bbz 07-08 / 2016
Ein Rahmen für die Zukunft
Der neue Rahmenlehrplan – Ein Rahmen für die Zukunft
Die Entwicklung und Verabschiedung des neuen Rahmenlehrplans kam einem bildungspolitischen Krimi gleich. Schon der Begriff Rahmenlehrplan scheint daher bis heute vielen KollegInnen ein Reizwort zu sein. Ihnen ist bewusst, dass während der Implementierungsphase noch viel Arbeit auf uns zukommen wird. Dies führt dazu, dass das Unterfangen des Rahmenlehrplans oft grundsätzlich in Frage gestellt wird, nach dem Motto: Wozu die ganze Aufregung?
Laut Senatsverwaltung formulieren Rahmenlehrpläne »Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit erwerben sollen, um den gesellschaftlichen Anforderungen gewachsen zu sein.« Wer definiert diese gesellschaftlichen Anforderungen und worin bestehen sie?
Die gesellschaftlichen Anforderungen haben sich seit 2006/07, dem Jahr des Inkrafttretens des aktuellen Plans, in jedem Fall verändert. Eine europäische Wirtschaftskrise, der sogenannte »Arabische Frühling«, der anhaltende Krieg in Syrien, die Aufdeckung der Aktivitäten des NSU und viele weitere Ereignisse und öffentliche Debatten haben unser Selbstverständnis und unsere Anforderungen an Unterricht, Schule und Bildung beeinflusst. Lehrpläne sind keine ahistorischen Beschlüsse, sondern müssen regelmäßig hinterfragt und überprüft werden. Insofern definiert jede Zeit ihre eigenen gesellschaftlichen Anforderungen.
Die Frage, worin die gesellschaftlichen Herausforderungen bestehen, wird mit einem Blick in den Teil B des Plans zur fächerübergreifenden Kompetenzentwicklung umfassend beantwortet: Demokratieerziehung, Akzeptanz von Vielfalt, Gewaltprävention, Nachhaltigkeit, VerbraucherInnenschutz. Diese Anforderungen werden zum ersten Mal in dieser Form für alle Fächer und Schulformen auf eine curriculare Grundlage gestellt. Die Auflistung der übergreifenden Themen ist vielleicht sperrig und hätte sicherlich besser gebündelt werden können, aber niemand wird ihre Relevanz abstreiten. Insbesondere in Zeiten eines sich verbreitenden Rechtspopulismus, nicht stoppenden Klimawandels und zunehmender Monopolbestrebungen von »global playern«, wie zum Beispiel Google. Zudem können diese Themen wichtige Ergänzungen und Erweiterungen für den Lückenschluss in einigen Unterrichtsfächern sein, wie zum Beispiel der Themenkomplex »Sexuelle Vielfalt« im Fach Biologie.
Ein wichtiger bildungspolitischer Konsens in unserer Gewerkschaft ist die Forderung nach dem längeren gemeinsamen Lernen. Der neue Rahmenlehrplan ist nun durchgängig von der ersten bis zur zehnten Jahrgangsstufe angelegt und schließt den Förderschwerpunkt Lernen ein. Er entspricht somit dieser Forderung. Lernprozesse und Übergänge können nun aufeinander abgestimmt und entsprechend des individuellen Kompetenzstands entwickelt werden, da für alle Fächer Bildungsstandards für die einzelnen Schulabschlüsse ausgewiesen sind.
Wozu also die ganze Aufregung? Das Rad wurde nicht neu erfunden und der Rahmenlehrplan bietet die Möglichkeit zur weiteren Unterrichtsentwicklung, die sowieso tägliche Praxis ist. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben sich an der Erarbeitung der Rahmenlehrpläne mit viel Engagement beteiligt. Dies gilt es wertzuschätzen und zu unterstützen.
Sicherlich stellt die Erarbeitung eines neuen Schulcurriculum einen besonders hohen Arbeitsaufwand dar. Damit die vielen guten Ansätze auch umgesetzt werden können, wenn der neue Rahmenlehrplan zum Schuljahr 2017/18 in Kraft treten wird, müssen die Schulen Unterstützung in Form von zusätzlichen Ressourcen erhalten. Neben ihrem vorhandenen Arbeitspensum werden die Lehrkräfte das ohne Entlastungen an anderer Stelle nicht bewältigen können.
Der neue Rahmenlehrplan
• Der neue Rahmenlehrplan gilt für die Jahrgangsstufen 1 bis 10 aller Schulstufen und -arten und für den sonderpädagogischen Förderschwerpunkt »Lernen« in Berlin und Brandenburg.
• Er ist jetzt dreiteilig strukturiert: Teil A »Bildung und Erziehung« definiert Grundsätze und Prinzipien. Mit Teil B wird erstmalig systematisch die verstärkte »fächerübergreifende Kompetenzentwicklung« angedacht. Er beinhaltet Sprach- und Medienbildung sowie weitere übergreifende Themen. Teil C enthält, wie früher, die Pläne der einzelnen Fächer, die beschreiben, welche Kompetenzen und Inhalte vermittelt werden sollen und ein Niveaustufenmodell.
• Das Niveaustufenmodell stellt optisch mögliche Wege der Kompetenzentwicklung für die Jahr-gangsstufen 1 bis 10 dar. Die Niveaustufen sollen als Grundlage für die Einordnung des Lernstandes dienen. Das Modell bietet eine Übersicht darüber, welches Niveau für welchen Abschluss erreicht werden muss. Den Rahmenlehrplan könnt ihr hier einsehen und herunterladen.
Der Rahmenlehrplan gibt vor, was im Unterricht erreicht werden soll, um alle Lernenden bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit optimal zu unterstützen. Er regelt die umzusetzenden inhaltlichen Bildungsstandards, die beschreiben, welche Kompetenzen die Lernenden erwerben, erweitern und
vertiefen müssen.
Dieser Artikel ist Teil des bbz-Themenschwerpunkts „Ein Rahmen für die Zukunft“