Service
Nachteilsausgleich für tarifbeschäftigte Lehrkräfte
Die Rechtsschutzstelle der GEW BERLIN erhält nach wie vor zahlreiche Anfragen von Mitgliedern zum Thema Nachteilsausgleich. Das ist der aktuellste Stand und unsere Empfehlungen.
Mit dem dritten Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2024/2025 vom 20.12.2024 ist ab dem 01.01.2025 der Nachteilsausgleich für Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden wollen, mit wenigen Ausnahmen entfallen. Die gesetzliche Regelung sieht die Zahlung des Nachteilsausgleichs nur noch für zwei Ausnahmegruppen vor. Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes lautet
„§ 16 Absatz 3 und 4 [des Haushaltsgesetzes 2024/2025] wird wie folgt gefasst:
‚(3) Die im Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für Berlin vorgesehenen Amtszulagen nach Maßgabe des Haushaltsplans nach Anlage IX und die im Landesbesoldungsgesetz vorgesehenen Amtszulagen nach Maßgabe des Haushaltsplans nach Anlage II erhalten Lehrkräfte gemäß § 1 Absatz 2 des Lehrkräfteverbeamtungsgesetzes, die in dem Zeitraum vom Beginn des Schuljahres 2022/2023 bis zum Ende des Schuljahres 2024/2025 die Höchstaltersgrenze für eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis gemäß § 2 des Lehrkräfteverbeamtungsgesetzes überschritten haben. Dies gilt auch für Lehrkräfte gemäß § 1 Absatz 2 des Lehrkräfteverbeamtungsgesetzes, die aus gesundheitlichen Gründen nicht verbeamtet werden können. […]‘„“
Es haben sich in der Frage der Gewährung des Nachteilsausgleichs diverse Einzelfallprobleme gebildet, die unterschiedliche rechtliche Beurteilungen zulassen und dazu führen, dass eine recht große Anzahl an unabhängigen Fallgruppen gebildet werden musste, welche nunmehr jeweils gerichtlich entschieden werden müssen.
Dazu gehört die Frage, welche Lehrkräfte von dem Nachteilsausgleich profitieren können sollen (Erfüller; die verschiedenen Gruppen der Nichterfüller; die Lehrkräfte mit einer Ausbildung aus einem anderen Heimatland; Nicht-EU-Staatsangehörige; diejenigen, die ihr Staatsexamen während oder nach dem Schuljahr 2022/2023 absolvierten; die im Schuljahr 2022/2023 keinen unbefristeten Arbeitsvertrag hatten) und/oder unter welchen formalen Voraussetzungen der Antrag auf den Nachteilsausgleich wirksam ist (kein Ausschluss der späteren Verbeamtung; kein Online-Antrag; keine Erklärung zum Zurückzahlungsvorbehalt). Dazu sind ungeklärt, wann die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen in ausreichendem Maße vorliegen werden, wie die 500 Reservestellen verteilt werden, wie das Verfahren im Falle der gesundheitlichen Nichteignung für die Verbeamtung ist.
Die Senatsbildungsverwaltung hat sich festgelegt:
Sowohl nach dem Nachteilsausgleichsgesetz als auch nach dem Haushaltsgesetz 2024/2025 werden die Amtszulagen (der Nachteilsausgleich ist eine Amtszulage) nur „nach Maßgabe des Haushaltsplans“ gewährt, was bedeutet, dass im Haushaltsplan entsprechende Stellen vorgesehen sein müssen. Für den Doppelhaushalt 2024/2025 konnten jedoch nur die knapp 2.000 Fälle berücksichtigt werden, für die ein Antrag bis zum 30.09.2023 gestellt wurde, weil nur diese Zahl bei der Beschlussfassung über den Haushalt bekannt war. Für Anträge, die nicht online oder erst nach dem 30.09.2023 abgegeben wurden ist unklar, ob bzw. ab wann eine Auszahlung erfolgt.
Was die Einzelfälle im Rahmen des Nachteilsausgleichs angeht, gibt es bisher leider keine weiteren Erkenntnisse. So auch nicht, was die Verteilung der 500 Reservestellen angeht.
Die GEW BERLIN vertritt die Auffassung:
Erst seit Dezember 2023 gibt es die die Regelung in § 16 Abs. 3 Haushaltsgesetz 2024/2025, die lautet:
„(3) Die im Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für Berlin vorgesehenen Amtszulagen nach Maßgabe des Haushaltsplans nach Anlage IX und die im Landesbesoldungsgesetz vorgesehenen Amtszulagen nach Maßgabe des Haushaltsplans nach Anlage II werden für Lehrkräfte, die im Schuljahr 2022/2023 unbefristet und ungekündigt im öffentlichen Schuldienst des Landes Berlin beschäftigt waren und die bis zum 30. September 2023 gegenüber der für Bildung zuständigen Senatsverwaltung erklärt haben, dass sie nicht verbeamtet werden wollen, rückwirkend ab 1. Februar 2023 gezahlt, soweit die stellenplanmäßigen und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Lehrkräften, die ab dem 30. September 2023 gegenüber der für Bildung zuständigen Senatsverwaltung erklären, dass sie nicht verbeamtet werden wollen, werden diese Amtszulagen ab dem Monatsersten nach dem Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung gezahlt.“
Wir gehen davon aus, dass die Verknüpfung eines Anspruchs auf den Nachteilsausgleich mit dem Verzicht auf die Verbeamtung durch die Personalstelle rechtswidrig ist und keine Wirkung entfaltet. Diese Rechtsauffassung ergibt sich bereits aus dem Gesetz selbst, wonach in Absatz 4 festgestellt wird:
„(4) Entscheidet die Lehrkraft sich zu einem späteren Zeitpunkt, nachdem ihr die als Nachteilsausgleich gewährten monatlichen Amtszulagen bereits mindestens einmal gezahlt wurden, für eine Verbeamtung, ist die Lehrkraft verpflichtet, die in den letzten drei Monaten vor der Verbeamtung an sie als Nachteilsausgleich gewährten Amtszulagen an den Arbeitgeber zurückzuzahlen.“
Der Gesetzgeber geht also davon aus, dass die Lehrkräfte an eine Erklärung, dass sie nicht verbeamtet werden wollen, nicht gebunden sind.
Insofern ist die Forderung auf einen Dauerverzicht auf die Verbeamtung zum Zeitpunkt des Antrags auf Nachteilsausgleich ab dem 01.02.2023 rechtswidrig, erst Recht, soweit dieser rückwirkend ohne gesetzliche Grundlage gefordert wird. Auch die Erforderlichkeit, dass ein Antrag zwingend über ein Online-Portal gestellt werden muss, ergibt sich nicht aus dem Gesetz.
Aus diesen Gründen haben wir im vergangenen Jahr über die verschiedensten Wege versucht, eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Auch wenn es hin und wieder Rückmeldungen von der Senatsbildungsverwaltung gab, die eine Klärung in unserem Sinne vermuten ließen, scheint das derzeit nicht mehr möglich zu sein.
Somit bleibt nur eine gerichtliche Klärung bzw. das Abwarten der Entscheidungen zu den einzelnen Fallgruppen.
Für die Sicherung der Ansprüche ist es zunächst notwendig, dass die Erklärung zum Nachteilsausgleich und eine Eingangsbestätigung dokumentiert werden.
Im Rahmen einer Sachstandsanfrage bestätigt die Senatsverwaltung derzeit regelmäßig den Eingang des Antrags und weist auf aus deren Sicht bestehende Mängel sowie deren Rechtsansicht hin. Eine solche Antwort sieht z. B. wie folgt aus (Auszug):
„Die Frage ob und ab wann der Nachteilsausgleich Ihrer Mandantin ausgezahlt werden kann, lässt sich momentan nicht beantworten. Sowohl nach dem Nachteilsausgleichsgesetz als auch nach dem Haushaltsgesetz 2024/2025 werden die Amtszulagen (der Nachteilsausgleich ist eine Amtszulage) nur „nach Maßgabe des Haushaltsplans“ gewährt, was bedeutet, dass im Haushaltsplan entsprechende Stellen vorgesehen sein müssen. Für den Doppelhaushalt 2024/2025 konnten jedoch nur die knapp 2.000 Fälle berücksichtigt werden, für die ein Antrag bis zum 30.09.2023 gestellt wurde, weil nur diese Zahl bei der Beschlussfassung über den Haushalt bekannt war. Es wurden zwar zusätzlich 500 Reservestellen eingeplant, aber es ist aktuell völlig unklar, ob diese Stellen ausreichen und entsprechend genutzt werden können, weil immer noch neue Anträge eingehen. Unter Umständen ist es für die Zahlbarmachung notwendig, im Abgeordnetenhaus einen Nachtragshaushalt zu beschließen; möglicherweise müssten Sie sogar warten, bis der nächste Doppelhaushalt 2026/2027 beschlossen wird.“
Eine andere Antwort lautete (Auszug):
„… haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Leider kann ich Ihrer Mail nicht entnehmen, in welcher Form und wann genau Sie den Nachteilsausgleich beantragt haben. Grundsätzlich gab es vier Möglichkeiten, die zu einer unterschiedlichen Bearbeitung führen.
Sie haben ausschließlich die Textvorlage der GEW für eine sogenannte „Geltendmachung“ verwendet.
Sie haben einen online-Antrag vor dem 30.09.2023 eingereicht.
Sie haben einen online-Antrag nach dem 30.09.2023 eingereicht.
Sie haben einen Papierantrag eingereicht, in dem Sie zusätzlich Ihren Verzicht auf die Verbeamtung erklärt haben.
Bisher erhalten nur die Lehrkräfte den Nachteilsausgleich, die im September 2023 mindestens 52 Jahre alt waren und keinen Antrag stellen mussten sowie die Lehrkräfte, die einen online-Antrag bis zum 30.09.2023 (Fall 2) gestellt haben. In den Fällen 1, 3 und 4 kann zurzeit noch nicht gesagt werden, ob – und wenn ja, wann – der Nachteilsausgleich für Sie ausgezahlt wird. Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist es rechtlich bisher umstritten, ob die auf Grundlage eines Formularvorschlags der GEW eingereichte „Geltendmachung“ (Fall 1) überhaupt die Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Antrag erfüllt, da es laut § 16 Abs. 3 des Haushaltsgesetzes 2025/2026 (Wortlaut s.u.) zwingend notwendig ist, auf die Verbeamtung zu verzichten, wenn man den Nachteilsausgleich erhalten will. Eine entsprechende Erklärung zum Verzicht auf die Verbeamtung enthält die „Geltendmachung“ jedoch nicht. (…)
Das verbindliche Verfahren für die Beantragung des Nachteilsausgleichs wurde den Schulen in einem Schreiben der Senatorin vom 04.09.2023 und den betroffenen Lehrkräften in einem weiteren Schreiben vom 08.09.2023 mitgeteilt. Wenn Sie entsprechend dieser Schreiben den Nachteilsausgleich bis zum 30.09.2023 online über das Portal service.berlin.de/dienstleistung/331409 beantragt hätten, würden Sie den Nachteilsausgleich bereits seit dem 30.06.2024 erhalten. (…)
Ich bedauere sehr, Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine günstigere Antwort geben zu können. Eine endgültige Entscheidung auch im Hinblick auf Lehrkräfte, die ausschließlich eine „Geltendmachung“ der GEW eingereicht haben, wird wahrscheinlich nach den Sommerferien erfolgen.“
Die GEW BERLIN empfiehlt daher Erklärung zum Nachteilsausgleich entsprechend festzuhalten und die Eingangsbestätigung zu speichern. Außerdem ist es erforderlich, eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches an die Personalstelle zu senden und für einen Nachweis des Eingangs zu sorgen. Anderenfalls verfallen die Zahlungsansprüche grundsätzlich sechs Monate nach Fälligkeit. Auf der Webseite der GEW werden wir Entwicklungen zeitnah darstellen und mitteilen, wann weitere Schritte sinnvoll sind.
Eine Gefahr den Anspruch zu verlieren, besteht für die Fälle, in denen der Anspruch gerichtlich bestätigt wird, nach erfolgter und nachvollziehbarer Geltendmachung zunächst nicht (31.12.2026). Sollte im Rahmen einer Fallgruppe eine Entscheidung fallen, so wäre dann entsprechend erneut zur Nachzahlung und Abrechnung aufzufordern.
Leider ist die rechtliche Situation von Fall zu Fall anders. Deshalb gibt die GEW BERLIN unterschiedliche Empfehlungen:
Wenn Sie eine volle Lehrbefähigung haben und aktuell einen Antrag auf Verbeamtung gestellt haben/stellen wollen, dokumentieren Sie Ihre schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches. Hier laufen Musterverfahren.
Wenn Sie eine volle Lehrbefähigung haben und Ihr Antrag auf Verbeamtung abgelehnt wurde, müsste die Senatsverwaltung einen Anspruch laut ihren eigenen Aussagen anerkennen-. Dokumentieren Sie in dem Fall Ihre unverzügliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches. Es wird gerichtlich geklärt werden müssen, ab welchem Zeitpunkt der Nachteilsausgleich gezahlt wird.
Wenn Sie keine volle Lehrbefähigung haben, dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches. Hier laufen Musterverfahren.
Wenn Sie keine volle Anerkennung Ihrer ausländischen Lehramtsqualifikation haben, dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches.
Wenn Sie keine EU-Staatsangehörigkeit bzw. keine andere Staatsangehörigkeit haben, die eine Verbeamtung möglich macht, dokumentieren Sie Ihre Geltendmachung auf Zahlung des Nachteilsausgleichen und geben Sie, falls das technisch möglich ist, online die Erklärung ab, dass Sie nicht verbeamtet werden wollen. Hier laufen noch keine Musterverfahren, melden Sie sich gerne hier.
Wenn Sie keinen unbefristeten Arbeitsvertrag seit dem Schuljahr 2022/2023 haben, dokumentieren Sie die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches. Hier laufen Musterverfahren.
Wenn Sie erst später die volle Lehrbefähigung erworben haben, dokumentieren Sie Ihre schriftliche Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung des Nachteilsausgleiches für den Zeitraum vor dem Erwerb der vollen Lehrbefähigung. Nach Bestehen der Staatsprüfung machen Sie Ihren Anspruch auf Zahlung des Nachteilsausgleiches erneut geltend. Sofern Sie nicht verbeamtet werden wollen, sollten Sie dies außerdem erklären – online, wenn es technisch möglich ist, ansonsten schriftlich. Sorgen Sie auch hier für Nachweise des Eingangs.
Bei Fragen wenden Sie sich an unsere Kolleg*innen in der Beratung.