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Übergänge erfolgreich gestalten

Kooperationen erleichtern Übergänge

Der Wechsel von der Kita in die Grundschule ist für Kinder und deren Eltern ein großer Schritt. Wir haben uns mit einer Erzieherin und einer Lehrerin darüber unterhalten

Bild: Thomas B. auf Pixabay

Karin, du arbeitest an der Peter-Härtling-Grundschule in Spandau als Lehrerin und Ramona, du bist Erzieherin in einer Kindertagesstätte des Trägers Kindergärten City in Mitte. Eure Einrichtungen kooperieren mit verschiedenen Kitas beziehungsweise Grundschulen. Wie genau sieht diese Kooperation aus?

Ramona: Wir kooperieren mit zwei Schulen. Unsere Kinder besuchen eine Unterrichtsstunde, die von den Kindern der Schule und den Lehrer*innen vorbereitet wird und nehmen an einer Sportstunde teil. So lernen sie den Schulweg, den Schulhof, das Schulgelände und die Sporthalle kennen.

Karin: Bei uns hat jede JÜL-Klasse entweder eine große Kita oder zwei, drei kleinere Kinderläden oder Kitas als Kooperationspartnerinnen. Ich arbeite in zwei Klassen. Da kommen die Kitas fast das ganze Jahr einmal im Monat zum Sportunterricht, so wird er schnell zur Routine. Die Kinder lernen dadurch ihre neuen Mitschüler*innen kennen. Ich finde es für die Kitakinder zudem ganz wichtig, dass sie das Schulleben miterleben, wo geht man in der Schule auf die Toilette und was passiert zum Beispiel in den Hofpausen.

 

Trefft ihr euch regelmäßig mit euren Kooperationspartner*innen?

Ramona: Ja, wir treffen uns regelmäßig. Ich denke ein bis zweimal im Jahr. Wir haben zwei Häuser und jeweils ein*e Kolleg*in ist für die Kooperation zuständig. Sie gehen zu den Treffen und erzählen uns in den Teamsitzungen, was es für Neuigkeiten gibt.

Karin: Unser Schulleiter lädt einmal im Jahr alle Kitas und Kolleg*innen ein. Es gibt einen netten Kaffeeklatsch und einen Austausch. Ansonsten ist es üblich, dass wir als Schule zu den Informationselternabenden in die Kitas gehen. Die Kitas informieren die Eltern, welche Schulen es gibt und wie der organisatorische Ablauf ist und wir sagen, was die zukünftigen Schulkinder alles brauchen. Wir merken immer wieder, wie wichtig das ist, da die Eltern und Kitas unter enormen Druck stehen. Wir versuchen, diesen abzubauen und machen deutlich, dass Selbstständigkeit und die Lust zu lernen, die wichtigsten Kompetenzen sind und nicht, ob die Kinder die Schleife binden oder alle Buchstaben können.

Ansonsten treffen wir uns mit den Erzieher*innen durch gemeinsame Aktionen, wie Theater- oder Spielplatzbesuche, regelmäßig. Ich finde es gut, dass wir uns kennen. Wir können jederzeit SMS schreiben oder telefonieren. Ich habe eine*n Ansprechpartner*in und umgekehrt auch. Für die Kitas ist es ganz wichtig. Wenn man in der Schule anruft, landet man im Sekretariat und dann ist die Sache oft schon verpufft.

 

Wie sind die Besuche für die Kinder?

Ramona: Die Sportstunde finden unsere Kinder ganz toll. Wir haben nur einen kleinen Sportraum und dann ist so eine große Turnhalle etwas Gewaltiges. In der Unterrichtsstunde, die ich mitgemacht habe, haben die Schulkinder ein Buchstabenlied vorgesungen. Anschließend durften unsere Kinder ihren Namen an die Tafel schreiben. Am Ende haben sie ein Ausmalblatt bekommen. Es ist total süß, wie sie wie eine eins sitzen, zuhören und mitmachen. Sie sind wie verändert. Das sind ja dann auch die Großen.

Karin: Die Kita veranstaltet jedes Jahr ein Laternenfest. Da gehen wir immer hin und die Kinder freuen sich sehr. Wir brauchen uns um keine Organisation kümmern, ganz wunderbar. Der Laternenumzug ist eher abends. Damit die Kinder unserer Schule dabei sein können, sind wir auf die Eltern angewiesen. Aber wenn wir die Laternen gebastelt haben, dann bringen es die Eltern kaum übers Herz, nicht hinzugehen. Zudem finde ich es wichtig, dass wir als Kollegium auch dabei sind. Umgekehrt kommen die Kitas zum Sommerfest oder zu anderen Aktionen wie Plätzchen backen oder zu Kindervorträgen in die Schule.

 

Wie ist es, wenn die Kinder eingeschult werden? Karin, hast du das Gefühl, dass die Eltern offener ankommen, weil sie die Schule bereits kennen?

Karin: Ich habe schon in mehreren Grundschulen gearbeitet und das ist die erste Grundschule, an der ich es in der Regel so erlebe, dass kein Kind bei der Einschulung weint. Erstens, weil alle die Schule durch die verschiedenen Aktionen kennen und weil wir einen nullten Elternabend vor den Sommerferien haben. Somit waren die Eltern schon einmal in der Schule, auch in ihren Klassen mit den Klassenlehrer*innen. Außerdem haben wir bei der Einschulung das Ritual, dass wir uns mit unseren und den einzuschulenden Kindern in der Klasse treffen und die Eltern in der Turnhalle warten. Auf der Bühne haben die Kinder dann ein Patenkind an der Hand. Es ist eine aufregende Geschichte, aber nicht so, dass man sich ad hoc von Mama oder Papa trennen muss und nicht weiß, wo man hinkommt, recht angstfrei. Das ist wirklich schön.

Ramona, macht ihr Informationsabende für die Eltern in der Kita bevor die Einschulung ist?

Ramona: Informationsabende in dem Sinne machen wir nicht. Wir sprechen mit den Eltern in den regelmäßigen Entwicklungsgesprächen über die Kinder und was auf sie zukommt. Auch ob das Kind es schafft oder ob die Eltern noch was machen sollten.

 

Gibt es Rückmeldungen, wenn die Kinder bereits eingeschult sind und ein paar Tage oder Wochen vergangen sind?

Ramona: Wir erhalten eher keine Rückmeldungen. Vorher, wenn wir Integrationskinder haben, kommt der*die Horterzieher*in oder die Lehrkraft, so dass sie die Kinder vorab mit Einverständnis der Eltern kennenlernen können. Das nehmen die Eltern sehr gut an.

Karin: Das machen wir ähnlich. Wir haben als Schule entschieden, dass wir bei der Anmeldung von den Eltern eine Schweigepflichtsentbindung für die Kita unterschreiben lassen. Ab dem Tag der Anmeldung ist somit recht früh klar, dass wir mit den Erzieher*innen offen über die Kinder reden können. Wir hatten auch nie den Fall, dass irgendjemand gesagt hat, wollen wir nicht.

 

Wie sieht es mit Ängsten und Sorgen von Seiten der Eltern aus?

Ramona: Die Zeit vor der Schule ist für viele Eltern herausfordernd. Wir führen zwar regelmäßig Entwicklungsgespräche mit ihnen, doch die Schulärzt*innen machen teilweise alles wieder zunichte. Die Eltern werden verunsichert, wenn die Kinder für schulunfähig eingeschätzt werden, obwohl wir sie im Kitaalltag anders erleben. Wir geben den Eltern dann die Rückmeldung, nochmals mit den Schulärzt*innen zu reden und sie darauf hinzuweisen, dass wir für Rück-fragen offen sind. Aber meistens rufen sie nicht an.

 

Wir haben im Vorgespräch bereits darüber gesprochen, dass in eine Schule viele Kinder aus verschiedenen Kitas kommen und nicht alle Kitas mit allen Schulen kooperieren können.

Ramona: Das stimmt. Die Eltern schicken ihre Kinder oft nicht in die Einzugsgebietsschule. In Berlin gibt es viele Schulen und wir können nicht alle besuchen.

Karin: Die Schulen haben genau das gleiche Problem, dass die Kinder aus ganz vielen Kitas kommen und wir es gar nicht schaffen, mit allen wirklich eine gute oder enge Kooperation zu haben. Wenn die Schulen nicht so unterschiedlich sind, geht es noch. Aber manchmal kriegen die Kinder auch ein völlig falsches Bild wie Schule ist.

 

Viele Eltern können sich heutzutage keine spezielle Kita aussuchen, sondern sind froh, wenn sie überhaupt einen Kitaplatz bekommen. Dadurch sind die Kitas oft nicht im Einzugsbereich der Grundschulen und es wird unübersichtlich. Oder?

Karin: Genau. Und andersherum ist in Berlin alles so eng aufeinander, dass man die Möglichkeit hat, in Fußnähe mindestens drei, vier Grundschulen zu besuchen. Die Kooperation war aus meiner Sicht für die Sicherheit der Kinder gedacht. Ich gehe mit meiner Gruppe weiter in die Schule und werde nicht ständig auseinandergerissen. Ansonsten entstehen viele Brüche.

Ramona: Das macht mich auch traurig. Wir beobachten im Laufe der Kitazeit, dass die Kinder zusammenwachsen und dann werden sie auseinandergerissen und sehen sich vielleicht nie wieder, obwohl sie mal die besten Kitafreund*innen waren.

Karin: Was das auch mit der Beziehungsfähigkeit von den Kindern macht.

 

Karin, hast du den Eindruck, dass durch die enge Kooperation mit den Kitas, eine größere Verbundenheit zu eurer Schule entsteht.

Karin: Es ist unterschiedlich, je nachdem was die anderen Schulen veranstalten und welche Eltern wie Stimmung machen. Wir hatten jetzt über eine längere Zeit in der Kooperationskita Eltern, die total zufrieden mit der Jahrgangsmischung waren, so dass wir eine ganze Klasse aufnehmen konnten. Das ist eine Kooperation, so wie ich es mir wünsche. Aber es kann eben auch nach hinten losgehen. Es ist gar nicht so einfach, das gut zu gestalten.

 

Habt ihr ein Rezept für eine perfekte Übergangsgestaltung für die Kinder?

Karin: Das ist schwierig, weil man den Eltern nicht vorgreifen kann. Vielleicht wäre noch das einfachste zu sagen, wir haben hier im Kiez drei unterschiedliche Grundschulen und nur diese stehen zur Wahl. Wenn es immer weiter ausufert, ist es für die Schulen kaum möglich, Beziehungen mit allen Kitas aufzubauen und die Übergänge für die Kinder sanft zu gestalten. Die Chance, dass eine ganze Kitagruppe gemeinsam weiter geht, besteht kaum noch. Dadurch sind die Brüche für die Kinder und Eltern noch stärker. Am besten wäre es, wenn die Kita schon zur Schule gehören würde. Es gibt Kieze, wo die Kita auf dem Schulgelände ist, wo man im Prinzip ab dem ersten, zweiten Lebensjahr hingehen kann und dann das Abitur machen kann. So wünsche ich es mir.

Ramona: Ich habe heute viele Ideen und Anregungen erhalten, wie wir die Kooperation mit unseren Grundschulen vertiefen können. Wichtig finde ich dabei, dass sich die Aktionen leicht in unseren Kitaalltag integrieren lassen, wie die regelmäßige Sportstunde, Besuche auf dem Horthof und gemeinsame Ausflüge. Ich werde diese Anregungen sehr gerne mitnehmen und mit meinen Kolleg*innen besprechen. Vielen Dank!      


Dieser Artikel ist Teil des bbz-Themenschwerpunkts „Übergänge erfolgreich gestalten“  [zur gesamten Ausgabe]