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bbz 10 / 2018

Schutz vor Abschiebung

Eine Berufsausbildung bietet Geflüchteten für die Dauer der Ausbildung die Möglichkeit einer »Ausbildungsduldung«. Das verleiht auch Betrieben und Berufsschulen mehr Sicherheit

Foto: Colourbox

Die Ausbildungsduldung bietet eine Perspektive. Bei erfolgreichem Abschluss der Ausbildung und anschließender Übernahme oder der Zusage einer anderen qualifikationsadäquaten Beschäftigung wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Für die Zeit der Arbeitssuche wird eine sechsmonatige Duldung gewährt.

Die Ausbildungsduldung zu beantragen ist sinnvoll für Geflüchtete, die bereits mit einer Duldung hier leben. Aktuell sind allerdings nur etwa 100 Personen in Berlin in Besitz einer Ausbildungsduldung. Dies liegt unter anderem an den Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um eine Ausbildungsduldung zu beantragen. Die Geflüchteten müssen im Besitz eines Passes sein und es müssen in der Regel sowohl Straffreiheit als auch der Arbeitsmarktzugang bestehen. Arbeitsmarktzugang bedeutet, dass sie auf Antrag von der Ausländerbehörde eine Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung erhalten können.

Etwa die Hälfte der Geduldeten in Berlin unterliegt allerdings einem Beschäftigungsverbot. Ein Beschäftigungsverbot gilt beispielsweise dann, wenn jemand aus einem gesetzlich definierten »sicheren Herkunftsstaat« kommt, einen Asylantrag erst nach dem 31. August 2015 gestellt hat und dieser abgelehnt wurde. Es wird ebenfalls erteilt, wenn die Ausländerbehörde der Auffassung ist, die Person wirke nicht ausreichend an der Passbeschaffung mit und die Passlosigkeit sei der einzige Grund, weshalb eine Person nicht abgeschoben werden kann. In diesem Fall kann eine Rechtsberatung hilfreich sein.

Betriebliche und schulische Ausbildungen bieten Schutz

Auch auf die Art der Ausbildung und deren Beginn kommt es an. Eine Ausbildungsduldung wird nur für eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf erteilt. Es muss keine betriebliche Ausbildung sein, auch eine schulische Berufsausbildung wird geschützt. Doch allgemeinschulische Bildung oder Maßnahmen und Lehrgänge zur Ausbildungsvorbereitung reichen nicht aus. Ausbildungsduldung wird gewährt, wenn die Berufsausbildung schon begonnen wurde oder in weniger als drei Monaten begonnen wird. Wenn die Ausbildung erst in sechs Monaten startet, wird zunächst keine Ausbildungsduldung erteilt. Eine Ausbildungsduldung kann weiterhin nicht erteilt werden, wenn bereits Maßnahmen zur Abschiebung eingeleitet wurden. Es kann also sein, dass die Abschiebung vorbereitet wird, während sich die Person noch bemüht, die Kriterien für die Erteilung einer Ausbildungsduldung zu erfüllen.

Die Ermessensduldung verschafft Zeit

Einen gewissen Schutz kann hier die »Ermessensduldung« bieten. Sie kann für die Dauer einer erfolgsversprechenden Ausbildungsvorbereitungsmaßnahme, wie beispielsweise die Einstiegsqualifizierung, erteilt werden. Eine sechsmonatige Ermessensduldung zur Passbeschaffung kann auch erteilt werden, wenn Geflüchtete während des Asylverfahrens mit Erlaubnis der Ausländerbehörde eine Ausbildung begonnen haben, der Asylantrag dann abgelehnt wird und die Person noch keinen Pass hat.

Die Ausbildungsduldung kann auch wieder entzogen werden. Dies geschieht bei der Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat, Nicht-Betreiben der Ausbildung oder dem Abbruch der Ausbildung. Hier kann einmalig eine Ermessensduldung erteilt werden, um einen neuen Ausbildungsplatz zu suchen.

Die Ausbildungsduldung ist auch für geduldete Geflüchtete nicht die einzige Möglichkeit, ihren Aufenthalt in Deutschland zu sichern. Manche Geflüchtete möchten lieber weiter zur Schule gehen, um später vielleicht zu studieren. Auch hier kann für geduldete Geflüchtete ein besonderer Schutz durch eine Ermessensduldung gewährt werden, allerdings nur an allgemeinbildenden Schulen und nur im letzten Jahr vor Abschluss der (erweiterten) Berufsbildungsreife ((e)BBR) oder des Mittleren Schulabschlusses (MSA) oder in den letzten beiden Jahren vor dem Abitur. Für den Berufsqualifizierenden Lehrgang (BQL) und die Integrierte Berufsausbildungsvorbereitung (IBA) an den Oberstufenzentren oder Lehrgänge des zweiten Bildungswegs, die ebenfalls auf Abschlüsse hinführen, ist eine Ermessensduldung leider nicht vorgesehen.


Aufenthaltserlaubnis nach vier Jahren in Deutschland

Für manche kommt jedoch auch die Aufenthaltserlaubnis für »integrierte Jugendliche und Heranwachsende« nach § 25b AufenthG in Frage. Man kann sie beantragen, wenn man schon bereits vier Jahre in Deutschland erlaubt, gestattet oder geduldetet lebt, seit mindestens vier Jahren erfolgreich die Schule oder eine Ausbildung besucht oder hier einen Schul- oder Berufsabschluss erworben hat und noch nicht älter als 20 Jahre alt ist.

Ausschlussgründe sind im Umkehrschluss Passlosigkeit, mangelnde Mitwirkung bei der Passbeschaffung, Identitätstäuschung und Straftaten.

Wenn alle rechtlichen Spielräume ausgeschöpft sind, jedoch noch kein Abschiebetermin feststeht, kann die Berliner Härtefallkommission angerufen werden. Sie kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23a AufenthG empfehlen, wenn eine Abschiebung eine besondere Härte darstellen würde. Die Entscheidung trifft der Innensenator beziehungsweise die Innensenatorin.


RECHTLICHES
• Geflüchtete mit einer Aufenthaltserlaubnis oder sogar einer Niederlassungserlaubnis benötigen keine Ausbildungsduldung, da diese ohnehin deutlich mehr Sicherheit bieten.
• Geflüchtete mit einer Aufenthaltsgestattung können nur dann eine Ausbildungsduldung erhalten, wenn sie ihren Asylantrag beziehungsweise ihre Klage gegen einen ablehnenden Asylbescheid zurückziehen. Dies kann allenfalls in Einzelfällen nach kompetenter Rechtsberatung sinnvoll sein.


bridge
bridge – Berliner Netzwerke für Bleiberecht unterstützt Geflüchtete durch Beratung an der Schnittstelle Aufenthaltsrecht und Beschäftigungserlaubnisrecht, Qualifizierung und Vermittlung in Arbeit, Ausbildung und dem Nachholen von Bildungsabschlüssen. Auch Pädagog*innen auf der Suche nach weiteren Informationen können sich an bridge wenden: www.bridge-bleiberecht.de