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Guter Rat - Betriebsrat

Nicht beirren lassen

Aller Anfang ist schwer, das gilt auch für die Betriebsratsgründung. Die GEW BERLIN steht ihren Mitgliedern zur Seite.

Am Anfang stehen meist eine Handvoll Kolleg*innen, die ihr Recht auf ein gewähltes Mitbestimmungsgremium im Betrieb wahrnehmen möchten. Gut so! Die Gründung eines Betriebsrates ist ein Kraftakt. Es fehlt an Kapazitäten und geeigneten Orten, um sich unter Kolleg*innen auszutauschen. Hinzu kommen mitunter wenige Kenntnisse über die Möglichkeiten des zukünftigen Betriebsrates und den Ablauf der Wahl. Das erschwert die Gründung. Manchmal lassen sich Kolleg*innen auch zu schnell verunsichern. Zum Beispiel werden von Seiten der Arbeitgeber*innen Gerüchte über die hohen Kosten eines Betriebsrats oder die aus der Betriebsratsarbeit vermeintlich resultierende Mehrarbeit für die Kolleg*innen gestreut. Nicht selten wird den Beschäftigten mit dem Entzug freiwilliger Zahlungen, wie Jahressonderzahlung oder Leistungsboni, gedroht. Ohne gewerkschaftliche Unterstützung ist die Wahl bei solchen Hindernissen schwer durchsetzbar.

Den »Aha-Effekt« erleben

Die aufkeimenden Gerüchte und Ängste zerstreuen und den Kolleg*innen Informationen an die Hand geben, dafür gibt es die zuständigen Gewerkschaftsreferent*innen. Die Gewerkschaft kann noch mehr: Sie kann die Wahl kraft ihrer gesetzlich verankerten Rechte initiieren und zur Betriebsversammlung einladen, um einen Wahlvorstand für die Wahl des Betriebsrates zu wählen. Arbeitgeber*innen müssen den Beschäftigten die Teilnahme an der Betriebsversammlung ermöglichen.

Oft ist im Vorfeld eine Informationsveranstaltung zu den Möglichkeiten und Rechten des Betriebsrates und zur Erläuterung des Wahlverfahrens hilfreich.

Bei großen Betrieben mit vielen Einrichtungen führt eine solche Versammlung oft auch zu einem ersten Kennenlernen der Kolleg*innen. Folge ist meist der »Aha-Effekt«, dass die anderen Kolleg*innen ja die gleichen Probleme haben. So wird für viele noch einmal deutlicher, dass ein Betriebsrat als Gremium für alle Beschäftigten Ansprechpartner ist und mit den Arbeitgeber*innen Vereinbarungen treffen kann, um die Bedingungen für alle zu verbessern.

Demokratie kann nicht abgewählt werden

Wer Sorge hat, die Wahl könnte gestoppt werden, der muss sich vor Augen führen, dass dies in einer Demokratie schwer möglich ist. Eine einmal initiierte Wahl kann nur durch die Aufstellung von Kandidat*innen oder Listen beeinflusst werden, die Wahl an sich kann nicht »abgewählt« werden. Garant hierfür ist das Betriebsverfassungsgesetz und die dazugehörige Wahlordnung. Es obliegt alleine den Arbeitnehmer*innen oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die Initiative zu einer Betriebsratswahl zu ergreifen. Ist durch eine Initiative der Beschäftigten oder der Gewerkschaft die Wahl eingeleitet worden, so kann diese nicht verhindert werden.

In der Beratungspraxis haben wir erlebt, dass während der Wahl verunglimpfende Schreiben gegen BR-Kandidat*innen kursierten, BR-Kandidat*innen von Arbeitgeber*innen unter Druck gesetzt wurden oder auch durch finanzielle Anreize oder Aufstiegsmöglichkeiten zur Aufgabe der Kandidatur bewegt werden sollten. Auch ist es manchen Arbeitgebern*innen gelungen, Beschäftigte für eine Liste zu gewinnen, die im Betriebsrat sehr arbeitgebernah agierte. Aber alle diese Handlungen, die im Übrigen gemäß Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetz strafbar sind, konnten die Gründung eines Betriebsrates nicht aufhalten.

Nach der Phase der Betriebsratsgründung beginnt die Arbeit des Betriebsrates. Wenn Arbeitgeber*innen vorher schon keinen Hehl daraus machten, für wie »überflüssig« oder »schädlich« sie einen Betriebsrat halten, ist der Beginn der Betriebsratsarbeit in diesen Fällen auch von Hindernissen geprägt und es braucht einige Zeit, bis sich die Betriebsräte ihre Rechte erkämpft haben. Oft entwickelt sich zwischen neu gegründeten Betriebsräten und den Arbeitgeber*innen aber auch eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit.

In allen Fällen wird in der Anfangsphase viel aufgebaut, gelernt und vereinbart. Deshalb sollte ein bestehender Betriebsrat unter keinen Umständen »einschlafen«. Die Arbeit ist viel zu wichtig und wird für die Kolleg*innen immer dann relevant, wenn sie selber in Schwierigkeiten stecken oder die Lage im Betrieb insgesamt ungemütlich wird. Um eine betriebsratslose Zeit zu vermeiden, ist es wichtig, dass der bestehende Betriebsrat rechtzeitig vor Ende seiner Amtszeit einen Wahlvorstand benennt. Dies sollte spätestens zehn Wochen vor Ende der Amtszeit des amtierenden Betriebsrates sein. Dazu sollte im Vorfeld für die Arbeit des Wahlvorstands geworben und einzelne Kolleg*innen gezielt angesprochen werden. Hierfür bietet sich zum Beispiel die nächste Betriebsversammlung an. Hat der Betriebsrat interessierte Kolleg*innen für den Wahlvorstand gewonnen, benennt er sie per Beschluss und der Wahlvorstand nimmt die Arbeit auf. 

Mit dem Aushang des Wahlausschreibens, spätestens sechs Wochen vor der Stimmabgabe, läuft die zweiwöchige Frist, um Wahlvorschläge beim Wahlvorstand einzureichen. Da dieser Zeitraum knapp bemessen ist, ist es ratsam, bereits davor für eine Kandidatur zu werben. Denn: Ohne Kandidat*innen – kein Betriebsrat. Wer also mit einiger Anstrengung einen Betriebsrat gegründet hat und nicht vor einer betriebsratslosen Zeit stehen möchte, sollte frühzeitig für Interessent*innen sorgen. Ideal ist es, wenn es doppelt so viele Kandidat*innen gibt wie Sitze im Betriebsrat.

Wem es gelingt, als Betriebsratsgremium bestmöglich transparent zu arbeiten, Zeit in Öffentlichkeitsarbeit zu investieren und so Kolleg*innen zum Mitmachen zu motivieren, dürfte für die Wahlperiode 2018 gut gerüstet sein.

Es gibt viele Hindernisse, die Betriebsräte in ihrer Tätigkeit überwinden müssen. Aber die Mühe lohnt sich, um Arbeitsbedingungen selbst mitgestalten und aktiv an Verbesserungen mitwirken zu können! Die GEW unterstützt vor, während und nach einer Betriebsratswahl, sie berät Mitglieder im Wahlvorstand, im Betriebsrat und auf dem Weg zu einer Betriebsratsgründung. Sprecht uns an, wenn Ihr Fragen dazu habt.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46