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Recht & Tarif

Für einen humanen Tarifvertrag

Wenn es um die Bezahlung der eigenen Beschäftigten geht, zeigt sich der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg wenig kompromissbereit. Deshalb wird weiter gestreikt.

Foto: GEW BERLIN

Am 23. September 2020 fand beim Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg (HVD) der zweite Warnstreik in diesem Jahr statt. Hintergrund ist die Weigerung der Geschäftsführung des HVD, den ausgelaufenen Tarifvertrag (TV) wieder in Kraft zu setzen und die Entgelte der Beschäftigten zu erhöhen. An beiden Warnstreiks beteiligten sich über 500 Kolleg-*innen. Ungeachtet der Einschränkungen durch die Pandemie haben sie sich deutlich dafür stark gemacht, den TV HVD erhalten zu wollen und eine Entgelterhöhung durchzusetzen.

Ungleiche Bezahlung gleicher Arbeit

Der HVD unterhält in Berlin und Brandenburg diverse soziale Einrichtungen. Im Organisationsbereich der GEW BERLIN sind es vor allem die Beschäftigten in Kitas und sozialen Beratungsstellen sowie die Lehrkräfte im Lebenskundeunterricht. Diese wollen sich nicht allein auf das humanistische Weltbild des Verbandes verlassen, sondern ihre Geschicke mit Hilfe der GEW BERLIN lieber selbst in die Hand nehmen. Gründe dafür gibt es genügend. Seit Jahren hängt der HVD mit großem Abstand den Tarifen des Landes Berlin hinterher. Dabei sind die Entgelte beim HVD nochmal erheblich niedriger als bei anderen Trägern.

Die Verhandlungen mit dem HVD waren nie einfach und bei allen Tarifabschlüssen der Vergangenheit mussten beide Seiten Kompromisse eingehen. 2017 waren die Differenzen zwischen unseren Forderungen und den Vorstellungen des Arbeitgebers besonders groß. Am Ende wurde vereinbart, Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages aufzunehmen, der sich am TV-L orientiert. Ziel der GEW BERLIN war es, einen Zeitplan zu vereinbaren, mit dem die Entgelte an den TV-L angeglichen werden. Zudem sollten auch die Laufzeiten und die Stufen an den TV-L angeglichen werden, damit die Kolleg*innen sich mit dem TV-L vergleichen können. Während wir zügig unsere Vorstellungen benannt haben, hat der Arbeitgeber alles darangesetzt, die Verhandlungen zu verschleppen.

Es dauerte bis 2019, bis der Arbeitgeber erstmals überhaupt seine Ideen konkretisierte. Sein Vorschlag sieht nun vor, eine komplett veränderte, abteilungsspezifische Tabellenstruktur einzuführen. Die Höhe der Entgelte soll nicht von der Tätigkeit, sondern von der Abteilung, in der man beschäftigt ist, abhängen. Im Ergebnis würde eine Erzieherin aus dem Bereich Jugend für dieselbe Arbeit wie eine Erzieherin aus dem Bereich Kita bis zu 203 Euro pro Monat weniger verdienen. Die Erzieherin aus dem Bereich Kita würde aber immer noch über 430 Euro weniger verdienen als eine Erzieherin im öffentlichen Dienst des Landes.

Verhandlungen plötzlich beendet

Dem haben wir den Vorschlag entgegengehalten, die offenkundig festgefahrenen Verhandlungen auszusetzen und zunächst das dringende Problem der Höhe der Entgelte der Beschäftigten zu lösen. Unsere Forderung nach einer pauschalen Erhöhung um sechs Prozent wurde vom Arbeitgeber nicht nur abgelehnt, sondern die Tarifverhandlungen wurden vom Arbeitgeber gleich komplett beendet. Dabei folgt der HVD einem Plan, der mit Humanismus wenig zu tun hat. Die tariflichen Regelungen sollen beseitigt und die Einflussmöglichkeiten der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften zurückgedrängt werden. Stattdessen soll mit dem Betriebsrat verhandelt werden. Der Betriebsrat befindet sich in solchen Verhandlungen, bei dem es nur um das System der Vergütung geht, in der deutlich schwächeren Position, denn er kann nicht zum Arbeitskampf aufrufen und hat keinen Einfluss auf die Höhe der Bezahlung.

Diesem Plan haben die Beschäftigten in den beiden Streiks klar die rote Karte gezeigt und verdeutlicht, dass sie weiter einen TV wollen, der auf Augenhöhe verhandelt wurde. Die Streiks am 23. September und am 18. November dürften nicht die letzten beim HVD gewesen sein. Trotz Corona und den damit verbundenen Erschwernissen einer Tarifauseinandersetzung sind zeitnah weitere Streiks absehbar.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46