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Gewerkschaft

Nur im DGB konnten wir für Unabhängigkeit kämpfen

Ein interner Konflikt führte 1977 zur Spaltung des Berliner GEW-Landesverbands und dem Ausschluss aus GEW Bund und DGB. Für zwei Jahre gab es zwei Landesverbände in Berlin.

Foto: Christina Bauermeister - Mitte: Eleonore Kujawa

Vorbemerkung der Redaktion: Nachdem Ilse Schaad und Klaus Will ihre Sichtweise auf die Zeit der Spaltung in der bbz 11/12 2023 teilten, hat die damalige Vorsitzende eine andere Perspektive.

Die Geschichte der GEW hat viele Perspektiven. An dieser Stelle folgt nun mein Blick auf die Zeit der Spaltung. Ich war bis zur Spaltung die erste weibliche Vorsitzende eines DGB-Landesverbands. Wir in der GEW im DGB führten eine intensive Diskussion über den Unvereinbarkeitsbeschluss und das Streikrecht für Beamt*innen. Wir riefen zu Demonstrationen gegen Berufsverbote und Lehrkräftearbeitslosigkeit auf.

Der Schwerpunkt der Diskussion war für mich der Verbleib in der Bundes-GEW und im DGB, denn nur innerhalb des DGB konnten wir gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss und für die Unabhängigkeit der Gewerkschaften von Parteipolitik kämpfen.

 

Kämpferische Zeiten

 

Wir waren Anfang der 1970er Jahre politisch sehr motiviert und wehrten uns gegen die Abhängigkeit des Vorstandes unter Dietrich Schaeffer von der SPD. Die fortschrittlichen Initiativen des SPD­Schulsenators Carl-Heinz Evers unterstützten wir. Besonders die Aktivitäten der Fachgruppe Grundschulen gegen die hohen Klassenfrequenzen waren in der Öffentlichkeit wirksam. Als Sprecherin der Fachgruppe Grundschulen hatte ich heftige Auseinandersetzungen mit dem Vorstand der GEW und den Delegierten aus Neukölln, denn der GEW-Bundesvorsitzende Erich Frister gehörte als Berliner Mitglied zu Neukölln. Erich Frister warf mir am Rande einer Großveranstaltung gegen hohe Klassenfrequenzen vor: »Sie holen uns die Kommunisten in die Gewerkschaft.« Er meinte damit die Zusammenarbeit mit den Eltern und mit Kolleg*innen, die der von der SPD bekämpften Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) angehörten.

Unsere öffentlichen Veranstaltungen führten zu mehr Eintritten. Als Vorsitzende der GEW Berlin kämpfte ich auf Bundesebene um die Zustimmung zur Urabstimmung für die Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Wir erhielten die Unterstützung von anderen Landesverbänden. Bei einer Großversammlung in der Hasenheide warb Annelies Hoppe, stellvertretende Bundesvorsitzende, für die Abstimmung mit »Ja«. Der Berliner Senat startete gegen uns Ermittlungen wegen des »Aufrufs zum Streik«. Wir bekamen Rechtschutz von der GEW und der Senat musste die Ermittlungen einstellen. Die Zustimmung zu zwei Stunden Arbeitsniederlegung scheiterte wegen des Verbots des Senats und der Sorge der Kolleg*innen vor disziplinarischen Maßnahmen.

Nach der Spaltung bearbeiteten wir in der GEW im DGB auch andere wichtige Themen: Von uns gab es eine Broschüre über die sinnvolle Verwendung der Förderstunden, Stellungnahmen zum Rahmenplan Deutsch und zum Schulentwicklungsplan. Wir veranstalteten Diskussionen zum Thema Eingangsstufe, auch gemeinsam mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV, heute ver.di). Gemeinsam mit der »Internationalen Liga für Menschenrechte« verfassten wir einen offenen Brief an den Senat gegen eine Neufassung des ersten Schulverfassungsgesetzes, in der die Formulierung gegen den Faschismus verwässert werden sollte. In einer Großveranstaltung mit den Parteien forderten wir Anstrengungen für eine bessere Bildungspolitik.

 

Beide Landesverbände kamen wieder zusammen

 

Die Diskussionen um den Unterschied zwischen Gewerkschaften und Parteien gab es schon lange. Im Jahr 1974 sagte ein Senator der SPD zu mir: »Sie als Vorsitzende müssen verhindern, dass SEW-Mitglieder in die Funktionen gewählt werden.« Ich wies das zurück und antwortete: »Für mich zählt nur die Gewerkschaftsarbeit. In einer Demokratie gibt es keinen Einfluss auf Wahlergebnisse.«

Im Jahr 1979 gab es zunächst gemeinsame Fachgruppen- und Bezirksgruppenversammlungen, dann folgte der Beschluss zur Fusion beider Landesverbände. Wir mussten uns nicht auflösen, wir hatten ja den Status einer Gliederung der GEW. Den Hinweis, dass wir für die Zurücknahme des Unvereinbarkeitsbeschlusses mit satzungsgemäßen Mitteln kämpfen werden, gab es schon im Jahr 1976.

Basisdemokratie ist für mich die einzige Form der Demokratie, denn wenn die Basis nicht beteiligt ist, kann ich nicht von Demokratie reden. Stärkung der Demokratie war für mich eine Lebensaufgabe, nicht nur in der Gewerkschaft.

 

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Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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