Zum Inhalt springen

Recht & Tarif

Der Ganztag in der Krise

Bei einer Veranstaltung des Bündnisses »Qualität im Ganztag« gelobten Vertreter*innen der Politik Besserung.

Foto: Christian von Polentz

Alle Kinder haben ein Recht auf ganztägige Bildung, Erziehung und Betreuung. Und sie haben ein Recht auf eine gute Schule. Berlin begegnet diesem Recht seit dem Schuljahr 2005/2006 mit der Ganztagsschule, in offener und gebundener Form. Die Grundschulreform vor zwölf Jahren war richtig und wichtig. Sie hat den Ganztag strukturell und flächendeckend verankert, jedoch wurde er inhaltlich seither nicht weiterentwickelt.

Ganztag bedeutet für viele Kinder heute leider immer noch: vormittags Schule, nachmittags Hortbetreuung. Von einem rhythmisierten Schultag, wo sich Lernen und Erholung, informelles und formelles Lernen abwechseln, ist nicht viel zu spüren. Zusätzlich leiden die Schulen unter einem chronischen personellen und räumlichen Mangel. Sozialpädagogische Angebote geraten so immer mehr in den Hintergrund. Der Ganztag steckt in der Krise. 

Seit drei Jahren gibt es daher das Bündnis »Qualität im Ganztag«. Bündnispartner*innen sind neben der GEW BERLIN die Arbeiterwohlfahrt (LV Berlin), der DaKS (Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden), das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg, der Grundschulverband (Landesgruppe Berlin), der Landeselternausschuss und der Paritätische Wohlfahrtsverband (LV Berlin). Die Bündnispartner*innen haben sich zusammengeschlossen, um dem Stillstand bei der Entwicklung des Ganztagskonzepts entgegenzuwirken und auf die Missstände aufmerksam zu machen. Einen Schritt voran ging es am 18. September. Zu der Veranstaltung »Spätmodul Ganztag. Qualität sichern« setzten sich Vertreter*innen des Bündnisses zusammen mit politischen Vertreter*innen aus Bezirks- und Senatsverwaltungsebene. 

Gökhan Akgün, Erzieher an der Lenau-Grundschule, fasste zu Beginn die Realität des Ganztags zusammen: »Es geht nur darum den Tag zu retten, irgendwie.« Erzieher*innen müssten den ausfallenden Unterricht von Lehrer*innen kompensieren, die Zeit für Teambesprechungen könne sich niemand nehmen. Regina Maier, Schulleiterin der Heide-Grundschule, ergänzte: »Aufgrund der räumlichen Kapazitäten findet teilweise Kleingruppenunterricht auf Fluren statt – wir versuchen die Situation kreativ zu lösen.« 

Politik gesteht Fehler ein

Torsten Kühne, Bezirksstadtrat für Schule, Sport, Facility Management und Gesundheit in Pankow, gestand Fehler in der Schulbauplanung ein. Allein in Pankow fehlen in diesem Jahr drei komplette Grundschulen. Es gibt ganze Schüler*innengenerationen, die Grundschule nur in Containern kennengelernt haben. Die Ausnahme wird auf einmal zur Regel. Thomas Duveneck von der Senatsbildungsverwaltung sieht neben dem Fachkräftemangel, der sich in den Ganztagsgrundschulen besonders deutlich zeigt, auch die fehlende Einbindung der Eltern als Problem. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Maja Lasic, sicherte zu, es werde innerhalb des nächsten halben Jahres eine bessere und gerechte Bezahlung geben.

Auf der Suche nach Lösungen betonte Ludger Pesch, Mitautor des Berliner Bildungsprogramms für die Ganztagsschule und Direktor vom Pestalozzi-Fröbel-Haus, dass es im Ganztag um das Wohlbefinden der Schüler*innen gehe. »Wir brauchen einen Ganztag, der demokratische Werte nicht nur lehrt, sondern auch erleben lässt.« Notwendige Freiräume und eine aktive Mitgestaltung des Schultages ließen sich auf Grund der schlechten Rahmenbedingungen jedoch nicht umsetzen.
 

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46