Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit
Fantastic job, Kai!
Was die Kettensäge von Elon Musk mit der Axt des Berliner Senats gemeinsam hat.
Mitte Februar verschickte die US-Regierung E-Mails an Mitarbeitende der US-Behörden mit der Aufforderung, ihre Arbeitsergebnisse der vergangenen Woche aufzulisten. Andernfalls hätten sie ihren Arbeitsplatz riskiert. In einem besonders augenfälligen Fall wurden zunächst etwa 300 Beschäftigte der Atomsicherheitsbehörde NNSA gefeuert und wenige Tage später eilig wieder eingestellt. Unter Berufung auf anonyme Quellen hieß es, die Verantwortlichen für die Freistellungen hätten nicht gewusst, welche Aufgaben die gefeuerten Mitarbeiter*innen genau hatten.
Auch der Berliner Senat geht – ähnlich wie Musk mit der Kettensäge – mit der Axt an Strukturen, die junge Menschen und Pädagog*innen in Zeiten zunehmender Diskriminierung dringend brauchen. Eine aktuelle Umfrage der GEW BERLIN unter Beschäftigten der freien Träger im Bildungs- und Sozialbereich zeigt: Die Kürzungen haben bereits weitreichende Konsequenzen – für Arbeitnehmer*innen, Klient*innen und die gesamte Berliner Stadtgesellschaft.
Der Sozialstaat wird systematisch geschwächt
Von den 228 befragten Personen gaben bereits 35 Prozent an, konkret von Kürzungen betroffen zu sein, während weitere 26 Prozent noch in Unsicherheit verharren. Gefragt nach betroffenen Kolleg*innen, geben sogar 39 Prozent eine Betroffenheit an. Von gekürzten Arbeitsstunden über den Wegfall von Projektmitteln bis hin zur drohenden Schließung von Einrichtungen reicht das Spektrum der Auswirkungen. Besonders gravierend: Einige Fachkräfte wurden bereits entlassen (»Jobverlust ab 1.4.25«), und viele weitere bangen um ihre Zukunft. »Mein Projekt wurde zu 100 Prozent gestrichen, unser Träger versucht, die Insolvenz zu vermeiden«, berichtet eine betroffene Person. Eine andere sagt: »Komplette Haushaltssperre, nur Hygieneartikel dürfen gekauft werden«. Es gibt zudem Schilderungen vom »schleichenden Stellenabbau«, da Zuwendungssummen nicht mit steigenden Tarifen mithalten können.
Neben dem Personalabbau leidet auch die Qualität der Arbeit erheblich. So fehlen Mittel für Materialien, Fortbildungen oder pädagogische Zusatzangebote. Die Leidtragenden sind vor allem Kinder, Jugendliche und sozial benachteiligte Gruppen. Ein Beispiel: Ein Jugendklub musste mit dem gleichen Budget wie im Vorjahr auskommen, obwohl steigende Kosten eine höhere Förderung nötig gemacht hätten. »Wir machen feministische Arbeit für junge FLINTA*, die im Bezirk ohnehin wenig Unterstützung erfährt«, ergänzt eine Person.
Viele der Befragten sehen die Kürzungen nicht als isoliertes Problem, sondern als Teil eines langfristigen Trends. »Ich sehe zukünftig eine ausreichende Finanzierung meiner gesundheitlichen Versorgung nicht mehr gesichert«, berichtet eine Fachkraft. Andere warnen vor einem »systematischen Abbau des Sozialstaats«, der besonders prekäre Gruppen treffen wird. Die Schuldner*innenberatung kann beispielsweise keine neuen Klient*innen mehr aufnehmen, während in der Jugendhilfe stationäre Hilfen zunehmend reduziert oder gestrichen werden.
Belastung und Frust steigen
Die steigende Arbeitsverdichtung und Unsicherheit belasten die Beschäftigten stark. »Ich orientiere mich im sozialen Bereich um, weil ich keine annehmbaren Arbeitsbedingungen mehr finde«, berichtet eine Fachkraft. »Ich möchte vom Gehalt leben können, nicht umsonst arbeiten und auch noch Kraft für mein Privatleben haben.« Solche Aussagen deuten darauf hin, dass nicht nur Projekte, sondern auch Fachkräfte langfristig verloren gehen könnten – ein Szenario, das angesichts des Fachkräftemangels fatal wäre.
Die Umfrage verdeutlicht, dass die Kürzungen im Berliner Haushalt gravierende Auswirkungen auf die soziale Arbeit haben. Viele Mitarbeitende berichten von höheren Belastungen, verschlechterten Arbeitsbedingungen und einer verschärften Versorgungslage für Klient*innen. Es herrscht eine allgemeine Unsicherheit über die zukünftige Finanzierungs- und Arbeitslage, was zu Frustration und Ängsten führt. 45 Prozent fürchten jetzt weitere Kürzungsfolgen. Trump wäre sicher begeistert und würde unserem Regierenden Bürgermeister sagen: »Fantastic job, Kai!«
Unterstützung
Die GEW BERLIN unterstützt alle Sozialarbeiter*innen individuell und in der Community. Lasst euch durch uns beraten, von uns vertreten und vor allem: schließt euch der GEW an, um gemeinsam stark zu sein. Nur gemeinsam können wir etwas bewirken!