bbz 11 / 2019
Privatisierungsfalle Schulreinigung
Das System der Fremdvergabe von originären Aufgaben des Landes muss ein Ende haben. Die Initiative »Schule in Not« kämpft dafür
Die Senatsverwaltungen geben jährlich Millionen Euro an private Firmen weiter. Das System beruht dabei auf der Annahme Kosten einsparen zu können, ohne jedoch eine ausreichende Qualität sicher zu stellen. Es nimmt sogar einen Unterbietungswettbewerb in Kauf, der prekäre Beschäftigung und Schwarzarbeit fördert.
Was erwartet die Gesellschaft von jungen Menschen, die in schmutzigen Räumen, Fluren, Höfen und Toiletten Schule erlebt? Sie werden das irgendwann als normal einordnen und in andere Lebensbereiche weitertragen. Dabei ist nicht klar, ob die Mangelreinigung ein extremer Ausdruck der Berliner Bildungsmisere ist oder diese nur weiterbefördert. Wahrscheinlich beides. Eine Selbstverständlichkeit, wie Schule als saubere und gesunde Lernumgebung, ist zu einem fantastischen Traum vom Schlaraffenland geworden.
Für eine regelmäßige Unterhaltsreinigung haben die Reinigungskräfte viel zu wenig Zeit. Für absurd hohe Quadratmeterzahlen gibt es Minutenvorgaben. Aber nicht einmal das können wir kontrollieren. Viel findet nachts statt. In den Kollegien kennen wir die Leute meistens nicht. Wie auch? Die Firmen und das Personal wechseln ständig. In Neukölln haben wir erlebt, wie die mit Versprechungen aus Bulgarien nach Berlin gelockten Arbeitskräfte sich bei einem Discounter ihr Putzzeug erstmal selber kaufen mussten. Es kommt auch vor, dass das wenige, ihnen versprochene Geld gar nicht gezahlt wird.
Von Selbsthilfe ist abzuraten
Eine Grundreinigung muss man beantragen, als wäre das ein Luxus. Dann müssen wir auch noch hoffen, dass sie im Wechsel der Firmen stattfinden. Glasreinigungen kennen viele nur noch vom Hören-Sagen.
Nach Baumaßnahmen wäre eine Bauendreinigung wohl als selbstverständlich anzunehmen. Da auch kleinste Baumaßnahmen genau wie die Reinigungen fremdvergeben werden, gibt es hier eine doppelte Kontrolllücke und der Dreck bleibt oft genug liegen. Lehrkräfte neigen dazu, selbst zu putzen. Davon ist dringend abzuraten. Wird zum Beispiel über die Sommerferien in Deckenplatten gebohrt, kann eine Gesundheitsgefährdung entstehen. Oft wurde im letzten Jahrtausend Mineralwolle verbaut. Wird diese beschädigt, können karzinogene Stoffe freigesetzt werden. Die Räume dürfen dann nicht betreten werden, schon gar nicht von Kindern. Das Bezirksamt ist zu verständigen. Man kann nur die Spezialreinigung abwarten. Wer nach den Ferien selbst putzt, gefährdet sich und andere und gibt den illegitimen, zusätzlichen Präsenztagen einen falschen Sinn.
Aber wie soll es denn nun gehen? Die Neuköllner Initiative von Aktiven »Schule in Not« nimmt diese Zustände nicht mehr hin. Wir verlangen mit unserem bezirklichen Bürgerbegehren »Saubere Schulen« nicht weniger, als dass die Reinigung in kommunaler Trägerschaft ausgeführt wird. Die Reinigungskräfte sollen unbefristete Tarifverträge erhalten und den Schulen zugeordnet werden. Dabei ist ein Personalpool nötig, um bei Krankheit und Urlaub Vertretungen sicher zu stellen.
Unsere Initiative sammelt seit August Unterschriften und ist atemberaubend gewachsen. In nunmehr sechs Bezirken gibt es Aktive. Das sind pädagogisch Beschäftigte, Eltern, Hausmeister – ein breiter Querschnitt durch Berlin. Wir gehen in die Schulen, wir gehen auf die Straße, wir machen Druck auf die Politik. Der Senat und die Bezirke müssen endlich Verantwortung übernehmen für ihr jahrelanges Wegschauen. Es ist ein Wert an sich, dass alle an Schulen Beschäftigten mit den Eltern an einem Strang ziehen und dass die Betroffenen sich gemeinsam wehren gegen den neoliberalen Wahn des »Outsourcing«. Die gleichberechtigte Basisorganisation erklärt unsere große Effizienz im Auftritt und der öffentlichen Wahrnehmung. Wir werden an diesem Punkt Erfolge haben. Das ist nur der erste Schritt. Der Kampf gegen den Bildungsnotstand geht weiter.