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Gewerkschaft

Momente aus der Geschichte der Frauen in der GEW BERLIN

Ein Mitglied des Sprecherinnenrats berichtet über ihren Einsatz für frauenpolitische Themen seit 1989.

Ende letzten Jahres durften wir eine Klausurtagung veranstalten, mit dabei eine Erzieherin, eine Volkshochschullehrerin, eine Studentin, eine Gymnasiallehrerin und Frauenvertreterin, eine Grundschullehrerin an einer Europaschule, eine Sekundarschullehrerin, sowie eine Grundschullehrerin und Personalrätin. Arbeitet auch bei uns mit. Ihr seht, wir vertreten viele Bereiche und hoffen, dass dies so bleibt. Seid dabei!

Meine erste Landesdelegiertenversammlung (LDV), in der ich als arbeitslose Lehrerin für die GEW teilnahm, war eine Wahl LDV im Jahre 1989. Ich kannte mich noch gar nicht in der GEW und ihren internen Netzwerken aus, aber ich fand das Gremium spannend und ich konnte nicht glauben, dass es hier kostenlose Getränke gab.  Mir fiel, noch völlig außenstehend, sofort auf, wie schwer Frauen es hatten, bei der Delegiertenversammlung gehört zu werden. Kam der Redebeitrag von einer Frau, fingen sofort Nebengespräche an, es wurde geraschelt und undefiniert gelacht. Die Ordnungshüter hatten es schwer, und ich war fassungslos. Zu meiner freudigen Überraschung wurde nach engagierten und heftigen Debatten eine Frau als Vorsitzende gewählt: Ingeborg Uesseler-Gothow. Sie hatte gegen Erhard Laube kandidiert. Ich verstand wenig, aber der junge Mann, der mich mitgeschleppt hatte, erklärte mir eifrig alles. Doch Ingeborg wurde nach der LDV zum Rücktritt genötigt. Der Vorstand sprach sich bei einer internen Sitzung gegen sie aus, da sie SEW (Sozialistische Einheitspartei Westberlins)-Mitglied war. Aha, die LDV war also doch nicht das alles entscheidende Gremium? Und die Schwestergewerkschaft im Ostteil der Stadt unser Feind? Man stelle sich dieses Szenario ein Jahr später vor. Der Vorstoß des Vorstandes sollte auf einer außerordentlichen LDV bestätigt werden, doch es kam nicht dazu, da Ingeborg zurücktrat.  Der Landesvorstand votierte mit 17 zu 14 Stimmen und fünf Enthaltungen dafür, die demokratische Wahl nicht zu bestätigen.

Es folgte eine Periode der Männerherrschaft. Zehn Jahre war Erhard Laube GEW-Vorsitzender, ihm folgte Ulrich Thöne. Frauen waren lediglich Stellvertreterinnenposten zugedacht. Wobei immer wieder, die Rolle der Stellvertreterinnen diskutiert wurde und die Anzahl variierte. Mehr als einmal hörte ich den Satz: Einer muss den Hut aufhaben. Christel Kottmann-Mentz als Grundschullehrerin in Kreuzberg und Brigitte Reich als Wissenschaftlerin leisteten „unter“ Erhard Laube eine hervorragende Arbeit in dieser Funktion, sie setzten sich sehr für die Belange der Frauen ein und mussten viele Kämpfe bestehen.

Mit Rose-Marie Seggelke kam 2005 eine Frau an die Macht. 2011 erlangte mit Doreen Siebernik eine engagierte Feministin der GEW Berlin den Vorsitz. Inzwischen gab es auch hier das Team- Modell und wir hatten drei Vorsitzende, Doreen war bis 2021 dabei.

Der Frauenausschuss der GEW Berlin wurde auf der LDV am 17. März 1995, als vor knapp 27 Jahren gegründet. Diese Gründung war keine Selbstverständlichkeit. Die Antragsstellerinnen orientierten sich am bereits bestehendem Frauenausschuss in Baden-Württemberg.

Es gab zwei Anträge. Einen des Landesvorstandes und einen der AG Frauen und der AG Lesben zur Gründung eines „Ausschusses für Frauenpolitik“ oder eines „Ausschusses für Frauen- und Lesbenpolitik“. Am Ende setzte sich der Landesvorstand durch. Das Team-Modell war damals völlig neu.

Caren Croneberg und Christel Kottmann-Mentz waren dabei wichtige Protagonistinnen, denen wir viel zu verdanken haben.

Frauenarbeit in der GEW war nicht immer selbstverständlich.  Es gab immer wieder Mitglieder, die meinten, dass es innerhalb der GEW nicht nötig sei, Frauenrechte umzusetzen, da schon alles paritätisch verteilt sei. Nötig ist diese Arbeit immer noch im Bildungssystem, wie auch innerhalb der GEW selbst. Immer wieder mussten wir uns mit Vorurteilen, so zum Beispiel gegen Quotenfrauen, Feministinnen und internen Machtkämpfen auseinandersetzen.

Seitdem gab es viele Veränderungen bezüglich der Zusammensetzung des Frauen-Gremiums der GEW Berlin. Da es sich bei dem Frauenausschuss um die größte Personengruppe der GEW Berlin handelt, hat der Ausschuss stets auf ein Team, dass horizontal strukturiert ist, geachtet. Statt einer Leitung haben wir ein Sprecherinnenteam, in dem möglichst viele Frauen aus unterschiedlichen Gremien und Bereichen organisiert sind.

Wir haben uns stets kritisch mit der GEW Berlin auseinandergesetzt, doch sind wir auch ein Teil dieser liebenswerten Gewerkschaft, die immer wieder mit sich selber hadert.

Wir outen uns an dieser Stelle, dass wir eines nachts das GEW-Schild vor dem Haus mit der Aufschrift „Berliner Lehrergewerkschaft“ abgeschraubt haben und ein Schild mit der Aufschrift „Berliner Lehrerinnengewerkschaft“ angebracht zu haben. Falls es noch irgendwo im Keller liegt, melden wir hiermit Interesse an.

Wir wünschen uns für das neue Jahr, dass wir euch bald wieder zu spannenden Veranstaltungen einladen können. Zum Auftakt werden wir am 10. Februar für alle, die ihn verpasst haben und/oder mitdiskutieren möchten, den Film „Die Unbeugsamen“ zeigen. Die Sitzungen von uns sind öffentlich und jede von euch ist eingeladen, uns bei unserer gewerkschaftlichen Frauenarbeit zu unterstützen. Vor gut zwei Jahren wurden wir als Sprecherinnenrat von euch gewählt. Wir sind ein gleichberechtigtes Gremium.

Filmabend „Die Unbeugsamen“ am 10. Februar 2022 um 18 Uhr im GEW-Haus, Anmeldung erforderlich. Informationen und Anmeldung zum Filmabend unter: „Die Unbeugsamen“


 

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46