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Was bleibt von Corona?

Folgen von Corona auf die Lehrkräftebildung

Angehende Lehrkräfte im Referendariat standen in der Corona-Pandemie vor besonderen Herausforderungen. Maren Söder erzählt im Interview, wie sie diese gemeistert haben und welche Lehren aus den gemachten Erfahrungen zu ziehen sind.

Foto: GEW BERLIN

Wie hat sich der Vorbereitungsdienst durch die Corona-Pandemie verändert?

Maren Söder: Die Corona-Pandemie hat die Lehramtsanwärter*innen besonders hart getroffen und ihre Ausbildungsbedingungen stark verändert. Lehramtsanwärter*innen, die während der Corona-Pandemie in den Vorbereitungsdienst gestartet sind, haben bisher noch keinen normalen Schulbetrieb kennengelernt. Stattdessen erlebten die Lehramtsanwärter*innen Schüler*innen im digitalen Distanzunterricht und beschäftigten sich intensiv mit den neuen Herausforderungen des digitalen Lernens. Dazu kamen die extremen Ungleichheiten an den Schulen aufgrund der sehr unterschiedlichen digitalen Rahmenbedingungen.

Viele wichtige Praxiserfahrungen sind während des Vorbereitungsdienstes in der Schule zu kurz gekommen. Die Lehramtsanwärter*innen konnten nur eingeschränkt regulären Unterricht durchführen, soziale Interaktionen der Schüler*innen beobachten und Beziehungen zu den Schüler*innen aufbauen. Diese fehlenden Praxiserfahrungen lassen sich nur schwer ausgleichen.

Auch in den Schulpraktischen Seminaren gab es während der Corona-Pandemie viel weniger Möglichkeiten für die Lehramtsanwärter*innen, sich untereinander kennenzulernen, sich miteinander zu vernetzen und sich auszutauschen. Dadurch wurde es den Lehramtsanwärter*innen erschwert, stützende Beziehungen aufzubauen, die durch die Zeit des Vorbereitungsdienstes tragen.

Welche Strategien wurden im Vorbereitungsdienst entwickelt, um den Anforderungen des Infektionsschutzes sowie der Lehrer*innenausbildung gleichermaßen gerecht zu werden?

Maren Söder: Aufgrund der Schutzmaßnahmen fand die Ausbildung in den Allgemeinen Seminaren und Fachseminaren während der Corona-Pandemie oft nur digital statt. Aufgaben wurden in einem digitalen Lernmanagementsystem bereitgestellt und von den Lehramtsanwärter*innen bearbeitet. In Videokonferenzen wurden die Ergebnisse zusammengeführt, diskutiert und besprochen.

Viele Unterrichtsbesuche konnten aufgrund der Schulschließungen und der Schutzmaßnahmen nicht regulär stattfinden, stattdessen gab es verschiedene alternative Formate, zum Beispiel planten die Lehramtsanwärter*innen eine Unterrichtstunde im Distanzunterricht oder für den Präsenzunterricht, die sie gerne durchführen würden, wenn sie könnten. Im letzteren Fall konnte der Unterricht dann nur sachlich und theoretisch mit den Fachseminarleiter*innen reflektiert werden. Die Lehramtsanwärter*innen konnten hierbei nur vermuten, wie zum Beispiel die Schüler*innen mit den Aufgaben umgegangen wären, wo vielleicht Stolpersteine im Unterrichtsverlauf sein könnten und ob die Zeitplanung funktioniert hätte. Die anschließende Beratung der Fachseminarleiter*innen konnte dadurch auch nur hypothetisch sein, da sie die Lerngruppe nicht kannten, für die die Unterrichtsstunde geplant wurde, und die Lehramtsanwärter*innen nicht in der Unterrichtspraxis erlebten.

Ebenso konnten viele unterrichtspraktische Prüfungen während der Corona-Pandemie nicht im klassischen Prüfungsformat stattfinden. Lehramtsanwärter*innen, bei denen es pandemiebedingt zu Störungen des Regelunterrichts gekommen ist, konnten eine Kolloquiumsprüfung ablegen.

Welche Abläufe und Strategien haben sich im Vorbereitungsdienst durchgesetzt, die auch nach der Corona-Pandemie Bestand haben sollten?

Maren Söder: Die Corona-Pandemie hat in den Schulpraktischen Seminaren die Entwicklung hin zum digitalen Lehren und Lernen beschleunigt. Vor der Pandemie waren Medienkompetenzen und digitale Lernformen nur Randthemen in der Lehrer*innenausbildung. In Folge der Corona-Pandemie wurde im Berliner Vorbereitungsdienst das Konzept des Blended Learning fest verankert.

Allgemeine Seminare und Fachseminare sollen auch nach der Pandemie in einer Kombination aus Präsenzseminaren und Non-Präsenzformaten stattfinden, um Lehramtsanwäter*innen in ihrer Professionalisierung zu unterstützen. Indem die Lehramtsanwärter*innen digitale Lehr- und Lernformen selbst in ihrer Ausbildung erfahren, sollen sie diese auf das Handlungsfeld Unterricht und Schule übertragen. Damit diese digitale Transformation gelingen kann, ist es notwendig, das Fach- und Seminarleiter*innen hinsichtlich digitaler Lehr- und Lernformen weitergebildet werden.

Mit welchen Folgen des Vorbereitungsdienstes während der Corona-Pandemie ist bei den Lehramtsanwärter*innen zu rechnen?

Der Vorbereitungsdienst unter Corona-Bedingungen stellte für die Lehramtsanwärter*innen eine große Herausforderung dar und es ist nicht sicher, ob die Lehramtsanwärter*innen alle notwendigen Kompetenzen erworben haben, um den Berufsalltag in der Schule zu meistern. Nach dem Vorbereitungsdienst sollte es Unterstützung in Form einer begleitenden Berufseingangsphase mit zusätzlichen Hospitations- und Beratungsgelegenheiten geben.

Die zukünftige Generation von Lehrer*innen nach einem Vorbereitungsdienst unter Corona-Bedingungen darf auf keinen Fall Nachteile haben und es muss alles getan werden, damit die neu ausgebildeten Lehrer*innen ihren Job zukünftig kompetent und engagiert machen können.

Maren Söder, Leitung des Vorstandsbereichs Hochschule und Lehrer*innenbildung, Mitglied des Personalrats der Lehramtsanwärter*innen von 2019 bis 2021

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46