Kolumne
Ein unmöglicher Beruf
In seiner aktuellen Kolumne schreibt unser Autor über Sigmund Freud und dessen These, dass der Beruf der Pädagog*in ein eigentlich unmöglicher ist.
In einer seiner späten Schriften bezeichnet Sigmund Freud die Tätigkeit der Analytiker*in als einen jener »›unmögli-chen‹ Berufe, in denen man des ungenügenden Erfolgs von vornherein sicher sein kann«. Die beiden anderen Berufe, auf die dies ebenfalls zutreffe, seien »das Erziehen und das Regieren«. Unmöglich deshalb, weil eigentlich kein Mensch charakterlich so vollkommen sein kann, um die Anforderungen, die diese Berufe stellen, zu erfüllen. Im Falle des Erziehens ist klar, wie das zu verstehen ist: Wer Kinder und Jugendliche zu selbstbewussten, selbstbestimmten und rundum klugen Erwachsenen machen will, müsste selbst ein solcher Erwachsener sein, und – mit Verlaub – wer könnte das wirklich von sich behaupten? Kein Studium, kein Referendariat kann einen zu der Lehrer*in machen, die dem Profil der perfekten Lehrkraft entsprechen könnte. Von Anfang an ist man in diesem Beruf zum Scheitern verurteilt, kann man dem Verhängnis nicht entkommen, die immer gleichen Fehler zahlloser Generationen von Erziehenden zu begehen. An dieser Stelle wäre wohl ein Argument dafür angebracht, dass doch nicht alles so aussichtslos ist, und sicher, solche Argumente ließen sich finden. Die Textgattung der Kolumne fordert aber die Zuspitzung, um wirken zu können, und so soll es an dieser Stelle beim Negativen belassen werden. Nur ein tröstendes Wort Freuds noch, für unsere Zwecke leicht modifiziert: »Machen wir einen Moment halt, um den Erziehenden unserer aufrichtigen Anteilnahme zu versichern, daß er bei Ausübung seiner Tätigkeit so schwere Anforderungen erfüllen soll.« Verzweifelt also nicht, Erziehende, denn eure Aufgabe ist ohnehin unmöglich.
Joshua ist Lehramtsstudent in Berlin. In seiner Kolumne schreibt er über Widersprüchliches und Kurioses in der Lehrer*innen-Ausbildung