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Schwerpunkt „Vom Papier zum Pixel – Digitalisierung in Kita und Sozialer Arbeit“

Gemeinsame Strategien für neue Technologien

Digitale Arbeitsmittel stehen in der Sozialen Arbeit am Anfang und müssen erst noch zu hilfreichen Instrumenten entwickelt werden.

Foto: Adobe Stock

Wenn Dilara an ihren Arbeitsplatz in einer Wohnung für Menschen mit geistiger Behinderung kommt, schaltet sie als erstes den Computer ein. Sie checkt Mails, muss sich im Dienstbuch und der Klient*innendokumentation informieren, schaut in den Outlook Kalender und bearbeitet ihre ToDo-Liste. Auch im Laufe des Tages muss sie sich immer wieder an den PC setzen, um Aufgaben zu erledigen. Auf ihrem Diensthandy melden sich Klient*innen per Messenger und warten ungeduldig auf Antwort. Computer und digitale Arbeitsmittel sind im Alltag der Sozialen Arbeit längst angekommen.

 

Zusätzlicher Stress oder Arbeitserleichterung

 

Es ist eine Binsenweisheit, dass die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie den Digitalisierungstrend noch beschleunigt haben. Zur täglichen Büroarbeit kamen Videokonferenzen, geteilte ToDo-Listen und Messenger hinzu. Kolleg*innen wie Träger stellt das vor Herausforderungen. Nicht überall sind die Bedingungen für eine reibungslose Arbeit am Computer erfüllt. Ist die Internetleitung schnell genug? Gibt es ausreichend ergonomische Arbeitsplätze? Ist die Technik auf dem neuesten Stand? In kleineren Einrichtungen teilen sich mehrere Kolleg*innen oft einen Computerarbeitsplatz. Bei der Menge an Aufgaben, die inzwischen ausschließlich digital erledigt werden, führt das zu Wartezeiten und Stress. Ständige Erreichbarkeit per Mail und Messenger, Informationsfluten, die schnelle Entwicklung von Soft- und Hardware kann zu Überforderung und Belastung der Kolleg*innen führen. Manche*r kann oder will nicht mehr mithalten. Hinzu kommt die latente und nicht unbegründete Befürchtung, man könne als Arbeitnehmer*in durch die digitalen Hilfsmittel leichter vom Arbeitgeber überwacht und kontrolliert werden.

Aus Arbeitnehmer*innensicht sollte Digitalisierung die Arbeit vereinfachen und erleichtern. Sie sollte Zeit freisetzen für das, was den Kolleg*innen am wichtigsten ist: die Arbeit mit den Klient*innen. Aber nicht nur das, digitale Tools können auch den Kontakt mit Klient*innen erleichtern. Kommunikation per Messenger ist heute selbstverständlich. Viele junge Menschen reagieren eher auf eine Nachricht per WhatsApp als auf einen Anruf. In der Beratung können Video- und Messengerdienste den Zugang erleichtern. Onlineangebote in leichter Sprache schaffen Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit Lernschwierigkeiten. In der Praxis werden zwar viele dieser Möglichkeiten genutzt, wirkliche Digitalstrategien, die die Kompetenzen der Kolleg*innen, Bedarfe aus der Praxis und technische sowie personelle Ressourcen im Blick haben, sucht man in der Sozialen Arbeit allerdings vergeblich. Häufig sind es einzelne Kolleg*innen, die neue Ideen und Innovationen einbringen. Aber auch Unternehmen, die spezialisierte digitale Produkte zu Dokumentation und Zeiterfassung für die Sozialwirtschaft anbieten, bewerben diese immer häufiger bei den Trägern.

 

Betriebliche Mitbestimmung bei der Digitalisierung

 

Betriebsräte haben über das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein umfassendes Mitbestimmungsrecht bei der Digitalisierung und Einführung von digitalen Systemen. Laut BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der »Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer*innen zu überwachen.« Gemeint ist hier, dass jegliche Technologie, die zur Überwachung von Arbeitnehmer*innen geeignet ist, mitzubestimmen ist und das ist heute so gut wie jede Soft- und Hardware. Betriebsräte regeln hier nicht nur den Schutz der Kolleg*innen vor unberechtigter Überwachung, sondern sorgen auch dafür, dass es Schulungen gibt, Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet sind und der Datenschutz eingehalten wird.

 

Beschäftigte vor großen Herausforderungen

 

Die Geschwindigkeit der Digitalisierung und die Komplexität des Themas führen Betriebsräte häufig an ihre Grenzen. Und die Herausforderungen werden noch größer. Die Digitalisierung betrifft als Querschnittsthema sämtliche Arbeitsbereiche und steht in der Sozialen Arbeit erst am Anfang. Wer weiß, wie wir in zehn oder 20 Jahren arbeiten werden? Welche digitalen Hilfsmittel uns in der Sozialen Arbeit dann zur Verfügung stehen? Vielleicht unterstützen uns künstliche Intelligenzen bei der Beratung unserer Klient*innen und können uns damit mehr Zeit für die Beziehungsarbeit geben oder schreiben unsere Dokumentationen zum Teil vor. Für die Zukunft bleiben viele Fragen, die wir diskutieren sollten. Wie können technische Innovationen genutzt werden, um unsere Arbeit zu verbessern und zu erleichtern? Wie können wir uns effektiv vor digitaler Überwachung unserer Arbeit schützen und wie wird der Datenschutz für uns und unsere Klient*innen gewährleistet? Und wie schützen wir uns dabei vor Überforderung und digitaler Überlastung?

Kolleg*innen wie Dilara wünschen sich einen partizipativen, transparenten Umgang mit der Digitalisierung in ihrem Arbeitsbereich. Sie wollen beteiligt werden, denn sie kennen ihren Arbeitsplatz am besten. Betriebsräte sollten sich dafür einsetzen, dass Arbeitgeberin, Kolleg*innen, Betriebsrat und externe Expert*innen an einem Tisch sitzen und im Träger aktiv an einer Digitalisierungsstrategie arbeiten. Für einen solchen Digitalisierungsrat gibt es zwar keine gesetzliche Grundlage – aber gute Argumente.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Privat:  030 / 219993-46