Zum Inhalt springen

Schule zusammen weiterentwickeln

Weit entfernt von einem gemeinsamen Verständnis guter Bildung

Statt immer mehr Daten abzufragen und die Schulen noch mehr unter Druck zu setzen, sollte der Senat über geeignete Unterstützung nachdenken

Bild: GEW BERLIN

Im Herbst letzten Jahres hob Sandra Scheeres die sogenannte Qualitätskommission aus der Taufe. Kurz nachdem von über tausenden fehlenden Schulplätzen berichtet worden war und die Eltern einen Bildungsgipfel eingefordert hatten. In den kommenden Monaten hat sich die Kommission eine ambitionierte Agenda auferlegt: Das Lernen in den »Kernfächern« soll verbessert werden, die frühkindliche Bildung und die Grundschulen gestärkt, Übergänge besser gestaltet und soziokulturelle Disparitäten beseitigt werden. Grundlage der Arbeit sind die 39 Maßnahmen, die Scheeres zu Beginn des letzten Jahres verkündet hat.

Aber die Bildungsverwaltung setzt nicht die richtigen Prioritäten. Bessere Lernergebnisse und weniger Schulabbrecher*innen sind wichtige Ziele. Statt aber mehr Daten abzufragen und die Schulen mit Zielmarken und Schulverträgen noch mehr unter Druck zu setzen, sollte vielmehr über eine geeignete Unterstützung nachgedacht werden.

Keine echte Beteiligung

Die Kommission ist in eine »Expertenkommission« und eine »Praxiskommission« unterteilt. Die GEW ist in der Letzteren vertreten. Als Expert*innen gelten die Professor*innen, während Schulleitungsverbände, Elternvertretungen, Schüler*innenvertretungen und die GEW als Praktiker*innen die Vorschläge der Expert*innen in regelmäßigen Sitzungen kommentieren sollen. Es war und ist umstritten, ob die GEW sich an dieser Kommission beteiligen soll. Alleine schon die Unterteilung in Expert*innen und Praktiker-*innen stößt bitter auf. Warum spricht man uns und anderen Praktiker*innen ab, »Expert*innen« zu sein?

Auch verwunderlich ist, warum keine Beschäftigtenvertretungen beteiligt werden. Und obwohl auch die frühkindliche Bildung intensiv behandelt wird, sind keine Vertreter*innen aus Kitas in der Kommission. Dafür jede Menge Verwaltungspersonal und Schulleiter*innen. Echte Beteiligung sieht anders aus.

Jedoch liegen bereits erste Ergebnisse für den Bereich der frühkindlichen Bildung vor. In den Empfehlungen der Expert*innen finden sich zahlreiche Punkte wieder, die es ohne die GEW BERLIN in dieser Form sicher nicht gegeben hätte. Neben einer verlässlichen Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit empfehlen die Expert*innen einen verbesserten Personalschlüssel. Berlin ist bei dem Betreuungsschlüssel immer noch im unteren Mittelfeld im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Deshalb begrüßen wir ausdrücklich die Empfehlung, den Fachkraft-Kind-Schlüssel auf das Maß der wissenschaftlichen Empfehlung anzuheben: Eine Fachkraft soll sich um maximal acht Kinder kümmern müssen, beziehungsweise um nicht mehr als drei Unterdreijährige.

Arbeitsbedingungen in den Fokus

Wir haben uns von vornhinein mit der Forderung eingebracht, dass die Qualitätskommission die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Blick nehmen muss. In ihrer Agenda fokussiert sich die Kommission aber zu wenig auf Rahmenbedingungen, wie die steigenden Klassengrößen, den Fachkräftemangel und die Schulsanierung. Das Lernen in der Ganztagsschule wird gar nicht erst erwähnt. Auch über die Verwendung der sonderpädagogischen Förderstunden für die Vertretung würden wir uns gern unterhalten. Diese Unterstützungsmaßnahmen sind ja nicht etwa ein Luxusgut, auf das man bei Personalmangel einfach verzichten kann, um andere Löcher zu stopfen.

Die besten Qualitätskonzepte nützen nichts, wenn die Fachkräfte fehlen und unsere Schulen auseinanderfallen. Eine Steigerung von Bildungsqualität gibt es aus unserer Sicht nur, wenn Pädagog*innen entlastet werden und auch Zeit für die vielfältigen Aufgaben erhalten. Es bleibt also fraglich, wie weit wir in der Kommission kommen, denn von einem gemeinsamen Verständnis davon, was gute Bildung auszeichnet, sind wir noch weit entfernt. Wir wollen uns weiter in die Qualitätskommission einbringen, erwarten aber, dass die Arbeitsbedingungen der Pädagog*innen eine wichtige Rolle in der Debatte um Schulqualität spielen. Wir brauchen einen schrittweisen Plan zur Verringerung der Gruppengrößen und zur Reduzierung der Arbeitsbelastung der Pädagog*innen.