Zum Inhalt springen

bbz 04-05 / 2016

Eure Fragen – unsere Antworten

Erläuterungen zum Arbeitskampf der GEW BERLIN für eine tarifliche Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte.

Berlin, 17.03.2016 GEW-Streik für die die gleiche Bezahlung von angestellten Lehrkräften auf dem Potsdamer Platz.

Warum streiken die angestellten Lehrkräfte in Berlin?

Die GEW BERLIN fordert seit Jahren tarifvertragliche Eingruppierungsregelungen für angestellte Lehrkräfte. Im März 2015 sind die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) zu einer Entgeltordnung für angestellte Lehrkräfte zum wiederholten Male gescheitert. Bis heute entscheiden die Arbeitgeber deshalb allein über die Eingruppierung und damit über die Höhe der Gehälter der angestellten Lehrkräfte. Das soll nach ihrem Willen auch in Zukunft so bleiben. Zudem wollen die Arbeitgeber derzeit auch Verschlechterungen, die sie mit dem Deutschen Beamtenbund vereinbart haben, auf alle Lehrkräfte anwenden. Der Beamtenbund vertritt nur einen Bruchteil der angestellten Lehrkräfte in Berlin. Dennoch soll die mit ihm getroffene Vereinbarung allen aufgezwungen werden. Das lassen wir uns nicht gefallen.

Trägt die GEW ihre Auseinandersetzung mit dem Land Berlin auf dem Rücken der SchülerInnen aus?

Der Senat hat es in der Hand, Streiks zu verhindern. Er muss der GEW BERLIN nur ein ernsthaftes Angebot zu Tarifverhandlungen machen. Dann sind Streiks sofort vom Tisch. Es ist an keiner Stelle die Absicht der GEW BERLIN, Prüfungen zu bestreiken. Darüber hinaus ist es auch im Interesse von SchülerInnen und Eltern, dass Lehrkräfte in Berlin fair bezahlt werden – denn andernfalls wird es immer schwerer werden, ausreichend Kolleginnen und Kollegen für die Schulen in Berlin zu gewinnen.

Der Finanzsenator sagt, er könne gar nicht mit der GEW verhandeln, da Berlin ohne Zustimmung der TdL nichts beschließen dürfe. Stimmt das?

Das Land Berlin ist kein »Opfer« oder »Vasall« der TdL, sondern deren aktives Mitglied und als solches hat es bisher nichts getan, um eine für die GEW BERLIN akzeptable Entgeltordnung zu schaffen. Im Gegenteil: Aus der Senatsverwaltung für Finanzen kamen spezielle Formulierungen zur Verschlechterung der Eingruppierung für bestimmte Berliner Lehrkräfte, welche auch zum Scheitern der Tarifverhandlungen der GEW mit der TdL im März 2015 führten. Dessen ungeachtet gibt es bereits heute eine Reihe abweichender Regelungen zum TV-L für einzelne Bundesländer. Das Land Berlin gewährt zum Beispiel bis ins Jahr 2017 neu eingestellten Lehrkräften in den ersten zehn Jahren ihrer Beschäftigung eine übertarifliche Zulage, mit Zustimmung der TdL. Das alles zeigt, dass länderspezifische Lösungen im Rahmen der TdL durchaus möglich sind. Die Satzung der TdL fordert lediglich die Zustimmung der TdL zu Tarifverhandlungen (§ 7 Abs. 3). Die Mitgliederversammlung der TdL muss also nur ihren Beschluss revidieren. Kurz gesagt: Wo ein politischer Wille ist, ist auch ein Weg.

Bekommen die angestellten Berliner Lehrkräfte nicht bereits jetzt mehr Geld als die angestellten KollegInnen in den anderen Bundesländern?

Die Aussage stimmt so nicht. Die übertarifliche Zulage erhalten nur die Berliner Angestellten mit voller Laufbahnbefähigung, bei denen weniger als zehn Jahre einschlägige Berufserfahrung zu berücksichtigen sind. Die meisten Lehrkräfte sind schon länger als zehn Jahre beschäftigt. Außer-dem weiß niemand, was mit dieser Zulage nach 2017 passieren wird. Der Arbeitgeber kann sie jederzeit wieder einkassieren.
Ohnehin leitet jedes Bundesland die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte von den Besoldungsgruppen seiner BeamtInnen ab. Und da es in den Ländern unterschiedliche Laufbahnen gibt, ist auch die Bezahlung der angestellten Lehrkräfte sehr unterschiedlich. Davon abgesehen verbeamten die anderen Bundesländer (mit Ausnahme von Sachsen) die meisten Lehrkräfte. Und die BeamtInnen verdienen derzeit – auf die Lebensarbeitszeit bezogen – erheblich mehr als vergleichbare ArbeitnehmerInnen. Somit hinkt der Vergleich mit den Angestellten der anderen Bundesländer. Übrigens sind die Tabellen im Land Berlin bis zum Dezember 2017 um 1,5 Prozent niedriger als in den übrigen Bundesländern.

Es gibt doch schon einen Tarifvertrag. Die Arbeitgeber betonen, dass der TV EntgO-L, den sie mit dem Deutschen Beamtenbund vereinbart haben, für eine einheitliche Bezahlung sorgt. Was stimmt an diesem Tarifvertrag nicht?

Der TV EntgO-L ist keine Tarifvertrag der GEW, sondern die Vereinbarung einer Minderheitengewerkschaft. Er zementiert die bereits bisher in den Arbeitgeberrichtlinien vorhandenen Ungleichheiten, weil er die unterschiedlichen Besoldungsregelungen der Länder zum Bezugspunkt für die Eingruppierung der Lehrkräfte macht. Danach gruppiert jedes Bundesland seine Lehrkräfte anders ein und kann die Eingruppierung außerdem verschlechtern, indem es einseitig das Laufbahnrecht der Beamt*innen ändert.

Aber nach dem Tarifvertrag des DBB gibt es doch mehr Geld für die angestellten Kolleg*innen. Ist das nicht besser als nichts?

Das stimmt auch nicht ganz. Nur manche angestellte Kolleg*innen würden derzeit bei Anwendung des TV EntgO-L etwas mehr verdienen als bisher, andere dafür weniger.
Gleichzeitig bleibt die Unsicherheit, dass das Land Berlin die „tarifliche“ Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte nach dem TV EntgO-L eigenmächtig verschlechtern kann, indem es einfach das Laufbahnrecht der Beamt*innen verschlechtert. Am ehesten profitieren noch Lehrer*innen mit einem Fach: Diese sollen ab dem 1. Juli 2016 auf ihre Entgeltgruppe 11 dann 30 Euro mehr erhalten. Wir fordern für alle Lehrkräfte mit voller Lehrbefähigung die Entgeltgruppe 13. Sollen wir uns für 30 Euro den Schneid abkaufen lassen?