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Recht & Tarif

Streik für bessere Arbeitsbedingungen fulminant gestartet

Erstmals streiken angestellte Lehrkräfte für bessere Arbeitsbedingungen an den Schulen.

Foto: Christian von Polentz

Alle paar Jahre streiken die Angestellten des öffentlichen Dienstes für höhere Löhne. Das ist geübte Praxis und ist mal mehr und mal weniger erfolgreich. In jedem Fall ist dieses Mittel im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen vor allem eines: Absolut notwendig. Ohne Streiks wurde noch keine auch noch so gerechte, plausible oder angemessene Forderung von Arbeitnehmer*innen durchgesetzt: Lohnerhöhung, EG13 für Grundschullehrkräfte oder höhere Bezahlung von Erzieher*innen. Zunehmend geraten die Arbeitsbedingungen in den Mittelpunkt der Tarifauseinandersetzungen. Sei es die 35-Stunden-Woche in der Metall- und Elektroindustrie im Osten, das Wahlmodell bei der Bahn oder jüngst der tariflich abgesicherte Personalschlüssel in den Berliner Krankenhäusern. Auch uns erreichen immer wieder Mitteilungen von Lehrkräften: »Ich arbeite mich kaputt. Meine Arbeit macht mich krank.«

Mit einem Tarifvertrag Gesundheitsschutz wollen wir das Verhältnis von Schüler*innen zu Lehrkräften tariflich regeln sowie mehr Stellen für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit schaffen. Kleinere Klassen verringern den Korrekturbedarf, bedeuten weniger Zeit für Vor- und Nachbereitung und können die Unterrichtsqualität verbessern. Kleine Lerngruppen verbessern die Lernatmosphäre und erlauben mehr Zeit für individuelles Lernen sowie Beziehungsarbeit. Das alles trägt zur Entlastung und Gesunderhaltung bei. Wir haben genau diese Erfahrungen während der Pandemie machen können. Im Juni 2021 haben wir Finanzsenator und Bildungssenatorin zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Der Senat hat Verhandlungen abgelehnt und so sind wir am 6. Oktober mit einem ersten Warnstreik an 28 ausgewählten Schulen in die Tarifauseinandersetzung gestartet.

Rauer Wind bläst uns ins Gesicht

Als auch der neue Senat uns kein Gesprächsangebot unterbreitete, sahen wir uns gezwungen, alle angestellten Lehrkräfte zu einem eintägigen Streik aufzurufen. Es sollte einer der ersten Tage der Prüfungsphase fürs Abitur sein, auch um den Schüler*innen noch möglichst viel Unterrichtszeit zu lassen. Was wurde hier für ein moralischer Druck aufgebaut? Schulleitungen und Senatsvertreter*innen warfen den Lehrkräften vor, das Abitur zu gefährden. »Wenn das Abitur gefährdet ist, dann nicht wegen eines Streiktages, sondern wegen der miesen Lernbedingungen in den 12 bis 13 Jahren auf dem Weg zum Abitur,« rief Anne Albers den streikenden Lehrkräften am 7. April vor dem Roten Rathaus zu. Albers leitet zusammen mit Udo Mertens den Vorstandsbereich Beamten- und Angestelltenpolitik in der GEW BERLIN. Und auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sah keine Möglichkeit mit uns einen Tarifvertrag zu verhandeln – und schob zur Verteidigung sogar die Kinder vor, die aus der Ukraine nach Berlin geflüchtet sind. Um es klar zu sagen: Die dramatische weltpolitische Lage als Argument gegen unsere Forderung nach Entlastung zu nehmen ist zynisch!

Ein kraftvolles Signal

Auch der Lehrkräftemangel ist kein Argument gegen unser Tarifvorhaben. Uns geht es mit dem Tarifvertrag um einen Einstieg in Verbesserungen. Es geht darum, in die Zukunft zu wirken. Damit der Senat sich bekennt, mehr Schulen zu bauen und mehr Lehrkräfte auszubilden. Die Mangelsituation geht zulasten der Beschäftigten, die in immer größeren Klassen unterrichten müssen. Und zu Lasten der Schüler*innen, die in immer beengteren Verhältnissen lernen müssen.

Fast 3.000 Lehrkräfte ließen sich vom politischen und medialen Widerstand nicht beeindrucken und legten am 7. April die Arbeit nieder. Viele Gespräche und selbstgebastelte Schilder zeigten: Die Forderung nach kleineren Klassen hat bei den Beschäftigten einen Nerv getroffen. Es liegt nun am Senat, ob er mit uns Verhandlungen aufnimmt. Andernfalls sehen wir uns bald wieder auf der Straße!

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46