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Aufarbeitung der Folgen des Radikalenerlasses

Ein wichtiger erster Schritt voran

Nach fast zweijähriger Vorarbeit durch die AG Berufsverbote und konsequenter Vermittlung und Moderation durch unseren Vorsitzenden Tom Erdmann haben die Regierugsfraktionen im Abgeordnetenhaus einen Antrag zur Arbeitung der Folgen des Radikalenerlasses eingebracht.

Ausstellung zu Berufsverboten, GEW-Räume, März 2019

Der Antrag mit dem Titel "Folgen des Radikalenerlasses anerkennen – Schicksale aufarbeiten, Betroffene rehabilitieren" ist am 17. Juni 2021, in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses vor der Sommerpause, in erster Lesung behandelt worden. Die zweite Lesung wird voraussichtlich Ende August stattfinden.

Der entscheidende Teil des Antrags besagt, dass der Senat sicherstellen soll, dass die auf der Grundlage des Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 erteilten Berufsverbote und deren Folgen für die Betroffenen wissenschaftlich aufgearbeitet und die Ergebnisse in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht werden.

Dies ist ein wichtiger erster Schritt voran bei der Aufarbeitung des verdrängten Kapitels Berufsverbote/Folgen des Radikalenerlasses von 1972. Er geht auf das Konto der GEW BERLIN und seines Vorsitzenden; die entscheidende Vorarbeit hat die AG Berufsverbote der GEW BERLIN geleistet; die parlamentarischen Weichen hat Niklas Schrader von den Linken gestellt.

Der Teil des Antrags hingegen, in dem

das Abgeordnetenhaus (fest)stellt, dass viele der in West-Berlin vom Radikalenerlass Betroffenen persönliche und materielle Nachteile hinnehmen mussten und (ihnen) aus  heutiger Sicht (das) Bedauern aus(spricht),

enthält noch nicht die ursprünglich geforderte Entschuldigung mit der damit verbundenen Entschädigung in Einzelfällen.

Die Umsetzung des Auftrags an den Senat – wissenschaftliche Aufarbeitung – wird die GEW kritisch begleiten müssen; denn, wie immer in der Wissenschaft, stellt sich gerade auch hier die Frage: Wer forscht mit welchem Erkenntnisinteresse?

Für die Durchsetzung der unberücksichtigten Forderungen nach Rehabilitierung der ehemals Betroffenen und nach Wiedergutmachung/Entschädigung muss weiterhin gestritten werden: Das unrühmliche Jubiläumsjahr 2022 (50 Jahre Radikalenerlass) sollte verstärkt genutzt werden, um im Bündnis mit anderen demokratischen Kräften gegen Demokratieabbau, Überwachung und Bespitzelung zu agieren.