Gewerkschaft
Nicht neutral und deshalb da – gewerkschaftliche Antifa
GEW-Mitglieder fuhren aus Berlin nach Riesa, um sich an dem zivilen Ungehorsam gegen den AfD-Bundesparteitag zu beteiligen.
In Berlin auf eine Demo zu gehen und »Alle zusammen gegen den Faschismus!« zu rufen, ist nicht schwer. Aber sich im sächsischen Riesa dem Parteitag der AfD zu widersetzen, ein Teil von Sitzblockaden zu sein und Repressionen der Polizei in Kauf zu nehmen, das war etwas Neues für viele von uns. Mit unserer Gewerkschaft im Rücken haben wir uns sicherer gefühlt.
Dabei geholfen hat das »Aktionstraining« im GEW-Haus. Es gab nicht nur rechtliche Hinweise und praktische Übungen. Dort haben wir auch Leute getroffen, mit denen wir den Tag in Riesa verbracht haben. Es war gut, eine feste Bezugsgruppe zu haben.
Nicht nur eine kleine Nische
Wir starteten am Samstag, den 11. Januar, um 2 Uhr. 45 Busse fuhren aus Berlin nach Riesa. Im Gewerkschaftsbus waren Gleichgesinnte und die GEW-Westen zeigten: Gegen die AfD zu sein, ist nicht etwa eine kleine Nische für Antifa-Gruppen, Studierende und Menschen mit viel Freizeit, sondern muss Mainstream werden – gerade für Lehrkräfte. Die AfD stellt sich gegen diverse Themen und Ziele des Rahmenlehrplans Teil B, darunter interkulturelles Lernen, Demokratiebildung, Gendermainstreaming, Europabildung, sexuelle Vielfalt und Selbstbestimmung. Sie steht gegen das Schulgesetz, das Landesantidiskriminierungsgesetz und das Grundgesetz. Die Geschichte zeigt: Wenn die Nazis erstmal regieren, ist es zu spät, mit dem Widerstand zu beginnen!
Um kurz nach 6 hatten wir unser Ziel fast erreicht. Aber an einem Polizei-Kontrollpunkt zwei Kilometer vor Riesa ging es mit dem Bus nicht mehr weiter. Wir stiegen aus und liefen zu Fuß in Richtung Riesa. Wir wurden von Polizeihunden, berittener Polizei und Sondereinheiten empfangen. Die Polizist*innen trugen Waffen, Helme, harten Gesichtsschutz und Beinschoner. Wir durften noch nicht einmal eine Thermoskanne mit heißem Tee dabeihaben, da dies als Waffe ausgelegt werden könnte.
So stand da die Staatsgewalt in voller Montur gegen unbewaffnete und friedliche Bürger*innen. Dabei kam es auch zu heftigen Szenen: mehrere Polizist*innen rannten auf die ersten Reihen los: Schläge, Knüppel, Pfefferspray. Warum werden wir angegriffen, nur damit die rechtsextreme AfD ihren Parteitag abhalten kann? Das ist wichtiger als die Gesundheit von friedlichen Demonstrierenden? Zur negativen Bilanz des Tages gehören Polizeigewalt gegen Demonstrant*innen, ein verletzter Demo-Sanitäter, ein parlamentarischer Beobachter, der niedergeschlagen wurde, und die Behinderung der Pressearbeit.
Große Blockaden wirken
Aber die gemeinsame Aktion hat uns auch beflügelt, den ganzen Tag über war die Stimmung ausgezeichnet: Menschen setzten sich, holten Essen und Spiele heraus. Ein riesiges Picknick bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Der Live-Ticker von »Widersetzen« meldete: Die Blockaden von allen Seiten stehen und sind wirkungsvoll. Das motivierte!
Die Erfahrung, sich gemeinsam mit Kolleg*innen und mit vielen Tausend Demonstrant*innen der AfD zu widersetzen, hat uns sehr bestärkt. Das solidarische Miteinander, die gegenseitige Rücksichtnahme, die sorgfältigen Absprachen, die gute Vorbereitung, der ständige Austausch und die Einstimmigkeit der Entscheidungen haben uns allen Kraft und Sicherheit gegeben. Dieser Tag hat uns gezeigt, dass es sinnvoll und möglich ist, sich gegen die AfD zu organisieren und gemeinsam etwas zu erreichen. Nach einem langen Tag hatten alle Hunger, mussten zur Toilette und sich ausruhen. Am Ende unserer Kräfte, aber sehr zufrieden, fuhren wir zurück nach Berlin.
Dass sich so viele Gewerkschafter*innen am Protest gegen die AfD beteiligt haben, ist auch in der Halle nicht unbemerkt geblieben. Die Bemerkung von AfD-Chef Chrupalla, es sei eine Schande, dass sich am Protest Gewerkschaften beteiligten, ist für uns wie eine Bestätigung. Die AfD ist eine in Teilen gesichert rechtsextreme, arbeiter*innenfeindliche Partei. Sie ist gegen Gewerkschaften, sie will Beteiligungsrechte abbauen und die Rechte von Beschäftigten beschneiden.
Dem widersetzen wir uns. In Riesa, im Pausengespräch mit Kolleg*innen, im Familienchat und in der U-Bahn. Und bei vielen weiteren Demos.
Auf der Website der GEW BERLIN wird regelmäßig über Veranstaltungen und Demos informiert. Hier gibt es auch viel Material für Unterricht und Bildungsarbeit