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Schwerpunkt "Demokratie macht Schule"

Miteinander und Füreinander

Die Grundschule Bad Münder zeigt, wie Demokratie und Kinderrechte bereits in der Primarstufe konkret in der Schulkultur verwirklicht werden können.

Foto: Grundschule Bad Münder

Freundlicher und kindgerechter sollte er sein, der Vorplatz der Grundschule Bad Münder. Geplant war, ein Straßenschild mit einem neuen Namen aufzustellen, welcher einen besonderen Bezug zum Schulprofil besitzen und ausdrücken sollte, was den Menschen der Grundschule Bad Münder wichtig ist. Die Ideenfindung und die Abstimmung über den Vorplatznamen wurden den Kindern überlassen. In Absprache mit dem Schüler*innenrat waren alle Kinder aufgerufen, Namensvorschläge einzureichen. Auf diese Weise kamen über 25 Anregungen zusammen, von denen der Schüler*innenrat fünf für eine Abstimmung unter den Kindern und Erwachsenen der gesamten Schule auswählte: Platz der Kinder, Platz der Kinderrechte, Miteinander-Füreinander--Platz, Platz der Freundschaft, Platz der Demokratie. Von den über 300 abgegebenen Stimmen sprach sich die Mehrheit für den Namen »Miteinander-Füreinander--Platz« aus. Das neue Straßenschild ist bereits in Auftrag gegeben und wird in Kürze mit einer feierlichen Zeremonie gemeinsam enthüllt.

Beteiligung ist keine Eintagsfliege

Das Beteiligungsprojekt um den neuen Namen des Vorplatzes der Grundschule Bad Münder zeigt zum einen, wie »lohnend« Partizipation von Kindern sein kann. Die Kinder erfahren sich als wichtige Impulsgeber*innen, übernehmen Verantwortung, können eigene Ideen einbringen, beschäftigen sich intensiv mit den Ideen anderer, werden in ihrer Urteilsfähigkeit ernstgenommen und erleben sich als Handlungsträger*innen von aktuellen Gestaltungsprozessen. Zum anderen verdeutlicht das Beispiel auch, dass eine langfristig angelegte Entwicklung bei den Kindern angekommen ist. So finden sich in den Vorschlägen für die Namensgebung des Vorplatzes insbesondere die Stichworte »Kinderrechte« und »Demokratie« wieder. Das bedeutet, dass ein derartiges Beteiligungsprojekt keine »Eintagsfliege« ist, sondern Teil einer demokratisch gelebten Schulkultur, in der Kinderrechte und die Übertragung von Verantwortung in die Hände der Schüler*innen Alltagsrelevanz besitzen. Demokratie und Kinderrechte im Unterricht und Schulleben konkret erfahrbar zu machen ist der pädagogische Ansatz der Grundschule Bad Münder. Seit mehreren Jahren erprobt die Schule in vielfältigen Formen, Kinder in die Gestaltung der Schulentwicklung verantwortungsvoll und angemessen einzubeziehen. Zwei weitere Beispiele machen dies anschaulich.

Das Jahresthema lädt zu Kreativität ein

Mit dem Jahresthema verbindet sich das Ziel, alle Kinder und Erwachsenen, alle Lerngruppen oder Gremien unter einem, von den Kindern bestimmten, inhaltlichen Schwerpunkt vielfältig einzubinden und für die Mitwirkung an der Schulentwicklung zu gewinnen. Seit vier Jahren bestimmt der Schüler*innenrat, der sich aus den Klassensprecher*innen der Jahrgänge 1 bis 4 bildet, kurz nach dem Schuljahresbeginn das jeweilige Jahresthema. Der finalen Abstimmung im Gremium der Schülervertreter*innen geht dabei eine mehrwöchige und intensiv geführte Meinungsbildungsphase voraus. Dabei werden Themenvorschläge gesucht, in der Aula veröffentlicht und diskutiert. Nach diesem gründlichen Argumentations- und Abwägungsprozess, in dem die Sicht der Kinder und das Interesse der Schulgemeinschaft im Vordergrund stehen, berät und beschließt der Schüler*innenrat in einer von allen mit Spannung erlebten Sondersitzung das endgültige Jahresthema. In den vergangenen Jahren waren das zum Beispiel Themen wie »Natur«, »Spielen« oder »Sport und Bewegung«.

Nach dem Beschluss sind alle aufgerufen, sich mit einer Aktion oder einem längerfristigen Projekt mit dem jeweiligen Jahresthema auseinanderzusetzen. Den Zeitpunkt ihres Vorhabens innerhalb des Schuljahres bestimmen die Beteiligten selbst. Die Teilnahme ist grundsätzlich für alle freiwillig. Die Erfahrung hat entsprechend gezeigt, dass es für alle Klassen stets eine besondere Herausforderung und Freude war, sich mit einem eigenen kreativen Beitrag an der Ausgestaltung des gemeinsamen Jahresthemas zu beteiligen.

Hinsichtlich der Durchführung sind die Kinder angehalten, das jeweilige Geschehen mit Foto- oder Filmkameras aus ihrer Sicht zu dokumentieren. Die so festgehaltenen Ergebnisse der einzelnen Beiträge werden im Anschluss zunächst in der Projektdatenbank der Schulhomepage veröffentlicht. Zum Ende eines Halbjahres werden sie zudem auf den gemeinsam zelebrierten »Jahresausklängen« in der Schulaula in Form eines längeren Videoclips der Schulöffentlichkeit präsentiert. Zusätzlich wird für jedes Jahresthema mit den eingegangenen Fotos und Projektberichten ein großes Poster grafisch gestaltet und im Schulflur aufgehängt. Auf diese Weise schaffen die digital erbrachten Arbeitsergebnisse auf mehreren Ebenen eine nachhaltige Erinnerung an das vielfältige Wirken der Kinder und Erwachsenen unter einer gemeinsamen Zielperspektive. Zugleich empfinden die Beteiligten die unterschiedlichen Präsentationsformen ihres Engagements als besondere Wertschätzung und werden so motiviert, sich auch im kommenden Jahr für die Schulentwicklung einzusetzen.

Der Miteinander-Podcast erhält die Schulgemeinschaft

Der plötzliche Verlust der Schulgemeinschaft durch die Corona-Pandemie war im März 2020 ausschlaggebender Grund, das Miteinander der Grundschule Bad Münder zumindest mit der Stimme aufrecht zu erhalten. Die im Rahmen der Notbetreuung verbliebenen drei Kinder und zwei Erwachsenen schufen spontan den »Miteinander-Podcast«, in dem sie täglich aus der Schule berichteten, die Kinder zuhause zum Senden von Sprachnachrichten einluden und natürlich über die vielfältigen Aspekte der Einschränkungen aus dem Blickwinkel der Kinder berichteten. Das »Ohren-Experiment« zum Erhalt der Schulgemeinschaft erlebte von Sendung zu Sendung eine steigende Resonanz und erreichte letztendlich sogar Hörer*innen in ganz Deutschland und Teilen der Welt. Mit zunehmender Dauer der Pandemie und der Wiederaufnahme des Wechselunterrichts veränderte sich der Erscheinungsrhythmus. Derzeitig gibt es den Podcast einmal pro Monat.

Ebenso knüpften die Kinder in der Redaktion mehr und mehr an den Themen an, die im Schulprofil eine bedeutsame Rolle spielen. Insbesondere die Frage nach den Kinderrechten in der Pandemie beschäftigte die Kinder. In Telefon-Interviews mit Verbandsvertreter*innen oder Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung war es den Kindern wichtig zu erfahren, warum elementare Kinderrechte wie zum Beispiel das Recht auf Spiel, Freizeit und Bewegung oder das Recht auf Beteiligung in der Corona-Zeit eine untergeordnete Rolle spielten. Bis Ende des Jahres 2021 entstanden so fast einhundert Sendungen, die mit unterschiedlichen Rubriken Informationen und Unterhaltung aus der Schule und der Welt lieferten. Inzwischen werden die von den Kindern produzierten Beiträge regelmäßig beim Regionalsender radio aktiv im Kinderprogramm gesendet. Dadurch erhalten die Themen und Anliegen eine noch größere Reichweite.

Die drei Beispiele zeigen nicht nur, dass Demokratie und Kinderrechte in ihrer konkreten projektartigen Verwirklichung die pädagogische Arbeit bereichern. Sie sind darüber hinaus gerade in einer Zeit, in der die Pandemie vielerlei Umwälzungen in Schule und Gesellschaft mit sich bringt, positive Orientierungen mit Leitbildfunktion.        

Mehr Infos unter www.gs-badmuender.de oder per Mail: cs(at)gs-badmuender(dot)de

Mehr über den Miteinander-Podcast: hier

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46