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Gewerkschaft

Finanziell unsicher und psychisch belastend

Was die Pandemie und besonders der Lockdown für uns Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung bedeutet hat, ist oft Gesprächsthema unter Kolleg*innen. Wir haben in einem offenen Treffen nach ihren Erfahrungen und Meinungen gefragt.

Foto: pixabay

Was die Pandemie und besonders der Lockdown für uns Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung bedeutet hat, ist oft Gesprächsthema unter Kolleg*innen. In den wissenschaftlichen Untersuchungen, die zur Lehre während der Pandemie durchgeführt worden sind, haben wir kaum etwas gefunden, was direkt die Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung betrifft. So haben wir in einem offenen Treffen einige Kolleg*innen nach ihren Erfahrungen und Meinungen gefragt.

Anders organisiert während des Lockdowns

Am Anfang der Pandemie gab es wenig Unterstützung von Auftraggeber*innen beziehungsweise Arbeitgeber*innen. Fast alles mussten die Lehrkräfte in Eigeninitiative improvisieren, und für die zusätzliche Arbeitsbelastung gab es keine Entschädigung. Zum zusätzlichen Aufwand zählen neben der Umstellung auf Online-Unterricht auch die Umsetzung der Hygieneregeln und die Kontrollen der Impf- und Coronatest-Nachweise.Auch wenn es einige Kolleg*innen spannend fanden, neue Arbeitstools kennenzulernen, bedeutete diese Umstellung einen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Und es ging nicht nur um neue Tools, sondern auch um neue Methoden im Online-Unterricht, womit die Wenigsten Vorerfahrungen hatten.

Die finanziellen Verluste aus dem Ausfall von Kursen konnten erstattet werden, indem die Dozent*innen die Mittel nach Sozialdienstleister-Einsatz-Gesetz (SodEG) oder die Neustarthilfe vom Bundesministerium für Wirtschaft beantragten. Zwar gab es auch die Möglichkeit, ALG-II für Selbstständige in Anspruch zu nehmen, aber viele, die berechtigt waren, wollten dies vermeiden.

Generell waren in der Pandemie die Einnahmen schwankend und nicht voraussehbar, was bedrohlich wirkte, und zudem wurden die Honorare oft verspätet gezahlt. Allerdings war die finanzielle Unsicherheit je nach Einrichtung unterschiedlich ausgeprägt.

An den Hochschulen wurden die Kurse schnell auf Online-Formate umgestellt, sodass die Einnahmen einigermaßen konstant blieben. An den Berliner Volkshochschulen (VHS) veröffentlichte der Finanzsenator ein Schreiben, damit die Dozent*innen für die unterbrochenen sowie für die geplanten Kurse 75 Prozent der Honorare bekamen. Allerdings interpretierten die Leitungen der einzelnen VHS den Begriff "geplant" unterschiedlich.

Die psychische Belastung, die viele Kolleg*innen mit Begriffen wie "Ohnmacht", "Kontrollverlust" und "Existenzangst" zum Ausdruck brachten, ist sicher nicht speziell für die Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung, aber in unserem Fall wurden diese Gefühle durch die finanzielle Unsicherheit verstärkt.

Teilnehmende verloren Motivation

Für den Online-Unterricht hatten die Teilnehmenden in der Erwachsenenbildung und besonders in den Deutschkursen schlechtere Lernbedingungen, weil die meisten keine Tablets oder Computer hatten, um angemessen lernen zu können, sondern nur Handys. Durch die Unterbrechung der Kurse haben viele Teilnehmende Motivation, Übung und Lerngewohnheit verloren, die nach Ende des Lockdowns nur langsam wieder aufzubauen waren. Außerdem konnten weniger Kursteilnehmende aufgenommen werden, weil die Unterrichtsräume jetzt nur noch für weniger Personen zugelassen waren. Es gab kaum Prüfungstermine, und wegen der Unterbrechungen in der Vorbereitungsphase hatten die Kursteilnehmenden bei den Prüfungen niedrigere Erfolgschancen. Diese Erfahrungen betreffen die letzten zwei Jahre. Jetzt sind wir gespannt, wie uns Covid-19 im Herbst und Winter 2022/23 beschäftigen wird.

Angaben zu den Untersuchungen:

1- Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

(BAUA) und der Uni-Mainz (März 2021): BAuA: Fakten - SARS-CoV-2 Arbeits- und Infektionsschutzmaßnahmen an Schulen

 

2- Über die möglichen psychosozialen Risiken (November 2021):

BAuA - SARS-CoV-2 FAQ und weitere Informationen - Welche psychosozialen Risiken können aus der Pandemie entstehen? - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin

 

3 - Wie die Corona-Pandemie Lehrende belastet (Oktober 2020); von der Bundeszentrale für politische Bildung; hier ein Interview dazu: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/331588/mentale-gesundheit-von-lehrkraeften-in-der-pandemie/

 

4- Arbeitswelt-Monitor der Uni-Osnabrück, Selbstständigenbefragung - Arbeitswelt-Monitor (uni-osnabrueck.de)

 

5- GEW: Etwas über die Pandemie, aber Fokus auf die Digitalisierung (1. Juni 2021): Techniklücken, Ungleichheiten und stark belastete Lehrkräfte (gew.de)

 

6- GEW: Psychische Belastung der Lehrkräfte; Onlinebefragung im Auftrag der DAK-Gesundheit vom Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) Kiel - (17. Dezember 2020) Starke psychische Belastung und viele Überstunden (gew.de)

Corona-Krise: Jede vierte Lehrkraft Burnout-gefährdet | DAK-Gesundheit

 

7- Das Deutsche Schulbarometer: Corona-Krise: Folgebefragung (21. Dezember 2020)

Ergebnisse einer Befragung von Lehrerinnen und Lehrern an allgemeinbildenden Schulen im Auftrag der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit der ZEIT: deutsches-schulportal.de

 

8- Hochschulen in krisenhaften Zeiten. Eine qualitativ-explorative Längsschnittstudie

zum Erleben der Pandemie von Lehrenden, Forschenden und Studierenden, von Hanna Haag und Daniel Kubiak.

https://www.gew.de/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=121089&token=87e22231a855187bb77adc6976386c8fcceb742d&sdownload=&n=Hochschule-in-krisenhaften-Zeiten.pdf

 

9- https://www.bosch-stiftung.de/de/presse/2022/06/repraesentative-umfrage-der-robert-bosch-stiftung-zeigt-alarmierend-hohe-belastung

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46