Schulbau
Schöner lernen im Speckgürtel
Der Landkreis Oberhavel zeigt mit seinen neuen Schulen, was innovative Schularchitektur leisten kann.
Die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule im Mühlenbecker Land ist ein architektonisches Kleinod mit pädagogischem Innovationspotenzial. Diese Schule hat in den letzten Jahren eine erstaunliche Karriere erlebt. Zunächst beheimatet in einem Plattenbau und seit 1992 Ganztagsschule, zog die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule 2010 in einen Neubau gleich nebenan. Der Neubau ist großzügig angelegt, mit modernen Klassen- und Fachräumen und einer Dreifeldsporthalle. Schon ein großer Fortschritt gegenüber dem zu klein gewordenen ehemaligen Gebäude, aber im Wesentlichen war der erste Bauabschnitt der neuen Gesamtschule noch recht konventionell.
Das änderte sich mit dem neuen Gebäude des zweiten Bauabschnittes, der 2012 fertiggestellt wurde. Die Klassenräume sind 80 Quadratmeter groß, alle zum Flur hin verglast, öffnen sich also in die Schule. Dadurch wird der ohnehin großzügige Flurraum noch luftiger und heller. Hier können Gruppen arbeiten und sind trotzdem noch für die Klasse sichtbar, hier kann man aber auch abhängen, kommunizieren oder lernen. Die sechseckigen Klassenräume erinnern an Scharouns Experimente der fünfziger und sechziger Jahre, bieten aber den neuesten energetischen Standard. Die Akustikplatten an der Decke sorgen nicht nur für die Lärmdämmung, sondern sind mit ihrem raffi-nierten Design wahre Eyecatcher. Was solche Lärmdämmung bewirkt, bekommt mit, wer den ungedämmten Treppenaufgang benutzt.
Neue Räume ermöglichen neue Konzepte
Das Gebäude ist ein Angebot an die Schule, neue Lernformen zu praktizieren. »Es gibt noch gewisse Schwierigkeiten mit der Öffnung der Schule nach außen und der damit verbundenen Differenzierung«, sagt Schulleiterin Kathrin Haase. »Noch haben nicht alle Kolleginnen und Kollegen ihren herkömmlichen Unterricht umgestellt und einige fremdelten auch mit den transparenten Räumen.« Es gebe auch einige Lehrkräfte, die noch genauso unterrichten, wie sie das selbst erlebt haben. Haase selbst kam vor fünf Jahren als Schulleiterin an die Schule, hat also alle Bauaktivitäten miterlebt und musste sich im Umgang mit den neuen Kolleginnen und zugleich im Umgang mit den neuen Schulgebäuden einarbeiten. »So ein Prozess geht eben nicht so schnell, aber man ist auf einem guten Weg.« sagt Haase. Jedenfalls sei der Zustrom an Schülerinnen enorm, mehr als aufgenommen werden könnten. Die Schule startet im siebten Jahrgang sechszügig und geht dreizügig in die Sekundarstufe II. Insgesamt unterrichten 70 Lehrkräfte die fast 900 Schülerinnen.
Die Schulbibliothek ist vom Bestand her zwar relativ klein, hat aber einen schön eingerichteten hellen Raum, der mit einer Bank in der Mitte auch als Diskussionsraum genutzt wird. Das Kollegium hatte sich auch dagegen entschieden, dort Computerplätze einzurichten, denn die Bibliothek solle vor allem ein Ort des Lesens sein.
Die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule liegt mitten im Landschaftsschutzgebiet auf einem leicht ansteigenden Gelände. Von einem Großteil der Räume hat man einen herrlichen Blick in die grünende und blühende Natur. Besonders schön ist der Blick aus dem Kunstraum. Und unverbaubar, wie Haase betont, denn es sei ja Naturschutzgebiet. Hier gehen deshalb die Biologie-Lehrkräfte mit der Klasse ab und zu in die Natur und sammeln seltene Kräuter und Blumen. Das könnte ein gutes Vorbild für die in Berlin zu erwartenden Schulneubauten sein. Vielleicht lohnt sich einfach mal ein Blick über den Zaun.
Ulrich Meuel, ehemaliger stellvertretender Schulleiter der Fritz-Korsen-Schule und Klaus Will, ehemaliger geschäftsführender Redakteur der bbz