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Schule

Eine Schule für alle – demokratisch und solidarisch

Die Fritz-Karsen-Schule feiert ihren 75. Geburtstag. Politiker*innen, Ehemalige und Wissenschaftler*innen heben die Bedeutung der FKS in einer Festschrift hervor.

Die Festschrift mit dem Titel »Eine Schule für alle?! Chancen und Herausforderungen« dokumentiert den unermüdlichen Kampf gegen ein ungerechtes Bildungssystem und das Eintreten für ein demokratisches Schulleben. Sie beschreibt das Bestreben, nicht nur eine Schule für alle, unabhängig von der sozialen Herkunft, zu sein, sondern auch demokratische und solidarische Menschen zu bilden.

Die Festschrift wirft Schlaglichter auf die bewegte Geschichte der Schule, deren Anfänge – unter dem Schulreformer Fritz Karsen in der Neuköllner Karl-Marx-Schule – schon in der Weimarer Republik liegen. 

 

Gemeinsam lernen

 

So zeichnet Ulrich Meuel, langjähriger stellvertretender Schulleiter, eindrucksvoll den Weg der FKS zur Gemeinschaftsschule nach. Neben den historischen Rückblicken enthält die Festschrift auch Beiträge aus der Praxis, die das aktuelle Schulleben und die pädagogischen Konzepte der FKS beleuchten. Diese Beiträge zeigen, wie gemeinsames Lernen als adäquate Reaktion auf die Heterogenität der Schüler*innen funktionieren kann. Sie zeigen aber auch, vor welchen Herausforderungen die FKS noch steht.

In seinem Gespräch mit Adina Herrmann und Raúl Krauthausen, zwei Berliner Inklusionsaktivist*innen, dokumentiert Oliver Rybnicker die politischen und gesellschaftlichen Barrieren von Inklusion im Bildungswesen. Wissenschaftliche Beiträge ergänzen diese praktischen Einblicke und bieten theoretische Perspektiven auf die Herausforderungen und Chancen gemeinschaftlichen Lernens. 

In seinem Beitrag würdigt Thomas Gill, Leiter der Berliner Landeszentrale für politische Bildung, Kurt Löwensteins Leistung als Bildungsreformer. Der Sozialist Löwenstein setzte als Neuköllner Schulstadtrat mit Fritz Karsen, dem Schulleiter des Kaiser-Friedrich-Realgymnasiums (ab 1930 Karl-Marx-Schule), eine emanzipatorische Reformpädagogik um. 

 

Im Widerstand gegen den Nationalsozialismus 

 

Die Bildung der Kinder durch »Arbeiterabiturientenkurse« sowie die demokratische und gleichberechtigte Mitbestimmung der Schüler*innen waren kein Selbstzweck. 

Ziel für Löwenstein war eine klassenlose Gesellschaft jenseits des Kapitalismus. Deren solidarische und demokratische Praxis sollte durch die Schulkultur bereits im Hier und Jetzt eingeübt werden. Für Gill ist es daher kein Zufall, dass sich so viele Schüler*innen der Karl-Marx-Schule nicht dem Nationalsozialismus unterordneten, sondern Widerstand organisierten. Kann es heute angesichts des Rechtsrucks ein stärkeres Plädoyer für eine Demokratisierung des Bildungssystems geben? 

Was diese besondere Schule für die Schüler*innen bedeutete, zeigt der Beitrag von Erna Nelki eindrücklich. Nelki, bis 1933 Schülerin der Karl-Marx-Schule, beschreibt eine facettenreiche Schulerfahrung, in der Zensuren in der Klassengemeinschaft verhandelt, das Kommunistische Manifest diskutiert und Texte der sowjetischen Revolutionärin Alexandra Kollontai gelesen wurden. Nelki erzählt zahlreiche Anekdoten mit viel Witz, etwa die mit Bertolt Brecht, der im Austausch mit Schüler*innen seine Oper »Der Jasager« überarbeitete. Wie schwer und einsam die Zeit nach der Machtübertragung an die NDSAP und die Verfolgung von ihr und ihren Mitschüler*innen bis zur Flucht 1937 war, wird genauso unmissverständlich deutlich. 

 

Um die Welt mitzugestalten

 

Als älteste Gemeinschaftsschule Deutschlands knüpfte die FKS mit ihrer Gründung 1948 an die Tradition der Karl-Marx-Schule an. Die Schulzeit, so der Schulleiter Robert Giese in seinem Vorwort, »soll den Kindern das Handwerkszeug geben, um ihr Leben und ihre Welt mitzugestalten.« Auch wenn viel emanzipatorisches Potenzial im Kleinklein des Alltags und der immer größer werdenden Belastungen unterzugehen droht: Die FKS, das zeigt die Festschrift, war und ist ein Hoffnungsschimmer für alle, die sich ein gerechteres Bildungs- und Gesellschaftssystem wünschen.

 

»Eine Schule für alle?! Chancen und Herausforderungen. Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum der Fritz-Karsen-Schule« ist im Juni 2024 im Metropol-Verlag erschienen und demnächst auch über die Berliner Landeszentrale für politische Bildung erhältlich. ISBN: 978-3-86331-758-4

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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