Schulbau
Ist das eine Schule oder kann das weg?
Wie der Sanierungsstau in der Realität aussieht. Ein Beispiel einer Grundschule in Pankow.
In Pankow-Nord scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Wenige Meter von der Endhaltestelle der Straßenbahn entfernt, erhält man das Bild der gutbürgerlichen Berliner Vorstadt. Zwei- bis dreistöckige Häuser, alte Straßenbäume, Vogelgezwitscher, wenige Passantinnen. Nur ein Gebäude fällt sofort ins Auge, ein Gruß aus früherer Zeit. Graffiti auf der Fassade, DDR-Einheitsverputz, der Eingang auf der Rückseite, kaum Grün im Hof. Das Gebäude der Grundschule im Hasengrund hat schon bessere Zeiten gesehen. An eine Sanierung kann sich keiner erinnern, angeblich war die das letzte Mal in den sechziger Jahren.
Für jeden Schultyp gibt es ein verbindliches Raumprogramm, nach dem der jeweilige Raum- und Flächenbedarf einer Schule errechnet werden kann. Die Angaben dienen der Orientierung, sie haben keinen Gesetzescharakter. Das MRP für den Neubau einer Grundschule findet Ihr in der Online-Version dieses Artikels auf www.gew-berlin.de/bbz
Ohne engagierte Eltern und Schulleitung wäre vermutlich der Schulstandort schon längst wegen Baufälligkeit geschlossen worden. Immer wieder treten sie an, um die schlimmsten Schäden zu beseitigen. Einzig die frische Farbe in den engen dunklen Gängen vermittelt das Gefühl, dass sich hier jemand um das Schulgebäude kümmert. Vor drei Jahren musste das oberste Stockwerk wegen schwerer Brandschutzmängel kurzfristig gesperrt werden. Aber immerhin ist jetzt für 2018 die Sanierung des Dachgeschosses geplant. Dabei sollen zwölf neue Klassenräume geschaffen werden, was aber die Situation kaum besser macht. Denn für die 500 Schülerinnen gibt es aktuell keine Teilungs- oder Förderräume. Und da die Bevölkerung im Schuleinzugsbereich stark wächst, werden die neuen Räume wohl dafür verwendet werden - also wieder zu wenige Teilungsräume. Der Hortbereich ist in der ehemaligen Hausmeisterwohnung untergebracht. In der aus zwei ehemaligen Klassenräumen provisorisch eingerichteten Mensa gibt es nur 60 Plätze. Der einzige Lichtblick der Schule, die neue Turnhalle, kann nicht genutzt werden, weil sie als Flüchtlingsunterkunft dient. Denn ein genereller Umbau des Gebäudes ist bislang nicht vorgesehen. Ohne größere Baumaßnahmen kann die Schule aber weder einen vernünftigen Ganztagsbetrieb noch moderne pädagogische Methoden umsetzen. Hier gelten noch nicht einmal die Mindeststandards des Musterraumprogramms MRP (siehe Kasten). Gut nachzuvollziehen ist der Frust der Eltern, die erleben müssen, dass sie zwar regelmäßig Steuern zahlen, es aber trotzdem für ihre Kinder nur eine baufällige Schule gibt. Kein Wunder, dass Privatschulen ständig mehr Zulauf bekommen.