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Nachteilsausgleich für tarifbeschäftigte Lehrkräfte
Die Rechtsschutzstelle der GEW BERLIN erhält nach wie vor zahlreiche Anfragen von Mitgliedern zum Thema Nachteilsausgleich. Das ist der aktuellste Stand und unsere Empfehlungen.
Im Folgenden finden Sie aktualisierte Informationen zum sogenannten Nachteilsausgleich (formal eine Amtszulage) für tarifangestellte Lehrkräfte in Berlin. Die Rechtslage ist hier bei vielen Aspekten sehr unklar, weswegen die GEW Berlin derzeit einige Musterverfahren führt, um hier für Ihre Mitglieder eine Klärung zu erwirken. Außerdem hat sich die Rechtslage zum 01.01.2025 deutlich verändert, sodass neue Unklarheiten entstanden sind. Auch diese versuchen wir aktuell für Sie zu klären.
Da derzeit für Berliner angestellte Lehrkräfte sowohl Ansprüche nach der alten als auch nach der neuen Rechtslage in Betracht kommen, möchten wir Sie nachfolgend über beide informieren.
Wenn Sie Informationen und/oder Handlungsempfehlungen zum Nachteilsausgleich nach neuer Rechtslage, d.h. für den Geltungszeitraum ab 01.01.2025 benötigen, lesen Sie bitte die Erläuterungen unter I.
Wenn Sie Informationen und/oder Handlungsempfehlungen zum Nachteilsausgleich nach alter Rechtslage, d.h. für den Geltungszeitraum vom 01.02.2023 bis zum 31.12.2024 benötigen, lesen Sie bitte die Erläuterungen unter II.
Wenn Sie sich zu beiden Zeiträumen informieren wollen, etwa weil Sie denken, sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt zu sein, lesen Sie bitte beide nachfolgenden Abschnitte I und II.
Abschließend folgt eine Auflistung der aus unserer Sicht derzeit möglichen Konstellationen mit einer knappen Handlungsempfehlung (III.). Soweit Ihre Fallkonstellation (nachfolgend Fallkonstellationen 1-9) hier erfasst ist, finden Sie also am Ende dieser Seite Hinweise zum rechtlich gebotenen Vorgehen.
I. Nachteilsausgleich nach neuer Rechtslage ab 01.01.2025
Durch die im Dezember 2024 beschlossenen Haushaltskürzungen des Berliner Senats und die Änderung des Haushaltsgesetzes 2024/2025 vom 20.12.2024 werden viele tarifangestellte Lehrkräfte hart getroffen. Denn der Nachteilsausgleich, monatlich 300€, fällt für viele Lehrkräfte ab dem 01.01.2025 ersatzlos weg.
Nach der neuen Regelung (§ 16 Absatz 3 und 4 des Haushaltsgesetzes 2024/2025) erhalten nunmehr nur noch diejenigen Lehrkräfte den Nachteilsausgleich, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- Sie sind bereits seit dem Schuljahr 2022/23 und auch aktuell noch unbefristet als Lehrkraft beim Land Berlin angestellt – und
- besitzen die volle Lehramtsbefähigung (abgeschlossenes Referendariat) – und erfüllen eine der beiden folgenden Voraussetzungen:
- a. Sie haben entweder in der Zeit vom 1. August 2022 bis 31. Juli 2025 die Altersgrenze von 52 erreicht (Fallkonstellation 1)
oder
b Sie können aus gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet werden (Fallkonstellation 2).
Auch nach der neuen Rechtslage sind weiterhin viele Fragen unklar, da der Wortlaut der Regelung hier Interpretationsspielraum gibt und Gerichte bisher hierzu nicht entschieden haben.
Insbesondere ist derzeit unklar, ob die Ablehnung der Verbeamtung wegen der fehlenden gesundheitlichen Eignung (Fallkonstellation 2) ebenfalls bis zum 31. Juli 2025 festgestellt werden muss, oder ob auch Lehrkräfte deren Verbeamtung nach diesem Zeitpunkt wegen der fehlenden gesundheitlichen Eignung abgelehnt wird, den Nachteilsausgleich erhalten können.
Weiter ist nicht klar, ob der Nachteilsausgleich nun für die neue Rechtslage erneut geltend gemacht werden muss, oder ob bereits erfolgte Geltendmachungen sich auch auf den Nachteilsausgleich nach neuer Rechtslage beziehen. Wir empfehlen unseren Mitgliedern, die auch nach neuer Rechtlage berechtigt sind, daher vorsorglich, den Nachteilsausgleich für den neuen Zeitraum ab 01.01.2025 erneut geltend zu machen, falls die erstmalige Geltendmachung zuvor erfolgt ist.
Außerdem weisen wir unsere Mitglieder darauf hin, dass die Geltendmachung des Nachteilsausgleich lediglich verhindert, dass die 6-monatige Ausschlussfrist des § 37 TV-L dazu führt, dass die Ansprüche nach 6 Monaten nicht mehr durchgesetzt werden können. Die Geltendmachung hindert allerdings nicht die Verjährung der Ansprüche nach drei Jahren. Sollten Sie also den Nachteilsausgleich geltend gemacht haben und bis zum Ablauf der Verjährungsfrist keine Zahlung des Nachteilsausgleichs erhalten, empfehlen wir Ihnen sich rechtzeitig zu informieren, ob eine gerichtliche Durchsetzung Ihres Anspruchs in Betracht kommt.
II. Nachteilsausgleich nach alter Rechtslage für den Zeitraum 01.02.2023 bis 31.12.2024
Weiterhin streitig bleiben zahlreiche Fälle aus der Zeit vor der Haushaltsgesetzesänderung. Aus unterschiedlichen Gründen zahlte der Senat den beantragten Nachteilsausgleich vielen Lehrkräften in den Jahren 2023/2024 nicht aus. Diese Fälle können und sollten ungeachtet der geänderten Rechtslage weiterhin bei der Senatsverwaltung geltend gemacht werden.
Für die Sicherung der Ansprüche ist es zunächst notwendig, dass die Erklärung zum Nachteilsausgleich und eine Eingangsbestätigung dokumentiert werden. Weitere Einzelheiten finden Sie in der u.s. Auflistung der verschiedenen Fallgruppen.
Eine Gefahr den Anspruch zu verlieren, besteht für Fälle, in denen der Anspruch in einem Musterverfahren gerichtlich bestätigt wird, nach erfolgter und nachvollziehbarer Geltendmachung zunächst nicht (31.12.2026). Sollte im Rahmen einer Fallgruppe eine Entscheidung fallen, so wäre dann entsprechend erneut zur Nachzahlung und Abrechnung aufzufordern.
Streitig ist bis heute, welche Voraussetzungen Lehrkräfte für die Berechtigung auf den Nachteilsausgleich nach alter Rechtslage vorweisen müssen und wie sie den Antrag auf den Nachteilsausgleich stellen mussten:
Voraussetzungen:
Der Senat hatte zunächst angekündigt, dass den Nachteilsausgleich ganz allgemein diejenigen Lehrkräfte erhalten sollten, die im Schuljahr 2022/2023 angestellt waren und sich nicht verbeamten lassen konnten oder wollten. Seitdem hat der Senat jedoch in vielen Fällen die Zahlung des Nachteilsausgleichs verweigert und dies für die Vielzahl der möglichen Fallkonstellationen unterschiedlich begründet. Die Vielzahl der unterschiedlichen Konstellationen umfasst neben den Erfüllern (Fallkonstellationen 1- 4) und verschiedenen Gruppen von Nichterfüllern (Fallkonstellationen 5-7) auch Lehrkräfte mit einer Ausbildung aus einem anderen Heimatland (Fallkonstellation 6), Nicht-EU-Staatsangehörige (Fallkonstellation 7), diejenigen, die ihr Staatsexamen erst während des Schuljahres 2022/2023 absolviert haben (Fallkonstellation 8) oder die im Schuljahr 2022/2023 lediglich befristet angestellten Lehrkräfte (Fallkonstellation 9).
Die GEW vertritt hier entgegen der Senatsverwaltung die Auffassung, dass grundsätzlich erst mal alle Fallkonstellationen von dem alten Nachteilsausgleichsgesetz erfasst wurden und führt hier diverse Musterverfahren, um dies klären zu lassen. Wir empfehlen hier also ganz grundsätzlich unseren Mitgliedern eine Geltendmachung des Nachteilsausgleichs.
Hinzu kommt, dass sowohl nach dem alten Nachteilsausgleichsgesetz als auch nach dem alten Haushaltsgesetz 2024/2025 die Amtszulagen (der Nachteilsausgleich ist eine Amtszulage) nur „nach Maßgabe des Haushaltsplans“ gewährt werden, was bedeutet, dass im Haushaltsplan entsprechende Stellen vorgesehen sein müssen. Für den Doppelhaushalt 2024/2025 konnten jedoch nur die knapp 2.000 Fälle berücksichtigt werden, für die ein Antrag bis zum 30.09.2023 gestellt wurde, weil nur diese Zahl bei der Beschlussfassung über den Haushalt bekannt war. Zusätzlich wurden 500 sogenannte Reservestellen geschaffen. Die Zahl der Anträge, die nicht online oder erst nach dem 30.09.2023 abgegeben wurden, übersteigt jedoch auch die Zahl dieser Reservestellen, sodass derzeit nicht klar ist, wie diese verteilt wurden und wer wann eine Auszahlung erhält.
Die GEW BERLIN führt hier derzeit zahlreiche Musterverfahren, um zu klären, in welchen Fällen eine Auszahlung zu erfolgen hat.
Antrag:
Außerdem strittig war die Frage, unter welchen formalen Voraussetzungen der Antrag auf den Nachteilsausgleich gestellt werden musste. Hier hat die Senatsverwaltung die Zahlung wiederum mit verschiedenen Begründungen verweigert, darunter, dass die spätere Verbeamtung durch die Antragssteller*innen nicht ausgeschlossen wurde, dass kein Online-Antrag (sondern etwa ein schriftlicher Antrag) gestellt wurde, oder dass die Antragssteller*innen keine Erklärung zu einem sog. Zurückzahlungsvorbehalt abgegeben haben.
Die GEW vertritt hier die Auffassung, dass die Verknüpfung eines Anspruchs auf den Nachteilsausgleich mit dem Verzicht auf die Verbeamtung durch die Personalstelle rechtswidrig ist und keine Wirkung entfaltet. Insofern ist nach unserer Auffassung auch die Forderung auf einen Dauerverzicht auf die Verbeamtung zum Zeitpunkt des Antrags auf Nachteilsausgleich ab dem 01.02.2023 rechtswidrig, erst Recht, soweit dieser rückwirkend ohne gesetzliche Grundlage gefordert wird. Auch die Erforderlichkeit, dass ein Antrag zwingend über ein Online-Portal gestellt werden muss, ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Wir empfehlen daher unseren Mitgliedern die Geltendmachung auch dann, wenn Sie keine Verzichtserklärung abgeben und/oder den Antrag nicht online, sondern schriftlich gestellt haben.
III. Handlungsempfehlungen zu den verschiedenen Fallkonstellationen
Fallkonstellationen:
1. Sie besitzen die volle Lehramtsbefähigung und sind bereits seit dem Schuljahr 2022/23 unbefristet als Lehrkraft beim Land Berlin angestellt und haben in der Zeit vom 01.08.2022 bis 31.07.2025 die Altersgrenze von 52 Jahren erreicht oder werden sie erreichen. Sie sind nach alter und neuer Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt. Wir empfehlen Ihnen daher die Geltendmachung sowohl für den Zeitraum ab Antragsstellung bis 31.12.2024 als auch für den Zeitraum ab 01.01.2025.
Soweit Sie bereits vor dem 31.12.2024 geltend gemacht haben, empfehlen wir vorsorglich die erneute Geltendmachung für den Zeitraum ab 01.01.2025.
2. Sie besitzen die volle Lehramtsbefähigung und sind bereits seit dem Schuljahr 2022/23 unbefristet als Lehrkraft beim Land Berlin angestellt und wurden aus gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet. Sie sind nach alter und neuer Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt. Wir empfehlen Ihnen daher die Geltendmachung. Soweit Sie bereits vor dem 31.12.2024 geltend gemacht haben, empfehlen wir vorsorglich die erneute Geltendmachung für den Zeitraum ab 01.01.2025.
Hinweis: Sollten Sie zu dieser zweiten Fallgruppe gehören, bitten wir Sie zu beachten, dass nach neuer Rechtslage eine Zahlung des Nachteilsausgleichs trotz der erneuten Geltendmachung im Jahr 2025 nur durchsetzbar sein wird, soweit Ihre Verbeamtung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt wird. Sollte Ihnen im laufenden Verfahren die Verbeamtung angeboten werden und Sie diese ablehnen, sind Sie ab dem Jahr 2025 trotz Ihrer erneuten Geltendmachung nicht mehr berechtigt, den Nachteilsausgleich zu erhalten. Sollte Ihre Verbeamtung erst nach dem 31.07.2025 aus gesundheitliche Gründen abgelehnt werden, ist derzeit unklar, ob Sie für den Nachteilsausgleich ab 01.01.2025 berechtigt sind. Auch hier empfehlen wir jedoch vorsorglich die erneute Geltendmachung für 2025.
3. Wenn Sie eine volle Lehrbefähigung haben und aktuell einen Antrag auf Verbeamtung gestellt haben/stellen wollen, sind Sie nach unserer Auffassung für den Nachteilsausgleich nach alter Rechtslage berechtigt. Dokumentieren Sie Ihre schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches.
4. Wenn Sie eine volle Lehrbefähigung haben und Ihr Antrag auf Verbeamtung vor dem 31.12.2024 aus anderen Gründen als denen in Fallgruppe 1 und 2 abgelehnt wurde, müssten Sie nach alter Rechtslage, also für den Zeitraum bis 31.12.2024 berechtigt sein. Dokumentieren Sie in dem Fall Ihre unverzügliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches. Für den Zeitraum ab 01.01.2025 sind Sie nach neuer Rechtslage nicht berechtigt.
5. Wenn Sie keine volle Lehrbefähigung haben, sind Sie nach neuer Rechtslage ab 01.01.2025 nicht mehr für den Nachteilsausgleich berechtigt, möglicherweise aber nach alter Rechtslage. Dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches für den Zeitraum bis 31.12.2024. Hier laufen Musterverfahren.
6. Wenn Sie keine volle Anerkennung Ihrer ausländischen Lehramtsqualifikation haben, sind Sie allenfalls nach alter Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt. Dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches für den Zeitraum bis 31.12.2024.
7. Wenn Sie keine EU-Staatsangehörigkeit bzw. keine andere Staatsangehörigkeit haben, die eine Verbeamtung möglich macht, ist derzeit unklar, ob Sie nach alter und/oder neuer Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt. Dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung auf Zahlung des Nachteilsausgleichen für den Zeitraum bis 31.12.2024 und geben Sie, falls das technisch möglich ist, online die Erklärung ab, dass Sie nicht verbeamtet werden wollen. Hier laufen derzeit Musterverfahren.
8. Wenn Sie erst später die volle Lehrbefähigung erworben haben, dokumentieren Sie Ihre schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches für den Zeitraum vor dem Erwerb der vollen Lehrbefähigung. Nach Bestehen der Staatsprüfung machen Sie Ihren Anspruch auf Zahlung des Nachteilsausgleiches erneut geltend. Sofern Sie nicht verbeamtet werden wollen, sollten Sie dies außerdem erklären – online, wenn es technisch möglich ist, ansonsten schriftlich. Sorgen Sie auch hier für Nachweise des Eingangs. Wir führen hier ebenfalls Musterverfahren.
Sofern Sie den Nachteilsausgleich nach Bestehen der Staatsprüfung aber vor dem 01.01.2025 geltend gemacht haben, empfehlen wir Ihnen den Nachteilsausgleich auch für das Jahr 2025 wegen der veränderten Rechtslage vorsorglich erneut geltend zu machen. Wir weisen aber darauf hin, dass ein Anspruch für den Zeitraum ab 01.01.2025 nur besteht, wenn keine Verbeamtung mehr möglich ist.
9. Wenn Sie keinen unbefristeten Arbeitsvertrag seit dem Schuljahr 2022/2023 haben, sind Sie allenfalls nach alter Rechtslage für den Nachteilsausgleich berechtigt. Dokumentieren Sie die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches für den Zeitraum bis 31.12.2024. Hier laufen Musterverfahren.
Bei Fragen wenden Sie sich an unsere Kolleg*innen in der Beratung.