Wahlprogramme
Pläne für die Brain City
Mit ihren Ideen für die Hochschulen und die Lehrkräftebildung wollen sich die Parteien bei den Senatswahlen im September profilieren. Die GEW BERLIN fasst die verschiedenen Wahlprogramme zusammen.
Berlin brüstet sich als Wissenschaftsstadt, als Brain City. Doch ungeachtet dieses Titels musste der Senat in den vergangenen Jahren oft Kritik einstecken. Im Bereich der Hochschulen und der Lehrer*innenbildung äußern die Parteien vielfältige Wünsche und Versprechungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Wahlaussagen zu diesen Themen zusammen und achten dabei insbesondere auf die Arbeits- und Studienbedingungen im Wissenschaftsbereich sowie die Pläne der Parteien, das Lehramtsstudium und die Einstiegsbedingungen für Lehrer*innen zu verändern.
Gute Arbeit in der Wissenschaft
Die Linke möchte vielfältig darauf einwirken, Mitarbeiter*innen an den Hochschulen zu entfristen und Vollzeitstellen in der Wissenschaft anzubieten. So soll das Pooling von Drittmittelstellen eine Entfristung möglich machen und über die Hochschulverträge weitere Entfristungen verabredet werden. Mit dem Prinzip »Dau-erstellen für Daueraufgaben«, einem Ausbau des Mittelbaus an den Fachhochschulen und unbefristeten Stellen für Post-Docs will Die Linke Arbeitsbedingungen auf allen Ebenen des Wissenschaftsbetriebes verbessern. Hier setzen auch die Grünen an und wollen »prekäre Beschäftigungen in gute Arbeitsverhältnisse umwandeln«. Sowohl Linke als auch Grüne wollen dies in den Hochschulverträgen festschreiben. Die SPD verfolgt das Ziel, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Bund abzuschaffen und durch ein neues »Gesetz für Perspektiven in der wissenschaftlichen Laufbahn« zu ersetzen. Mehr unbefristete Stellen sollen durch eine Departmentstruktur an den Hochschulen entstehen. Tenure-Track--Professuren und eine Anpassung der Promotionsstellen an die durchschnittliche Promotionszeit sollen den Nachwuchs sichern. Die FDP setzt auf mehr Eigenverantwortung an den Hochschulen, diese sollen zum Beispiel über Leistungszulagen für Professor*innen selbst bestimmen. Mit einem möglichen Gründungssabbatical für alle Forscher*innen möchte die FDP die Brücke zur Wirtschaft schließen. Die CDU hält sich mit Forderungen zu Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft zurück und wünscht sich lediglich eine neu einzurichtende Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung.
Hochschuldemokratie
Zur demokratischen Mitbestimmung an Hochschulen äußert sich die CDU nicht. Die FDP hingegen wünscht sich zumindest den Schutz einer offenen und demokratischen Diskussionskultur an Hochschulen. Bei der SPD wird dies konkreter: Zur Einbeziehung von Perspektivvielfalt sind demokratische Hochschulen mit Partizipationsmöglichkeiten ein wichtiger Bestandteil. Auch die Grünen wollen Partizipation über alle Statusgruppen stärken, dies soll am besten im Hochschulgesetz festgeschrieben werden. Viertelparitätische Grundordnungsgremien wären für die Grünen das Mittel der Wahl, um Hochschuldemokratie zu stärken. Die Linke will »mehr Transparenz, mehr Beteiligung, mehr Rechte« und dies auch an Forschungseinrichtungen. Das soll zum Beispiel durch gut ausgestattete Gremienreferate ermöglicht werden. Anrechnung des hochschulpolitischen Engagements auf Studienleistungen und höhere Aufwandsentschädigungen für Studierende möchte die Linke ebenso wie eine Einbeziehung von Professor*innen in die Personalvertretung und eine Stärkung der Mitbestimmung an konfessionellen Hochschulen.
Studienbedingungen
Die Grünen wünschen sich eine Auflösung des Investitionsstaus an Hochschulen: Energetische Sanierung, Klimaneutralität und Digitalisierung sollen im Zentrum stehen. Die Promotion soll in den entsprechenden Forschungsgebieten zukünftig auch an Fachhochschulen möglich sein.
Durchlässigkeit ist auch für die SPD ein wichtiger Punkt. Die Sozialdemokrat*innen wollen dafür Programme wie firstgen, Arbeiterkind und Erasmus fördern. Zusätzlich soll ein modernisiertes alters- und elternunabhängiges BAföG geschaffen werden. Erhöhte Wahlfreiheit von Studierenden, Senkung des Semesterticket-Betrags, Kredite fürs Studierendenwerk zur Schaffung von Wohnheimplätzen: All dies sind laut Linke Maßnahmen zur Verbesserung der Studienqualität und zur Öffnung der Hochschulen für nicht-akademische Haushalte. Die FDP setzt auf eine grundsätzliche Anerkennung aller im Ausland erbrachten Studienleistungen. Auch sie wünscht sich flexiblere Studiengänge und möchte ein besseres Betreuungsverhältnis für Studierende. Digitale Lehre soll langfristig gedacht und in digitale Infrastruktur investiert werden. Das Promotionsrecht soll explizit bei den Unis bleiben. Die CDU setzt einen besonderen Schwerpunkt auf die »Digitale Hochschule« und will dafür eine Verstetigung der Finanzierungsprogramme. Gesicherte finanzielle Rahmenbedingungen für Personal und digitale Infrastruktur sollen für positive digitale Lernerlebnisse auch nach der Pandemie sorgen.
Lehramtsstudium
Um mehr Lehramtsstudienplätze zu schaffen, kann sich die FDP vorstellen, auch die Fachhochschulen einzubeziehen. Die Liberalen wünschen sich mehr Praxisnähe im Lehramtsstudium, außerdem sollen digitale Pädagogik und Arbeitsmethoden feste Lehrinhalte werden. Die SPD wünscht sich eine bedarfsdeckende Lehrkräfte-Ausbildung. Ein neuer Bachelor of Education soll zur stärkeren Orientierung an der Schulpraxis bereits bei Studienbeginn führen. Bei der CDU setzt man allein auf finanzielle Anreize: Die Aussicht auf sofortige Verbeamtung, Übernahmegarantie sowie ein Lehramtsstipendium über 500 Euro bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Tätigkeit an einer Berliner Schule sollen den gewünschten Nachwuchs bringen.
Die Linke hat zusätzlich zur Erhöhung der Studienplätze und Qualität andere Forderungen im Programm: Das Lehramtsstudium soll durchlässiger werden, damit auch Fachmaster oder wissenschaftliche Laufbahnen möglich werden. Themen wie Diversität, pädagogische Haltung, Antidiskriminierung, aber auch eigene Schwerpunktsetzungen sollen im Lehramtsstudium mehr Raum bekommen. Bei den Grünen steht der Ausbau der Studienplätze im Grundschulbereich im Vordergrund. Inhaltlich sollen pädagogische Fragestellungen früher in den Fokus rücken, Inklusion und Vielfalt wesentliche Bestandteile werden. Bereits frühzeitig soll Studierenden auch praktische Erfahrung ermöglicht werden.
Referendariat und Berufseinstieg Schule
Wo die CDU mit Verbeamtung punkten möchte, setzt die FDP auf finanzielle Anreize für Lehrer*innen, die in den ersten drei Jahren nach dem Referendariat in Berlin bleiben. Die SPD will so vielen Lehrkräften wie möglich die Chance auf eine Verbeamtung geben. Das Referendariat soll mit dem Studium stärker verzahnt werden, Referendar*innen durch neue »Ausbildungskoordinator*innen« unterstützt werden. Die Linke will das berufsbegleitende Referendariat besser bewerben und eine Verkürzung des Referendariats ermöglichen. Zusätzlich möchte die Linke prüfen, ob eine Anpassung des letzten Semesters an das Schuljahr sinnvoll ist, um einen früheren Einstieg ins Referendariat zu ermöglichen. Die Grünen wollen ein Berliner Landesinstitut, welches die zweite Phase der Lehrer*innenbildung sowie Fort- und Weiterbildungen zusammenfasst. Im Vorbereitungsdienst sollen höhere Bezüge locken. Eine Zulage während des Referendariats winkt für diejenigen, die sich für eine Tätigkeit in Berlin verpflichten.
Quereinstieg
Die Grünen wollen den Quereinstieg für Absolvent*innen pädagogischer Studiengänge und für Lehrkräfte mit nur einem Fach öffnen. Quereinsteiger*innen sollen erst einmal mit einer sechswöchigen Hospitation starten. Häufungen von Quereinsteiger*innen an bestimmten Schulen sollen verhindert werden. Die SPD möchte die Studienqualität verbessern und im ersten Semester die Unterrichtsverpflichtung zugunsten von Ausbildungs- und Hospitationszeit senken. Bei der FDP setzt man auf Aufstiegsmöglichkeiten für Laufbahnbewerber*innen, um die Häufung von Quereinsteiger*innen an Brennpunktschulen zu verhindern. Die CDU möchte Quereinsteiger*innen an Schulen auf 20 Prozent begrenzen und diese zum Beispiel keine Hauptfächer unterrichten lassen. Befriste Arbeitsverträge sollen die Gefahren bei Nicht-Eignung der Lehrkräfte senken. Auch die Linke will die Ausbildungsqualität verbessern und die Unterrichtsverpflichtung am Anfang senken. Verbindliche Mentor*innenstunden, individuelle Betreuung und ein Ausbau der Q-Master-Studiengänge sind damit verbundene Maßnahmen.
Fort- und Weiterbildung Lehrkräfte
Bei den Grünen sollen Fortbildungen einen Platz in der Arbeitszeit von Lehrkräften erhalten. In dem neu zu gründenden Berliner Landesinstitut für Lehrer*innenbildung wären auch Fort- und Weiterbildungsangebote zusammengefasst und bestehende Einrichtungen integriert. Die Linke möchte den verpflichtenden Auf- und Ausbau digitaler Kompetenzen. Inklusiv arbeitende Schulen sollen einen jährlichen Studientag zusätzlich erhalten. Auch die SPD hätte gerne ein »Landesbildungsinstitut für Schule«. Besonders in den Bereichen Diversität, Heterogenität, digitale Bildung, Didaktik sowie Sprach- und Demokratiebildung brauche es mehr Angebote. Die FDP setzt auf die verpflichtende Teilnahme an bedarfsgerechten Fortbildungen: Dafür soll das LISUM finanziell und personell besser ausgestattet werden. Die CDU will ebenfalls einen personellen Ausbau des LISUM. Sie sieht ein Defizit beim Umgang mit Antisemitismus und Rassismus an Schulen und will in diesen Bereichen verpflichtende Angebote verankern.
Vergleich Wahlprogramme (bitte aufklappen)
Hinweis: Die Seitenzahlen beziehen sich auf die Langversionen der Wahlprogramme der Parteien:
Die Linke: https://dielinke.berlin/fileadmin/download/2021/wahlprogramm_ah21.pdf
Bündnis 90/Die Grünen: https://gruene.berlin/fileadmin/BE/lv_berlin/LV_Berlin_Dokumente/Wahl_2021/b90dg_wahlprogramm_2021.pdf
SPD: https://spd.berlin/media/2021/05/SPD-Berlin_Landeswahlprogramm.pdf
CDU: https://cdu.berlin/image/uploads/data/Berlin-Plan_CDU-Berlin_2021-2026.pdf
FDP: https://www.fdp-berlin.de/wp-content/uploads/2021/06/Wahlprogramm-der-FDP-Berlin-zur-Abgeordnetenhauswahl-2021.pdf
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