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Aktiv gegen rechts

Essen stellt sich quer. Wir #widersetzen uns

Der Kampf gegen Rechts wird nicht auf Großevents an der Siegessäule und vor dem Bundestag oder in der eigenen Wohlfühlblase ohne elementare Widersprüche gewonnen, sondern in unseren Kitas, Schulen und Unis.

Foto: #widersetzen/Flickr

Knapp zehn Wochen vor dem AfD-Bundesparteitag in Essen gründete sich das Bündnis #widersetzen und rief gemeinsam mit „Essen stellt sich quer" und „Gemeinsam laut" zu vielfältigen Protesten gegen den Bundesparteitag auf. Auch wenn es in der Vergangenheit schon Proteste gegen Parteitage der AfD gab, war das eine wichtige Initialzündung. Denn endlich sind auch die Gewerkschaften aktiv eingebunden und beginnen teilweise damit, nicht nur zu Großdemonstrationen, sondern auch zu direkten Aktionen gegen die extreme Rechte zu mobilisieren. Am frühen Morgen kamen somit über 60 Busse aus dem gesamten Bundesgebiet in Essen an, um die Hotels und Straßen rund um die Essener Grugahalle zu blockieren.Auch wir haben uns widersetzt und waren gemeinsam mit der DGB-Jugend, Studis gegen Rechts, dem Tesla-Workers-Collective, VVN-BdA und vielen anderen Gruppen am zivilen Ungehorsam beteiligt. Das hat Mut gemacht, auch wenn der Parteitag letztlich starten konnte, denn er tat dies mit einer halben Stunde Verspätung und etwa 100 fehlenden der 600 Delegierten.

Foto: #widersetzen/Flickr

Termine

Berlin:

  • 11.07.24 Studis gegen Rechts: Wie weiter im Kampf gegen Rechts: Strategiediskussion mit
    Oliver Nachtwey, (18:00 HU, FU & auf Zoom → Infos unter studisgegenrechts.de )
  • 12.07.24 Martin Sellner in der Staatsreparatur , Gegenkundgebung von Steglitz weltoffen & Omas gegen Rechts (ab 17:30, S-Lichterfelde Ost, Rückseite)

Thüringen:

  • 10.08. AntiRa-Demo Erfurt, 01.09. Antifaschistische Großdemo Erfurt (zeitzuhandeln.org)

Sachsen:

  • 21.07. Waldheim, 28.07. Plauen, 04.08. Bautzen, 11.08. Grimma, 17.08. Zwickau, 24.08. Pirna (lilawelle.de)
  • 25.08. Großdemo in Leipzig (handinhandleipzig.de)
  • Strategiekonferenz #Widersetzen: voraussichtlich Oktober/November in Leipzig

Ermöglicht wurde der Parteitag durch eine extrem hohe Polizeipräsenz und auch teils exzessive Polizeigewalt gegen friedliche Demonstrant*innen. Leider war die Berichterstattung – wie so oft in solchen Fällen – geprägt von falscher Ausgewogenheit. Die Darstellung der Polizei wurde unhinterfragt übernommen, während die durch Pfefferspray und Schlagstöcke teils schwerverletzten Demonstrant*innen  und massive Grundrechtseinschränkungen durch die Polizei während der Versammlung in nur wenigen Medien überhaupt zur Sprache kamen. Dabei hatte das Innenministerium und die Polizeiführung in NRW schon im Vorfeld kaum Zweifel daran gelassen, wie sie den Protesten gegenüber stehen. Tausende Polizist*innen wurden mobilisiert, das Protest-Camp musste weit weg vom geplanten Ort stattfinden und dann wurde versucht, die Bühne für eine angemeldete Kundgebung zu verbieten. Alles das geschah nicht nur sehr kurzfristig, sondern auch nach monatelangen Kooperationsgesprächen.

Zeitgleich sprach der nordrhein-westfälische Innenminister Heribert Reul (CDU) von bis zu 1.000 linksextremen Gewalttäter*innen, die angeblich am Wochenende anreisen werden. Mit diesen Aussagen wurde bereits im Vorfeld gezielt ein völlig überzogenes Schreckensszenario an die Wand gemalt. Eine Taktik, die nur allzu bekannt ist. Dass sich das Bündnis klar auf friedliche Formen des Protests berufen und Gewalt im Aktionskonsens ausgeschlossen hatte, ging dabei dann fast schon unter.

Diesen gezielten Verunglimpfungen und Einschüchterungsversuchen zum Trotz haben viele Gewerkschafter*innen in Essen gezeigt, dass sie fest entschlossen sind, AfDler*innen die Anreise so ungemütlich wie möglich zu gestalten, da die immense Polizeipräsenz diesmal nicht zuließ, den Parteitag zu verhindern.

Foto: #widersetzen/Flickr

Das ist eine überfällige Entwicklung, wenn man bedenkt, wie sich die AfD in den letzten Jahren vor unseren Augen radikalisierte und an Zustimmung gewann – trotz ihrer neoliberalen Programmatik bedauerlicherweise auch unter Arbeiter*innen. Heute treten große Teile der AfD längst offengeschichtsrevisionistisch auf und es gelingt ihnen immer mehr, den politischen Diskurs zu verschieben. Der hemmungslose Rechtsruck bedroht in erster Linie unsere weiblichen, queeren, migrantischen und behinderten Kolleg*innen, aber auch die gewerkschaftliche Organisierung als solche.

Als Gewerkschafter*innen können wir nichts davon einfach stehen lassen. Spaltungsversuche müssen von den DGB-Gewerkschaften konsequenter benannt und beantwortet werden und die AfD als das enttarnt werden, was sie ist: Eine im Kern neoliberale Partei. Dass auch vermeintlich progressive Parteien der AfD bereitwillig den Boden bereiten, indem sie Bundeswehr und Polizei immer weiter aufrüsten, drastischen Sozialabbau vorantreiben und immer hemmungsloser rassistische Politik machen, muss der DGB zur Kenntnis nehmen und endlich konsequente Schlüsse daraus ziehen, um Glaubwürdigkeit unter den Arbeiter*innen zurück zu erlangen. Unsere Gewerkschaften stehen nicht nur vor der Aufgabe, sich noch klarer zu positionieren, sie müssen auch in antifaschistischen Bündnissen zu den aktivsten Teilen zählen und ihre Millionen Mitglieder zu Demonstrationen und Aktionen gegen AfD & Co. mobilisieren. Die Beschäftigten der Essener Grugahalle hätten eindeutig am längsten Hebel gesessen, doch hat die Präsenz von uns Gewerkschafter*innen auch die Polizei massiv eingedämmt.

Um das Engagement zu verbreitern, gilt es jetzt, den Rechtsruck und seine Ursachen in Betriebs- und Personalversammlungen zu diskutieren. Denn: Gewerkschaften werden der Spaltung der Kolleg*innen nur dann wirksame Konzepte entgegensetzen, wenn sie nicht als Teil der herrschenden Klasse angesehen werden. Nichtsdestotrotz nahmen 70.000 Menschen an der Großdemonstration teil – und „nur“ 7.000 Antifaschist*innen an den Blockaden. Essen kann und muss also der Beginn für eine noch breiteren Mobilisierung unserer Mitglieder zu den anstehenden Landtagswahlen im Osten und zur Bundestagswahl sein. Gerade Beschäftigte in den Bereichen Bildung, Erziehung und Wissenschaft müssen sich klar von der AfD abgrenzen. Sie müssen genau wissen, was auf sie zukommen könnte und wie sie sich effektiv wehren, wenn rechte Diffamierungskampagnen und Einschüchterungen damit weiter zunehmen.

Unser Anspruch als organisierte Arbeiter*innen im Bildungsbereich muss sein, mit Betriebsgruppen klare Kante zu zeigen und die Kollegien und Betriebe zu Bastionen gegen den Rechtsruck zu machen. Es ist unsere Aufgabe, unsere Kolleg*innen aufzuklären, ihnen ihre Ängste zu nehmen und sie zu ermutigen, sich kompromisslos gegen Menschenfeindlichkeit und rechte Hetze zu positionieren.

Wir Berlinerinnen müssen dabei klar und sichtbar solidarisch mit unseren Kolleg*innen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen sein und sie in diesen schwierigen Zeiten nicht alleine lassen. Der Kampf gegen Rechts wird nicht auf Großevents an der Siegessäule und vor dem Bundestag oder in der eigenen Wohlfühlblase ohne elementare Widersprüche gewonnen, sondern in unseren Kitas, Schulen und Unis, wie in eben den Bundesländern, deren Landtagswahlen MdB Tino Chrupalla in Essen als nächstes Ziel nannte.


#Widersetzen hat gezeigt, wie es gehen kann. Im breiten Bündnis solidarisch und mit vielfältigen direkten Aktionen gegen die Rechten.