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Schule

Ein Vorbild für eine nachhaltige Zukunft und Digitalisierung

Die Heinz-Brandt-Schule wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen UNESCO-Kommission ausgezeichnet. Formate wie der »Digitale Donnerstag« oder der Projekttag »Global Goals« fördern digitale und soziale Kompetenzen.

Foto: Adobe Stock

Die bbz wollte mehr erfahren und sprach mit der Schulleiterin der Integrierten Sekundarschule, Miriam Pech, und dem verantwortlichen Kollegen für die Koordination des Projekttages, »Global Goals«, Stefan Grzesikowski

bbz: Digitalisierung wurde bei euch schon vor der Pandemie angegangen. Welches Lernmanagementsystem (LMS) benutzt ihr im Schulalltag?

Grzesikowski: Schon seit 2015 arbeiten wir mit fronter/itslearning. Wir haben es damals als digitales Abbild unserer Schule gekauft, das heißt, es gibt ein Lehrkräftezimmer, Fachräume für die jeweiligen Kolleg*innen und auch die Unterrichtsräume für die jeweiligen Kurse mit Schüler*innen.

Warum habt ihr damit schon vor der Pandemie gearbeitet?

Pech: Wir wollten kollaborativ zusammenarbeiten und das möglichst einfach und verlässlich. fronter/itslearning ist als Lernmanagementsystem dafür da, miteinander möglichst effizient zu arbeiten. Es ging vom Kollegium aus, dass man die Art und Weise, wie man untereinander Material teilte, professionalisieren wollte. Also nicht mehr mit Ordnern im Regal oder einer Dropbox zu arbeiten, die auch datenschutzrechtlich eher fraglich war, sondern eben mit einem professionellen LMS. Und dann wurden auch immer stärker die Schüler*innen einbezogen, das LMS als sichere Kommunikationsplattform und zur Weitergabe von Material zu nutzen oder als Ort, um Arbeitsergebnisse zu teilen.

Und können alle damit umgehen?

Grzesikowski: Wir kommunizieren inzwischen mit allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft über fronter, die Eltern haben eigene Zugänge, die Schüler*innen bewegen sich frei in ihren Kursen. Das Positive an fronter/itslearning als LMS ist, dass es sowohl eine App gibt als auch die Webversion, das heißt, es ist mit jedem Endgerät bedienbar. Man benötigt nicht unbedingt einen Laptop. Es geht mit dem Handy oder Tablet, so dass das System relativ barrierefrei zugänglich ist, auch für Kinder, die zu Hause vielleicht nicht vollumfänglich ausgestattet sind.

Wie ist eure digitale Ausstattung?

Pech: Uns war wichtig, jeden Klassenraum sukzessiv mit einer ausreichenden Anzahl Tablets oder Laptops auszustatten, um die digitale Lernumgebung auch schulisch nutzbar zu machen. Jetzt sind wir komplett ausgestattet und haben auch in jedem Fachraum Tablets oder iPads. Im neuen 7. Jahrgang haben alle Schüler*innen eigene Tablets oder iPads.

Habt ihr im Lockdown alle Kinder zu Hause erreicht?

Pech: Ja, für die meisten Schüler*innen und Kolleg*innen konnte der Unterricht nahtlos im Digitalen fortgeführt werden. Aber leider wurden natürlich nicht sofort alle eingeholt. Vor allem unsere Kinder aus den Willkommensklassen waren schwer zu erreichen. In den Heimen gab es teilweise kein WLAN. Und natürlich gibt es auch Elternhäuser, die keines haben. Da sind Kolleg*innen dann vorbeigefahren und haben Materialien gebracht. Auch wir Lehrkräfte mussten uns dann daran gewöhnen, mit Videokonferenz-Formaten zu arbeiten.

Grzesikowski: Es ging dann aber schnell eher um Qualitätsfragen. Wie machen wir denn diesen Onlineunterricht gut? Wie gestalten wir ihn als Ganztagsschule, so dass nicht erwartet wird, dass Kinder von 8 bis 16 Uhr am Endgerät sitzen. Es ging also um Absprachen, nicht zu viele Aufgaben zu stellen, dafür sinnhafte, vielleicht auch eher projektartige. Darum ging’s bei uns eher, weil wir ja diese technischen Probleme durch den Vorlauf mit fronter/itslearning nicht so stark hatten. Wir haben auch relativ schnell begonnen, Kinder mit Förderbedarf oder häuslich schwierigem Umfeld, die wir dann, unterstützt durch die Schulsozialarbeit, in der Schule betreut haben.

Was sind die Projekttage »Digitaler Donnerstag« und »Global Goals«?

Grzesikowski: Die Idee entstand zwischen den Lockdown-Phasen. In unserem Schulprogramm gab es bis dahin die projektorientierte Lernform »Lernen durch Engagement«. Es war absehbar, dass es in dieser Form unter Corona-Bedingungen nicht durchführbar sein würde, ungeimpfte Kinder in Altenheime, Kindergärten oder Grundschulen zu schicken.

Wir wollten den Projektgedanken aber unbedingt weiterführen. Außerdem sahen wir die Notwendigkeit, gerade vor der nächsten Coronawelle die digitale Kompetenzentwicklung voranzubringen. So ist die Idee entstanden, beides zu tun. Seit dem Schuljahr 2020/21 führen wir im wöchentlichen Wechsel den Digitalen Donnerstag und den Projekttag Global Goals in den Jahrgängen 7 und 8 durch.

Bitte nennt uns ein Beispiel aus Global Goals.

Grzesikowski: Wir haben uns zum Beispiel mit dem sechsten Nachhaltigkeits-Ziel »Sauberes Trinkwasser«, beschäftigt. Es wurden selbst Wasserfilter gebaut, über Kläranlagen recherchiert und Bedingungen für sauberes Trinkwasser geklärt. Die Schüler*innen haben sich dann individuell ihre Projekte gesucht, Möglichkeiten ihres Engagements recherchiert und die Projekte in Absprache mit der begleitenden Lehrkraft durchgeführt und reflektiert. Dieser Prozess und das Ergebnis wurden dann den anderen Schüler*innen präsentiert.

Wofür haben die Schüler*innen sich interessiert und wo haben sie sich noch engagiert?

Pech: Es waren zum Beispiel Schüler*innen auf dem Gnadenhof und haben sich mit Tierrechten auseinandergesetzt. Andere Schüler*innen waren im Franziskaner-Kloster und haben sich dort für Obdachlose engagiert. Andere haben einen Baum gepflanzt oder für den bedrohten Spatz ein Vogelhaus gebaut.

Wurde das auch in irgendeiner Form bewertet?

Pech: Ja, und das wurde auch sehr kontrovers im Kollegium diskutiert. Der Projekttag lief zu Beginn noch über einen ganzen Tag. Wir haben dafür teilweise unsere Profilstunden genommen, außerdem die AG-Stunden und schließlich zwei Stunden aus dem Fachbereich Gesellschaft. Für einige Kinder war eine Notengebung demotivierend, weil der Charakter des Projekts, die Freiwilligkeit, damit unterlaufen wurde.

Grzesikowski: Die Schüler*innen haben ein Portfolio zur Prozessbegleitung und Dokumentation erstellt und das floss auch in die Gesellschaftsnote ein. Aber ja, es änderte sich dadurch der Charakter, weil man dann als Schüler*in nicht mehr schaut, »Mit wem habe ich gleiche Interessen?«, »Mit wem möchte ich gerne zusammenarbeiten?«, sondern sich fragt, wer ein*e guter Teampartner*in für gute Noten ist. Im aktuellen Schuljahr führen wir Global Goals als halbtägigen Projekttag durch, ohne Bewertung.

Was würdet ihr anderen Schulen aus Ihren Erfahrungen heraus empfehlen?

Pech: Leute, die Ideen haben, die muss man unterstützen und möglichst viel ausprobieren. Als Schulleiterin muss ich das unterfüttern, auch mit Freiräumen als Unterstützungsmaßnahmen. Man muss gut mit allen Beteiligten kommunizieren. Wir versuchen die Entwicklung und auch gerade die Entscheidungsfindung transparent zu machen. Worauf wir noch dringend achten müssen, ist, die Schüler*innen von Anfang an miteinzubeziehen. Dazu müssen wir viel mehr ins Gespräch kommen, wie wir uns Schule und Lernen vorstellen.

Grzesikowski: Dafür braucht es natürlich eine gewisse Offenheit in der Haltung. Wir sollten uns auch Dinge trauen, oder mal abweichen vom Status Quo und von den gewohnten Bahnen, in denen wir so kreisen. Dafür muss man mutig sein und auch erlauben, dass Scheitern durchaus möglich ist. Es gibt auch Projekte, die beerdigt werden müssen, weil sie nicht durchgehalten werden, weil sie zu viel Kraft kosten oder weil sie doch nicht den Erfolg bringen, den sie versprachen.

Liebe Kollegin Pech, lieber Kollege Grzesikowski, ich bedanke mich sehr für dieses Interview.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46