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Gewerkschaft

Drei Frauen vorn dabei

Parallel zu den Personalratswahlen werden im Schul- und Kitabereich die Frauenvertreterinnen neu gewählt. Die bbz hat sich mit dreien von ihnen über ihre Arbeit unterhalten.

Foto: GEW BERLIN
Foto: Fotostudio Charlottenburg - Leonore Darmer

Name: Leonore Darmer (*1953), Beruf: Erzieherin, Region: Pankow, im Amt seit: 1995, in der GEW seit: 1991 (bzw. 1973)

Schön, dass ihr da seid. Liebe Leonore, ich spiel dir mal als erste den ersten Ball zu. Wie bist du dazu gekommen, 1995 als Frau­envertreterin in Pankow zu kandidieren?

Leonore: Das war noch Prenzlauer Berg, noch vor der Fusion der Bezirke. Wir hatten für ein halbes Jahr keine Frauenvertreterin. Zu dieser Zeit wusste ich noch gar nicht, dass es das Amt gibt. Ich war aber in der GEW und da hat mich Dieter Haase angesprochen, ob das nicht etwas für mich wäre. Ich hatte aber etwas Angst, weil ich eine Teamplayerin bin und als Frauenvertreterin ist man viel alleine. Aber die Herausforderung hat mich gereizt und deshalb habe ich mich dann gemeldet.

Du warst zu der Zeit eigentlich noch im Hort.

Leonore: Ja. Ich bin eigentlich eine sogenannte LuKerin. Das sind Lehrer*innen für untere Klassen, die in der DDR an einer Fachschule ausgebildet wurden. Ich habe aber nicht als Lehrerin gearbeitet. Nach meinem dritten Kind gab es zu viele Lehrer*innen und deshalb bin ich in den Hort gekommen und dort auch geblieben.

Du bist die GEW-Frauenvertreterin, die am längsten im Amt ist. Wie hat sich die Tätigkeit im Laufe der 25 Jahre verändert?

Leonore: Die große Veränderung für uns alle war die Bezirksfusion. Wir waren vorher drei Bezirke und drei Frauenvertreterinnen, also Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee, und dann war ich plötzlich alleine zuständig, habe die Arbeit von dreien gemacht. Das war ein enormer Einschnitt.

Und wie war das am Anfang mit den Kolleginnen aus den Westbezirken?

Leonore: Ja, die Sichtweisen waren ganz verschieden. Also ich weiß noch wie eine Kollegin immerzu betonte: Ich bin damals auf die Straße gegangen. Ich habe abgetrieben. Das waren Dinge, die haben uns als Ostfrauen überhaupt nicht interessiert. Die andere Geschichte war, dass ich beziehungsweise wir Ostfrauen im Arbeitskreis oft das Gefühl hatten, unsere Schwestern haben alle Rhetorikkurse besucht und dass sie furchtbar gerne und viel reden. Da hätten wir Zeit sparen können. Das waren aber keine echten Probleme.

Was waren die Höhepunkte für dich, wenn du auf deine Amtszeit zurückschaust?

Leonore: Viele Frauenvertreterinnen verstehen ihre Arbeit als politisch, das ist bei mir gar nicht so. Bei mir stand immer der soziale Aspekt an erster Stelle. Wenn zum Beispiel Frauen zu mir kommen, die von ihren Schulleitungen ungerecht behandelt werden, stehe ich diesen Frauen zur Seite. Und wenn ich nichts gegen die Schulleitung machen kann, will ich wenigstens die Kollegin aufbauen. Natürlich muss ich auch die bürokratischen Aufgaben erledigen, das ist klar. Aber ich habe meine Handynummer sehr oft weitergegeben und es gab auch am Wochenende die eine oder andere Beratung.

Foto: Fotostudio Charlottenburg - Elke Gabriel

Name: Elke Gabriel (*1963), Beruf: Lehrerin, Region: Tempelhof-Schöneberg, im Amt seit: 2008, in der GEW seit: 1995

Elke, nach zwölf Jahren in Tempelhof-­Schöne­berg kandidierst du als Gesamtfrauenvertreterin (GFV) für die allgemeinbildenden Schulen. Was reizt dich an dem Amt?

Elke: Für mich ist das ein absolut politisches Amt. Wir sind bei den Vorgaben der Behörde beteiligt, also bei Rundschreiben beispielsweise. Und wir wollen Netzwerk­arbeit zum Beispiel mit Parteien und der GEW betreiben, um gemeinsam die großen Themen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Arbeitsbelastung und Frauen in Beförderungsämtern voranzutreiben. In fast allen Regionen gibt es da ein ungleiches Verhältnis: Jeder siebte Mann hat eine Funktionsstelle inne, aber nur jede dreizehnte Frau. Auch bei Elternzeit oder Teilzeitarbeit gibt es weiter ein großes Ungleichgewicht. Friederike Peiser, die als stellvertretende GFV kandidiert, und ich wollen an der Stelle die engagierte Arbeit von Sigrun Döring fortführen.

Habt ihr schon ein Thema, das ihr als erstes angehen wollt?

Elke: Ja, es ist ein Vorhaben, das Sigrun bei Frau Scheeres bereits angesprochen hat. Aufgrund des Generationswechsels bekommen viel mehr unserer Beschäftigten Kinder. Früher gab es in Tempelhof-Schöneberg ein, zwei, drei Schwangerschaften pro Schuljahr – jetzt sind es 120. Das heißt, wir Frauenvertreterinnen beraten enorm viele Frauen individuell zu Schwangerschaft, Elternzeit, Elterngeld. Die GFV hat der Behörde vorgeschlagen, einen Infopoint einzurichten, wo sich die Kolleginnen beraten lassen können. Ein anderes Projekt wäre, dass immer noch zu wenig Fortbildungen für Frauen angeboten werden, die Funktions- oder Leitungsstellen übernehmen wollen. Da wird immer ans Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) verwiesen.

Eine Lücke, die du seit Jahren über eigene Seminare im GEW-Seminarprogramm füllst.

Elke: Genau, aber letztlich ist die Behörde in der Verantwortung. Wichtig ist an der Stelle auch die Netzwerkarbeit. In Tempelhof-Schöneberg habe ich 2010 mit der Schulaufsicht ein Netzwerk für Frauen in Leitungspositionen beziehungsweise Funktionsstellen gegründet. Das Netzwerk ist jetzt zehn Jahre aktiv, stark gewachsen und arbeitet mit Erfolg. Als ich Frauenvertreterin wurde, gab es an keinem der Gymnasien in der Region eine Schulleiterin, mittlerweile sind es fünf von neun.

Foto: Fotostudio Charlottenburg - Ilona Fürstenberg

Name: Ilona Fürstenberg (*1964), Beruf: Erzieherin, Region: Eigenbetrieb Nord-Ost, im Amt seit: 2019, in der GEW seit: 2012

Ilona, vor ziemlich genau einem Jahr wurdest du zur Frauenvertreterin im Kita-Eigenbetrieb NordOst gewählt. Wie ist es dir seitdem ergangen?

Ilona: Ich habe sehr viel gelernt in diesem Jahr und die Zeit vergeht wie im Flug. Ich habe nicht gewusst, wie viel Arbeit in diesem Amt steckt. Wirklich jeder Tag ist voll. Das Tagesgeschäft alleine ist so viel, man kommt überhaupt nicht dazu, ein eigenes Projekt zu starten. Das ist aber mein Ziel für die nächsten vier Jahre.

Das heißt, du willst unbedingt weitermachen?

Ilona: Ja, ich würde mich sehr freuen, wenn ich wiedergewählt werde. Wir haben noch genug Baustellen, an die ich ran will. Das Recht auf Fortbildung, zum Beispiel ein Studium unabhängig davon, in welcher Kita man arbeitet, das wäre eine große Sache. Bei uns herrscht noch immer überall Personalmangel, es gibt einfach nicht genug Erzieher*innen. Deshalb ist es abhängig davon, in welcher Einrichtung du arbeitest, ob du raus kannst aus deiner Kita, um dich weiter zu qualifizieren, oder nicht.

Was treibt dich sonst um?

Ilona: Bei uns arbeiten ja fast nur Frauen und nur ein paar Prozent Männer. Man muss seine Arbeit als Frauenvertretung deshalb immer wieder rechtfertigen und erklären, warum es keinen Männerbeauftragten gibt.

Elke: Das kenne ich auch. Da beschwert sich der Schulleiter einer Grundschule – der Stellvertreter ist ebenfalls ein Mann –, dass niemand die Männer vertritt. Da sind 90 Prozent Frauen in der Schule tätig und die beiden Männer haben die beiden Funktionsstellen. Das ist strukturelle Diskriminierung oder zumindest Ungleichheit und sie reden von Männervertretern.

Ilona: Trotzdem oder gerade darum mache ich die Arbeit sehr gerne. Vor allem der direkte Kontakt zu den Kolleginnen ist mir nach wie vor sehr wichtig. Von der GEW würde ich mir dabei mehr Unterstützung wünschen, ein stärkeres Netzwerk, denn im Kita-Bereich bin ich bisher die einzige GEW-Frauenvertreterin.

Damit spricht du das Verhältnis zwischen Frauenvertreterinnen und Gewerkschaft an. Welche Rolle spielt die GEW für eure Tätigkeit als Frauenvertreterin?

Elke: Ich bin überzeugte Gewerkschafterin und es ist mir ein großes Anliegen, immer wieder den feministischen Blick in die Gewerkschaft einzubringen. Aber ich würde mir an der Stelle mehr Herzblut wünschen – von der Gewerkschaftsspitze und von den Mitgliedern.

Leonore: Ich erlebe zum Beispiel seit 25 Jahren immer wieder auf der LDV, dass es so ein Raunen gibt, wenn eine Frauenvertreterin ans Mikrofon geht. Damit habe ich nach wie vor ein Problem.

Ilona: Also wie schon gesagt, ich wünsche mir mehr Unterstützung von der GEW, zum Beispiel durch mehr Fortbildungen und ein Netzwerk auch für uns aus dem Kita-Bereich.

Elke: Mir fehlen Themen wie Vereinbarkeit. Das ist bei Frauenversammlungen immer das Hauptthema und ich würde mir wünschen, dass Personalrät*innen das auch mal auf einer Personalversammlung auf die Tagesordnung setzen oder die GEW es zum Jahresthema macht. Vereinbarkeit ist nicht nur so ein Nebenschauplatz.    

FRAUENVERTRETERINNEN

Die Frauenvertreterinnen (FV) vertreten die Interessen der weiblichen Beschäftigten gegenüber der Schul- oder Kitaleitung und der Dienststellenleitung. Insbesondere achten sie darauf, dass die in Landesgleichstellungsgesetz und Frauenförderplan enthaltenen Vorgaben zur Gleichstellung von Frauen und Männern eingehalten werden. Sie sind an allen sozialen, organisatorischen und personellen Maßnahmen wie Einstellungen oder der Auswahl von Führungspersonal beteiligt und überprüfen, ob Beanstandungsgründe vorliegen. Die Gesamtfrauenvertreterin der allgemeinbildenden Schulen (GFV) ist für alle Belange zuständig, die die Gleichstellung von Frauen und Männern betreffen und Auswirkungen nicht nur auf die Beschäftigten einer einzelnen Region haben.