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Schwerpunkt "Rechte Strategien"

Rechte Tendenzen an Hochschulen

Von Ambitionen in Hochschulgremien bis hin zur Wissenschaftsfreiheit – eine Analyse aktueller Strategien und Gegenbewegungen.

Foto: Jacob Hehlke

Gibt es rechte Strategien an Hochschulen und wenn ja, welche sind das? Politische Forderungen und Äußerungen von rechten Akteur*innen wie der AfD lassen zunächst nicht an Wissenschafts- und Hochschulpolitik denken. Doch auch wenn dieses Thema nach dem rassistischen Hauptanliegen »Ausländer raus« einen geringeren Stellenwert einnimmt, gab es in den vergangenen Jahren Versuche, im Hochschulbereich aktiv zu werden und die Grenzen des Sagbaren zu verschieben. Im Folgenden möchte ich diese Entwicklungen und mögliche Reaktionen darauf beleuchten.

Die AfD wird hier als beispielhafter Akteur herangezogen, da sie gegenwärtig das größte organisatorische Sammelbecken rechter Kräfte in Deutschland darstellt und vor allem auf Landesebene einen direkten Einfluss auf Bildungspolitik nehmen kann. Wie bereits in der bbz 12/2019 dargestellt, ist »ihre Bildungspolitik vor allem durch autoritäres Denken sowie rassistische und sozialdarwinistische Vorstellungen motiviert«. Grundlegend geht es darum, Hürden im Bildungssystem wieder einzuführen, sprich die Selektion auf allen Ebenen des Bildungssystems zu verstärken und etwa den Zugang zu Hochschulen zu erschweren. Das beruht auf der Annahme, dass nur eine selektierte Elite zu Höchstleistungen in Forschung und Wissenschaft imstande sei.

 

Ideologische Einflussnahme auf Bildungspolitik

 

Gleichzeitig wird die Wissenschaftsfreiheit betont, die nach Ansicht der AfD auch »Ideologiefreiheit« umfasst, was die Abschaffung unliebsamer Studienfächer wie Gender Studies bedeutet. Die AfD sieht in Hochschulen, insbesondere in Universitäten, prestigeträchtige Institutionen, die eine künftige deutsche Elite hervorbringen sollen. Es gab seit der Gründung der Partei immer wieder Versuche, in diesen Institutionen Fuß zu fassen, insbesondere durch AfD-Hochschulgruppen von Studierenden, die bundesweit auftraten und vereinzelt versuchten, in Studierendenparlamente einzuziehen. Wie in der Mutterpartei ging es dabei selten um konkrete Hochschulpolitik, sondern vielmehr darum, den Raum Hochschule von rechts zu besetzen und sich zum Beispiel an linken Studierendenvertretungen abzuarbeiten. Diese Bemühungen waren jedoch größtenteils erfolglos. Oft waren die Hochschulgruppen nur ein verlängerter Arm der lokalen Jungen Alternative und konnten wenig Kontinuität aufweisen. Abgesehen von einzelnen Störaktionen war der größte Erfolg, dass ein Vertreter für ein Jahr in ein Studierendenparlament gewählt wurde. Schon vor der Coronapandemie gingen die Aktivitäten der meisten Gruppen deutlich zurück und haben mit der Umstellung der Hochschulen auf Onlinebetrieb komplett aufgehört. Der gescheiterte Versuch des rechten Nachwuchses, sich im Hochschulbetrieb zu etablieren, ist zu einem erheblichen Teil den Protesten und der Aufklärungsarbeit anderer Studierender zu verdanken. Diese haben dafür gesorgt, dass die Selbstinszenierung der AfD an Hochschulen als bürgerlich-konservativ und demokratisch nicht aufging.

 

Die Rolle der Desiderius-Erasmus-Stiftung

 

Hoffnungen auf Nachwuchsförderung für rechte Akademiker*innen und Netzwerke an Hochschulen setzte die AfD in die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Ein Gesetz über die staatliche Finanzierung parteinaher Stiftungen im November 2023 schloss diese jedoch zunächst von der staatlichen Förderung aus. Parteien müssen seither mindestens dreimal hintereinander in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten sein und die jeweilige Stiftung muss sich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzen. Dies könnte durch die Beobachtungen vom Verfassungsschutz für die AfD und die DES schwierig werden.

Der aktuelle Umgang der AfD mit den Hochschulen ist vor allem als ein Feld für einen rechten Kulturkampf zu verstehen. Mangels Sympathien, Anhänger*innen und organisatorischer Verankerung an Hochschulen, kritisiert die Partei umso heftiger, was sie glaubt, was dort passiere. Die von Rechten geforderte und proklamierte »Ideologiefreiheit« zeigt sich darin, immer wieder zu betonen, welche Studiengänge und Forschungsthemen als unsinnig angesehen und abgeschafft werden sollten – insbesondere solche, die Gender im Titel tragen oder rassismuskritisch sind. Auch wenn dies selten das Hauptthema ist, steht für die AfD als Klimawandelleugnungspartei der wachsende Fokus der Forschung auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Verdacht, ideologische Spinnerei zu sein. Um sich politisch zu profilieren und das eigene Bild als einzige Oppositionspartei zu stärken, zeichnet die AfD ein Bild von einer »woken« Hochschullandschaft, in der nicht mehr ernsthaft geforscht wird und die einer gründlichen Überarbeitung bedarf. Diese Rhetorik dürfte bei den eigenen Anhänger*innen Anklang finden. Dass es dabei selten um die realen Konflikte innerhalb des Hochschulbetriebs geht, ist wenig verwunderlich. Aktuelle Auseinandersetzungen, etwa um Antisemitismus, Rassismus, postkoloniale Theorie und die Kritik daran, verlaufen zum Teil auch quer durch die linken Milieus an Hochschulen und lassen sich nicht so einfach in ein links-rechts-Schema einordnen.

 

Klassische Mittel des Antifaschismus

 

Aktuell erleben wir einen Aufschwung in der Organisierung gegen Rechts durch Studierende, wobei der Fokus der Kritik dabei in erster Linie auf Akteur*innen außerhalb der Hochschule liegt. Dies wurde durch die bundesweiten Mobilisierungen gegen Rechts angestoßen, die nach der Correctiv-Recherche zu den Deportationsplänen entstanden sind. Erfolgreiche Strategien gegen rechte Akteur*innen an Hochschulen umfassten in der Vergangenheit klassische Mittel des Antifaschismus: Aufklärung und Bildung über die Ideologie und Strategien der Rechten, Proteste und eine bewusste Grenzziehung gegenüber rechten Akteur*innen und Positionen, um deren Normalisierung zu verhindern. Auch wenn nicht automatisch als antifaschistisch gelabelt, so lassen sich Vorträge, Workshops und Veranstaltungen, die sich kritisch mit Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus befassen, auch als solche fassen. Bei der Kritik dieser Phänomene geht es häufig nicht darum, sie nur an einem rechten Rand zu verorten, sondern sie als generelle gesellschaftliche Probleme zu verstehen. Die aktuellen Konflikte an deutschen Hochschulen vor dem Hintergrund des Krieges in Palästina und Israel verdeutlichen das.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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