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Internationales

Solidarität über Grenzen hinweg

Ein Blick auf die gemeinsamen Anstrengungen der GEW und ihrer Partnergewerkschaft in Nord- und Ostsyrien.

Foto: GEW BERLIN

Die GEW und die Lehrer*innengewerkschaft Yekîtiya Mamosteyên (Union of Teachers North and East Syria/UTNES) haben eine Partnerschaft aufgebaut, die über kulturelle und geografische Grenzen hinweggeht. Zu einem ersten persönlichen Kontakt zwischen dem Berliner GEW-Vorstand und der UTNES-Vorsitzenden Nesrin Reshk kam es bei ihrem Besuch im Februar 2023. Dieses Treffen legte den Grundstein für eine fortlaufende Zusammenarbeit. Im Zuge des Aufbaus regionaler Verbindungen fand das erste Online-Gespräch mit Vertreter*innen des Regionalbüros Efrîn/Şehba der UTNES statt, um Visionen und Herausforderungen zu teilen. Die beiderseitige Bereitschaft, den Dialog zu verstetigen, mündete in die Planung eines weiteren Treffens im Juli 2024.

 

Bevölkerungswachstum und Embargo belasten die Region

 

Die Kolleg*innen aus Nordsyrien berichteten von den dramatischen Veränderungen seit der unrechtmäßigen Besetzung Efrîns durch die Türkei im Jahr 2018: Die Bevölkerungszahl hat sich mehr als verdoppelt, und ein Embargo der syrischen Regierung erschwert die Lage zusätzlich. So werden oft Güter an dem von Syrien kontrollierten Checkpoint zurückgehalten. Ende letzten Jahres konnte über längere Zeit kein Unterricht erteilt werden, da kein Treibstoff durchgelassen wurde und somit die Unterrichtsräume nicht beheizt werden konnten.

Von der internationalen Gemeinschaft gibt es keine Unterstützung bei der Versorgung der Binnenflüchtlinge. Entgegen der Information im Beitrag »Erneute Angriffe erschweren die Bildungsarbeit« (bbz 1/2 2024) wurde jegliche Unterstützung durch UNICEF, sogar die Wasserversorgung der Flüchtlingscamps, gänzlich eingestellt. Die vorhandenen Brunnen verfügen nicht über die nötige Wassermenge, um die gesamte Bevölkerung im Kanton ausreichend zu versorgen. Dadurch entsteht zwangsläufig ein Problem mit der Hygiene, was wiederum zur Ausbreitung von Krankheiten führt.

 

Integration und Bildungsvielfalt als Widerstand

 

Trotz aller widrigen Umstände gelang es, die über 100.000 vorwiegend kurdischsprachigen Binnenflüchtlinge in die vorher dominant arabischsprachige Bevölkerung zu integrieren und das mehrsprachige, multikulturelle Bildungssystem der Selbstverwaltung umzusetzen. Jedoch wird die Lieferung der von der Selbstverwaltung erstellten Unterrichtsmaterialien durch das Embargo behindert, was die Arbeit der Kolleg*innen immens erschwert. Seit 2018 verharren die Menschen in den Camps, ihr Verweilen ist eine Form ihres Widerstandes gegen die Besatzung von Efrîn. Sie fordern die Rückkehr in ihre Heimat. Solange dies nicht ermöglicht wird, müssen auch diese Camps der Binnenflüchtlinge aus Efrîn international anerkannt und unterstützt werden.

 

Demokratische Strukturen stärken

 

Zusätzlich zum Aufbau regionaler Kontakte wird auch der Austausch zwischen der bundesweiten Koordinierungsgruppe Nord- und Ostsyrien mit Vertreter*innen von Yekîtiya Mamosteyên fortgesetzt. In einem vom Berliner Landesverband organisierten Online-Treffen am 19. April berichteten die Kolleg*innen über die negativen Auswirkungen der seit Oktober 2023 intensivierten Bombardements der Infrastruktur und der Drohnenangriffe auf die Region Nordsyrien durch die Türkei. Die Bevölkerung leidet unter einer hohen psychischen Belastung. Seitens der Gewerkschaft werden verschiedene Anstrengungen unternommen, ihre Mitglieder zu unterstützen. So sind Kooperativen zur Verbesserung der Ernährungslage im Aufbau. Trotz aller Schwierigkeiten wird im Bildungswesen das Recht auf Mitsprache der Bevölkerung sehr ernst genommen. So wurde beispielsweise in einigen Gebieten intensiv nach Lösungen angesichts skeptischer Haltungen zur eingeführten Koedukation und zum Ethik- statt Religionsunterricht gesucht und Regelungen gefunden. Damit das einzigartige demokratische System im Nahen Osten in seiner Existenz weiterbestehen kann, sehen wir es in der Koordinierungsgruppe als besonders wichtig an, unsere solidarische Unterstützungsarbeit fortzusetzen und weiterhin die Öffentlichkeit über die dortige Lage zu informieren.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Privat:  030 / 219993-46