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Standpunkt

So wird sich die Bildungskrise nicht bewältigen lassen

Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD bleibt im Bildungsbereich deutlich hinter den Erwartungen der GEW BERLIN zurück.

Foto: Fotostudio Charlottenburg

Nur wenige Tage bevor SPD und CDU ihren Koalitionsvertrag vorgestellt haben kamen im GEW-Haus acht der wichtigsten bildungspolitischen Akteur*innen der Stadt zu einer gemeinsamen Pressekonferenz zusammen, um über Wege aus der Bildungskrise zu sprechen. Trotz unterschiedlicher Perspektiven war die Botschaft eindeutig: Bildung muss endlich Priorität erhalten in Berlin.

Der nun vorgestellte Koalitionsvertrag bleibt leider weit hinter den Erfordernissen zurück. Was sich die neue Regierung zur Lösung der Bildungskrise vorstellt, ist nur zum Teil sinnvoll. Wesentliche Punkte fehlen ganz. Im Interview sprach der designierte Regierende Bürgermeister Kai Wegner von »vielen kleinen Hebeln«. Ob die nun vorgestellten Maßnahmen tatsächlich Hebelwirkung entfalten werden, darf jedoch bezweifelt werden. In der Hand hätte es die CDU, die künftig neben dem Bildungs- auch das Finanzressort führen wird.

SPD und CDU streben ein verpflichtendes Kita-Jahr an für Kinder, die den Sprachtest nicht bestehen. Richtig ist, dass Sprachförderung von elementarer Bedeutung ist. Wichtig wäre es, hier zu einem aufsuchenden partizipativem Verfahren zu kommen, das die Möglichkeiten der Familien stärkt. Damit die Kinder von Anfang an in den Kitas ankommen und die Familien nicht an den bürokratischen Hürden scheitern. Ob Sprachförderung in zwölf Monaten vollständig zu leisten ist und wie und wo die Kinder einen Kitaplatz bekommen sollen, ist noch nicht ausformuliert. Ein Zwang, der bei Fernbleiben Bußgelder zu Folge hat, hilft niemandem.

Leider bietet der Koalitionsvertrag zum Thema Ganztag so gar keine Anhaltspunkte. Über den Personalschlüssel und Verbesserungen für die Kolleg*innen, die die Arbeit in der ergänzenden Förderung und Betreuung stemmen: kein Wort. Hier wird deutlich, dass wir verstärkt auf die Straße müssen, um das Thema aus den Schulen in die Gesellschaft zu tragen. Wir wissen, dass der Personalschlüssel von 1:22 viel zu gering ist, um die Früh- und Spätbetreuung abzudecken. Diesen Personalschlüssel zu verbessern, wäre dringend notwendig gewesen.

Am zentralen Punkt der Lehrkräftebildung bleibt der Koalitionsvertrag viel zu vage. Eine Absolvent*innenanzahl von 2.500 anzustreben, wird nicht ausreichen. Es gibt einen jährlichen Bedarf von 3.000 Absolvent*innen. Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive und verbindliche Zusagen darüber, wie die Hochschulen bei dieser Aufgabe unterstützt werden.

Die Steigerung der Mittel für die Hochschulen auf fünf Prozent ist ein Schritt vorwärts. Mit der erklärten Absicht, bei der Mittelvergabe auf Zielindikatoren zu verzichten, geht es drei Schritte zurück. Ohne das Ziel »Gute Arbeit« auch in den Hochschulverträgen zu definieren und überprüfbar zu kontrollieren, wird die Befristungspraxis wieder zunehmen.

Wir werden auch diese Regierung kritisch begleiten und insbesondere kleinere Klassen und auch die von der CDU noch vor der Wahl beantragten Änderungen zum Nachteilsausgleich einfordern. Lasst uns dran bleiben, denn unsere Arbeitsbedingungen von Kita bis Hochschule werden sich ohne unseren Einsatz nicht verbessern.   

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46