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SenioRita

GEW hält jung!

Klaus Will und Dieter Haase haben 15 Jahre die bbz-Beilage für das gehobene Alter »SenioRita« gemacht. Nach 44 Ausgaben hören sie nun auf.

Foto: privat und Fotostudio Charlottennburg

bbz: Lieber Klaus, lieber Dieter, sonst interviewt ihr an dieser Stelle verdiente GEW-­Kolleg*innen. Heute ist es mal andersherum, und ich stelle euch die Fragen. Der Grund ist, dass dies eure letzte SenioRita sein wird. Wir wollen gemeinsam zurückblicken. Was hat euch vor 15 Jahren dazu bewogen, mit der SenioRita anzufangen?

Haase: Bevor wir mit der SenioRita angefangen haben, hatten wir uns an der Bundeszeitung »Dialog« beteiligt. Das war aber eher eine »Bleiwüste«, die auch von den Senior*innen nicht so sehr gelesen wurde. Wir wollten es anders machen, ein bisschen lockerer.

Will: Bis dahin waren die Themen der Senior*innen-Beilage: Rentenberechnung, wie bleibe ich gesund und wie hoch sind die Pflegekosten? Das kann doch nicht alles sein, haben wir gedacht. Wir können ältere Menschen nicht darauf reduzieren, dass sie öfter krank und bedürftig sind.

Haase: Es gab zeitgleich auch einen Umbruch bei unseren Senior*innen. 2007 hat sich eine Gruppe »Junger Alter« neben dem Landessenior*innenausschuss gefunden, die sich eine andere Senior*innenarbeit vorgestellt haben, mit politischen Diskussionen, Kultur, Chor und Aktionen. Das passte gut zusammen.

Was ich beim Lesen der SenioRita immer besonders wahrgenommen habe, sind die Interviews zur Gewerkschaftsgeschichte. War das von Anfang an der Kern eurer Idee?

Will: Es war Teil der Idee, dass die SenioRita eben nicht nur Senior*innen lesen, sondern auch andere Mitglieder.

Haase: Ob das mit den Interviews ankommt, da waren wir uns anfangs nicht so sicher. Es stellte sich aber schnell raus, dass wir mit den Interviews viel Resonanz bekamen – es kamen viele Zuschriften und Anrufe.

36 Interviews habt ihr in den 15 Jahren in der SenioRita geführt. Welche Geschichten sind euch besonders in Erinnerung geblieben?

Will: Das aufwendigste Interview war zweifellos das mit Claus Duske in der Dezember-blz 2007. Der hat so interessant von seinem Projekt »Generationsübergreifendes Lernen« im Stadtgut Blankenfelde erzählt, dass wir da unseren Fotografen Christian von Polentz hingeschickt haben, der es dann tatsächlich geschafft hat, zu diesem Projekt auch ein aussagekräftiges Foto zu machen. Die gute Zusammenarbeit zwischen SenioRita und den GEW-Senior*innen zeigt das Interview mit Hilde Schramm. Sie hatte 2012 ein Buch über ihre beeindruckende Lehrerin Dora Lux veröffentlicht, die als Jüdin in Berlin überlebt hatte und dann Hildes Lehrerin in Heidelberg war. Das war natürlich nicht nur ein Thema für Senior*innen, sondern traf auf breites Interesse, zumal Hilde in GEW-Kreisen gut bekannt war. Wir haben ein Interview über das Buch mit ihr geführt und auf die Lesung hingewiesen. Die Veranstaltung selbst wurde von den damals noch Jungen Alten organisiert und durchgeführt.

Den schönsten Aufmacher hat Sabine Tietjen geliefert: »Das Leben rückwärts verstehen« hieß ihr Artikel über autobiografisches Arbeiten. Überhaupt könnte man mit dem Titeln eine ganz eigene Geschichte der SenioRita schreiben: »Gern gearbeitet, gern gegangen« hieß beispielsweise das Interview mit Susanne Pape. Und »Der Weg ist das Ziel« war das Interview mit Rosi Seggelke und Peter Sinram überschrieben, die über ihre Reisen mit dem Wohnmobil berichtet hatten. Über das Interview mit Detlef Mücke stand der Titel »Für eine lustbetonte Gewerkschaftsarbeit«.

Und was hat euch bei all den Interviews besonders berührt?

Will: Die älteren Kolleg*innen waren für uns immer besonders interessant: Lore Kujawa oder Sigrid Gärtner haben von ihren Erfahrungen aus der Nachkriegszeit berichtet. Da merkt man, dass das andere Schicksale sind als die unserer heutigen Funktionär*innen.

Was habt ihr in all den Jahren über das Alter und das Altern gelernt?

Will: Dass es Leute gibt, denen man das Alter gar nicht anmerkt. Die sind genauso fidel und wach wie alle anderen und können immer noch viel erzählen. Je mehr man nachbohrt, desto mehr wird erzählt. Alte Leidenschaften bleiben erhalten.

Haase: Fast alle, die wir interviewt haben, sind auch im Ruhestand politisch aktiv geblieben, haben sogar neue Leidenschaften entdeckt und die GEW auch zum großen Teil genutzt, um ihre Ideen umzusetzen. Die waren wirklich fast alle noch aktiv. Man könnte sagen: »GEW hält jung«.

Euer Rat für angehende GEW-Senior*innen?

Will: Auf jeden Fall aktiv bleiben! Man hört ja nicht von heute auf morgen auf. Das ist auch ungesund.

Müsste die GEW eurer Ansicht nach mehr für die älteren Mitgliedergruppen tun?

Haase: Als ich in der GEW angefangen habe, ging es darum, die Senior*innen zu betreuen. Da sind wir seit Mitte der 2000er längst weiter. Die Senior*innen organisieren sich selbst und das sehr erfolgreich. Hier entstehen die Ideen, dort wird gesagt, wir wollen jetzt noch eine Theater--AG machen und dann finden sich ein paar Leute und machen das. Wichtig ist, dass die GEW die nötigen Rahmenbedingungen für dieses Engagement bereitstellt.

Will: Wenn die Jungen Alten oder Senior-*innen an der Mahnwache am Wittenbergplatz nicht wären, würde diese gar nicht stattfinden. Da ist von Vorteil, dass sie viel Zeit haben, obwohl sie ja immer klagen, sie hätten so wenig Zeit.

Viele Kolleg*innen gehen bald in Rente. Klaus, du bist schon, und Dieter, du stehst kurz davor. Was können wir tun, damit das Wissen der Älteren nicht verloren geht?

Haase: Die SenioRita sollte auch immer eine Brücke sein zwischen den Generationen. An vielen Stellen, zum Beispiel bei Patenschaften für Quereinsteigende, wird der Wissenstransfer sehr individuell umgesetzt. Ich denke, viele Kolleg*innen würden sich freuen, wenn sie auf GEW-Ebene, auch fachbezogen und strukturiert ihr Wissen weitergeben könnten. Vielleicht sind hier neue Veranstaltungsformate denkbar.

Nach 44 Ausgaben habt ihr nun beschlossen, dass diese SenioRita eure letzte sein soll. Wen hättet ihr noch gerne interviewt?

Will: Ein Gruppeninterview würde ich noch interessant finden, beispielsweise mit dem Chor. Das Liedgut des GEW-Chors würde mich sehr interessieren. Da gibt es bestimmt heftige Diskussionen. Und außerdem: Dieter hat am Ende des Interviews mit Sigrid Gärtner (blz Dezember 2017) angekündigt, dass wir sie zu ihrem 100. Geburtstag wieder interviewen wollen, der wäre 2027 – also gar nicht mehr so lange hin! Versprechen muss man halten!

Haase: Wenn ich die Zeit dazu finde, will ich die Epoche um 1989 und 1990 angehen. Was in der DDR los war und was dann passierte. Die letzten 30 Jahre sind ja für mich wie im Fluge vergangen. Ich hätte nicht gedacht, dass sich mein Berufsleben mal völlig umgestalten würde. Da werde ich auf jeden Fall versuchen, Leute zusammen zu kriegen, das Wissen aus dieser Zeit aufzuschreiben.

Will: Die Auseinandersetzung der verschiedenen Biografien aus Ost und West in der GEW BERLIN unter dem Motto »Zwei Vergangenheiten – eine Zukunft« ist über die Jahre etwas eingeschlafen. Ich glaube, das wäre immer noch sinnvoll.

Da gibt es also noch spannende Interviews zu führen. Aber das wollt ihr jetzt nicht mehr selber machen in der SenioRita. Warum habt ihr euch entschieden aufzuhören?

Haase: Wir wollen uns nicht komplett zurückziehen, aber wir denken, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist, dieses Projekt zu übergeben. Natürlich hoffen wir, dass die SenioRita in irgendeiner Form weitergeht.

Will: Ich höre auch aus Zeitgründen auf. Ich habe noch andere Themen, unter anderem »Die duale Schule«. Die SenioRita nimmt schon ganz schön Zeit in Anspruch: dreimal im Jahr, mit Vor- und Nachbereitung. Und mehrere Sachen gleichzeitig zu machen wie früher, das macht mir inzwischen doch einige Mühe.

Und was habt ihr vor mit der neu gewonnen Zeit?

Will: Wenn es Corona zulässt, möchte ich gerne wieder reisen. Immer, wenn ich zuletzt hätte reisen wollen, musste die SenioRita gemacht werden. Und wenn die fertig war, war Corona wieder stärker. Nervig!

Haase: Ich habe so viel vor, ich muss erstmal sehen, wie das ist, wenn man Freizeit hat. Ich habe einige exotische Tauchurlaube nachzuholen und will mein Wohnmobil weiter nutzen.  

Wir danken euch für eure Arbeit und hoffen auf viele weitere Artikel in der bbz.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46