöhe mit den Lehrkräften diskutieren und Einwände und Anregungen sehr ernst nehmen und schnell in die Planun­gen einarbeiten.

Die Schule ist ein zweigeschossiger Flachbau, Erdgeschoss mit erstem Stock, der durch drei Innenhöfe schön lichthell wird. Sie ist nach dem Cluster-System entworfen: Die Unterrichtsräume eines Jahrgangs, Teilungsräume und die dazu­gehörigen Erschließungsflächen werden als multifunktionale gemeinsame Mitte zu einer Einheit zusammengefasst. Diese Struktur ermöglicht mehrere kleine ei­genständige Bereiche innerhalb der Schu­lorganisation. Im Falle der Clay-Ober­schule bilden beispielsweise die Jahr­gangsstufen 7 bis 10 und die Oberstufe jeweils ein Cluster. Da bei diesem System nur insgesamt zwei Fluchtwege vorhan­den sein müssen, können auch die Wege­flächen problemlos für Gruppen- oder Einzelarbeitsplätze genutzt werden. Zu diesen Clustern gehören außerdem je­weils Service- und Arbeitsplätze für das pädagogische Personal und ein Jahr­gangslehrkräftezimmer. Ein zentrales Lehrkräftezimmer gibt es nicht mehr.

Die Schule hat mehrere Außenbereiche, nach vorne für die Oberstufe, nach hin­ten für die Mittelstufenjahrgänge. Außer­dem gibt es Terrassen, die den Clustern zugeordnet sind. Die heutigen räumli­chen Anforderungen kosten natürlich mehr Geld, erläutert Semmel, weswegen die Schule an anderer Stelle Kompromis­se machen musste: So gebe es jetzt an­stelle einer großen Schulbibliothek nur kleine Jahrgangsbibliotheken in den je­weiligen Clustern. Eigentlich ein Unding, wie wir anmerken, denn in Fachkreisen hat eine gute und große Schulbibliothek einen sehr hohen Stellenwert für die schulischen Lernprozesse. Jetzt erzählt Lothar Semmel, wie schwierig es war, die pädagogischen Vorstellungen der Schule zum Beispiel mit dem gültigen Musterbauprogramm zu vereinbaren. Würde man sich nur danach richten, dann wäre das pädagogische Konzept der Schule nicht durchführbar: zentraler und dezen­traler Freizeitbereich, Jahrgangsbereiche mit Lernwerkstätten und genügend frei nutzbaren Flächen, eben das Cluster-Sys­tem. Ähnlichen Streit gab es um die pro Jahrgang geplanten zusätzlichen Räume für die Inklusion: Die gäbe es nur für inklusive Schwerpunkt-Schulen. Also bleibt die Clay-Schule ohne Zusatzräume für die Inklusion, spätestens 2021 wird man sich dann fragen, warum daran nicht gedacht wurde.

Ein neuer Standort und weitere Schwierigkeiten

Der dann gefundene Standort ist der Ban­kenkrise zu verdanken. Ein Investment­unternehmen ging pleite und das Grund­stück fiel zurück an den Staat. Allerdings stellte sich heraus, dass der Bauplatz kontaminiert war und zudem ehemaliger Standort von Zwangsarbeiterinnenbara­cken während des zweiten Weltkriegs. Und schließlich kam es noch zu Streitig­keiten zwischen Land und Bezirk über die Kosten. 27 Millionen Euro wollte der Senat mit Berufung auf das Musterraum­programm lediglich bereitstellen. Für ei­ne achtzügige Schule mit großer gymna­sialer Oberstufe, mit Musik-Studios und einer modernen Ausstattung ist das zu wenig. Nach einigen Kämpfen wurde schließlich eine Bausumme von etwa 39 Millionen Euro zugestanden.

Das alles hat die Planung verzögert. Und weil der Bezirk rigoros Personal in der Bauverwaltung gestrichen hatte und deswegen den gleichzeitigen Bau zweier Schulen personell nicht stemmen kann, kamen noch einmal drei Jahre Verzöge­rung hinzu. Trotzdem lobt Semmel die Verwaltung. Im Augenblick gebe es eigentlich auf allen Ebenen, also sowohl im Bezirk als auch auf Senatsebene, sowohl bei der Bildungsverwaltung als auch bei den andern beteiligten Verwaltungen sehr aufgeschlossene Mitarbeiterinnen und bereitwillige Unterstützung. Doch die kleinteilige Abstimmung mit den unter­schiedlichen Ebenen und Verwaltungen raube Zeit.

Angesichts der Herausforderungen durch die wachsende Stadt ist solch ein quälend langsamer Prozess nicht akzep­tabel. Das Beispiel Clay-Oberschule zeigt, dass die Bezirke zumindest in der Ver­gangenheit mit der zügigen Planung von Großprojekten überfordert waren. Denn über zehn Jahre von der ersten Planung bis zum Einzug sind schlicht nicht trag­bar. Deswegen werden auch Alternativen diskutiert, wie die erheblichen Aufgaben bei der Renovierung und dem Neubau von Schulen schneller bewältigt werden können.

Aber hoffentlich: Ende gut alles gut. Leider wird Lothar Semmel das nicht mehr Im aktiven Dienst erleben. Aber bis dahin leitet er weiterhin den Bauausschuss.

Ulrich Meuel, ehe­maliger stellvertre­tender Schulleiter der Fritz-Korsen-Schule und Klaus Will, ehemaliger geschäftsführender Redakteur der bbz