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Schule

Veränderungen bei der Lehrkräftezumessung – was nun?

Die Senatsbildungsverwaltung hat die Verwaltungsvorschriften zur Lehrkräftezumessung geändert, was direkte Auswirkungen auf die Ausstattung von Schulen mit Lehrkräften hat. Die GEW BERLIN erklärt, was sie für die Schulen bedeuten.

Foto: Adobe Stock

Die Grundlage für die Ausstattung einer Schule mit Lehrkräften bilden die sogenannten Verwaltungsvorschriften für die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen (VV Zumessung). In den VV Zumessung wird festgelegt, anhand welcher Faktoren die Lehrkräftestunden, die eine Schule erhält, errechnet werden. Die Senatsbildungsverwaltung hat nun einige Veränderungen bei den VV Zumessung für die kommenden zwei Schuljahre vorgenommen. Die GEW BERLIN hat bereits an verschiedenen Stellen Kritik zu den problematischen Punkten eingebracht, bisher leider ohne Erfolg. Hier erklären wir, was die Neuerungen für die Schulen bedeuten. Wir ermutigen auch dazu, sich selbstbewusst in die schulischen Gremien einzubringen. Das war schon immer wichtig und ist in Anbetracht der Änderungen nun noch wichtiger.

Jede Schule erhält eine Grundausstattung (orange). Darüber hinaus kann es eine bedarfsabhängige, schulscharfe Ergänzung (blau) und die Steuerung durch die Schulaufsicht (grün) geben. Diese müssen dann von der Schule beantragt werden. 

Manche der Neuerungen sind in der Übersicht nicht abgebildet. Im Folgenden geht es vor allem um die Veränderungen im Zusammenhang mit der schulaufsichtlichen Budgetierung, der Stellenumwandlung, den schulorganisatorischen Anrechnungsstunden und der verlässlichen Grundausstattung.

1. Schulaufsichtliche Budgetierung/Steuerung durch die Schulaufsicht

Worum geht´s?

Ein Anteil von 3,3% der gesamten Zumessung bleibt zunächst bei den regionalen Schulaufsichten. Es soll als Steuerungsreserve für die allgemeinbildenden Schulen dienen. Die Budgets sollen von der zuständigen Schulaufsicht standortscharf, bedarfsgerecht und kriteriengeleitet den Schulen zugewiesen sowie transparent dokumentiert werden. Die Schulen müssen die zusätzlichen Ressourcen beantragen und die zielgerichtete Verwendung nachweisen. Im Antragsformular für die zusätzlichen Lehrkräftestunden werden folgende drei Bereiche aufgeführt: 

a) Soziale Benachteiligung und besondere – auch sonderpädagogische – Förderung 

b) Sprachförderung: Übergangsbegleitung Willkommensschüler*innen & andere Maßnahmen der Sprachförderung 

c) Schulische oder schulübergreifende Maßnahmen

Die GEW BERLIN kritisiert das Verfahren als intransparent. In der einzelnen Schule ist es wichtig, zu überlegen, inwiefern und für welchen der angegebenen Bereiche zusätzliche Ressourcen aus dem Topf beantragt werden. Das liegt in erster Linie in der Verantwortung der Schulleitung. Aber es sollte sowohl in der Gesamtkonferenz als auch in der Schulkonferenz thematisiert werden.

Die örtlichen Personalräte könnten sich von den Schulaufsichten regelmäßig eine Übersicht über die Mittelverwendung und –zuweisung vorlegen lassen.

2. Umwandlung von Lehrkräftestellen

Worum geht´s?

Die VV Zumessung enthält nun die Vorgabe, dass 3% des Unterrichtsbedarfs der Schulen der Region mit anderen Professionen abgedeckt werden sollen. Dies soll regional gesteuert werden und laut Dienststelle der Stärkung von multiprofessionellen Teams dienen. Die Umwandlung soll zukünftig in einem Verhältnis 1:1 erfolgen. Das bedeutet, dass die Schulen statt einer Lehrkraft nun eine*n Erzieher*in; Betreuer*in oder Ergotherapeut*in einstellen. Stellenumwandlungen erfolgen immer genau für ein Schuljahr und die Stellenbesetzung ist unbefristet. Gesteuert wird dann laut Senatsbildungsverwaltung durch Umsetzungen oder Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis. Laut SenBJF soll die Schulleitung allein über die Umwandlung entscheiden.

Folgende Berufsgruppen sind für die Umwandlung zulässig: Erzieher*innen, Pädagogische Unterrichtshilfen, Betreuer*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, Sprachlernassistent*innen, Logopäd*innen, Lerntherapeut*innen, Musiktherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Verwaltungsleitungen, pädagogische Assistenzen, Medienpädagog*innen und demnächst Werkstattleiter*innen.

Eine verbindliche Verankerung von 3-prozentiger Abdeckung des Lehrkräftebedarfs durch andere Professionen ist aus GEW-Sicht alles andere als eine Stärkung der multiprofessionellen Teams an Schulen. Hier werden schwer zu besetzende Lehrkräftestellen umgewidmet, ohne, dass sich beim Unterrichtsbedarf etwas ändert. Das stellt für das bestehende Schulpersonal eine zusätzliche Belastung dar. Problematisch ist, dass nach wie vor insbesondere Stunden für die sonderpädagogische Förderung für die Stellenumwandlung vorgesehen sind. Durch die 1:1-Umwandlung spart die Senatsbildungsverwaltung sehr viel Geld ein und den Schulen steht weniger zu. Es ist zudem unklar, wie eine Rückumwandlung verlässlich auf Ebene der Einzelschule erfolgen kann.

Die GEW BERLIN kritisiert zudem die Haltung, dass die Schulleitung über solch wichtige Fragen allein entscheiden soll. Bisher war hierfür ein Beschluss der Gesamtkonferenz erforderlich. Die GEW BERLIN fordert weiterhin die demokratische Beteiligung auf politischer Ebene ein. 

Wir ermutigen alle Kolleg*innen in den Schulen, das Thema Stellenumwandlung in die Gesamtkonferenz und Schulkonferenz einzubringen. Nach § 76 Abs. 1 SchulG entscheidet die Schulkonferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder über die Grundsätze der Verteilung und Verwendung der der Schule zur eigenen Bewirtschaftung zugewiesenen Personal- und Sachmittel. Über Einzelfälle, also die konkrete Umwandlung und Besetzung einer Stelle, kann die Schulkonferenz nicht entscheiden. Zu Grundsätzen könnte beispielsweise die Frage gehören, welche Berufsgruppen an der Schule sinnvoll eingesetzt werden könnten und in welchen Bereichen der Einsatz erfolgen könnte. Bevor dies in der Schulkonferenz erörtert wird, empfehlen wir eine Befassung der Gesamtkonferenz mit diesen Fragen. Die GK sollte eine Empfehlung an die Schulkonferenz geben.

3. Stunden für die Schulorganisation

Worum geht´s?

Für die Schulorganisation gibt es sogenannte Anrechnungsstunden. Diese werden für die Schulleitung, pädagogische Koordination, Klassenleitung u.v.m. genutzt. Manches war bisher explizit ausgewiesen, zum Beispiel die Stunden für die Schulleitung und Funktionen. Im Entlastungskontingent stand bisher beispielsweise eine Anrechnungsstunde pro Klasse, die in der Regel für die Klassenleitung genutzt wurden. Nun werden die Anrechnungsstunden für die Schulorganisation auf Basis eines Schüler*innenfaktors errechnet und als Gesamtstundenpool bereitgestellt. Eine Differenzierung ist in der VV Zumessung nicht mehr enthalten.

Die GEW BERLIN hat die Einführung des Stundenpools stark kritisiert, da es für die Schulbeschäftigten nun voraussichtlich noch weniger Transparenz bei den schulorganisatorischen Anrechnungsstunden geben wird. Dies war zwar schon vorher problematisch, aber gerade bei den Anrechnungsstunden für Schulleitung und Funktionsstellen konnte in der VV Zumessung nachgesehen werden.

Es ist nun sehr wichtig, dass die Gesamtkonferenz sich mit dem Thema befasst. Im Schulgesetz ist in § 79 Absatz 3 Satz 9 festgelegt: „Die Gesamtkonferenz der Lehrkräfte entscheidet […] über Grundsätze der Verteilung der Lehrerstunden aus dem Gesamtstundenpool, […]“ Darüber entscheidet die Gesamtkonferenz mit der einfachen Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder.

Dies kann beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem schulischen Geschäftsverteilungsplan erfolgen. In der VV Zuordnung ist zwar geregelt, dass die Verantwortlichkeit für die Erstellung bei der Schulleitung liegt. Sie muss dabei aber die Grundsatzentscheidungen der Gesamtkonferenz beachten.

Im Schulrechtskommentar von Krzyweck/Duveneck steht: „Die Grundsatzkompetenz schließt eine erschöpfende Regelung aus – nur ein Rahmen wird vorgegeben-, dem Anwender muss ein angemessener Spielraum bleiben .[…] Die von der Gesamtkonferenz zu beschließenden Grundsätze müssen zwangsläufig dem Schulleiter den notwendigen Entscheidungsspielraum lassen. Dies bedeutet im Einzelnen: Der Gesamtstundenpool wird aufgabenorientiert einzusetzen sein, eine personenbezogene Verteilung von Lehrerstunden scheidet damit aus. Hinsichtlich des Einsatzes insbesondere von Lehrkräften sollte die Gesamtkonferenz allgemeine Vorgaben formulieren, um in Entscheidungsabläufe Transparenz und Akzeptanz hineinzubringen. […]“

Eine aufgabenorientierte Zuordnung ist hier also vorgesehen. Ebenso werden Transparenz und Akzeptanz als Zielstellung benannt. Die Zahl der Anrechnungsstunden lässt sich errechnen. Jede Schule erhält 0,1 Stunden pro Schüler*in, wobei mindestens 40 und maximal 120 Stunden zugewiesen werden. Für die Unterstützung der Schulentwicklung gibt es zusätzlich 0,01 Stunden pro Schüler*in.

Sinnvoll ist es, die „Verteilung der schulorganisatorischen Anrechnungsstunden“ als Tagesordnungspunkt für die GK zu beantragen. Ein grundsätzliches Problem ist, dass grundsätzlich zu wenig Ressourcen für die vielfältigen schulorganisatorischen Aufgaben bereitgestellt werden. Die GEW BERLIN fordert seit Langem deutlich mehr Anrechnungsstunden sowie ein verbindliches Entlastungskontingent zum Ausgleich für teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte.

Solange die Ressourcen knapp sind, kann durch die Beteiligung der GK wenigstens eine annähernd „gerechte“ aufgabenbezogene Verteilung erzielt werden. Für die Anrechnungsstunden der Stunden empfiehlt es sich, sich an den Vorgaben aus der vorhergehenden VV Zumessung zu orientieren. Inhalt des Antrags könnte zudem eine Auflistung der Tätigkeiten sein, denen Anrechnungsstunden zugeordnet werden. Eine namentliche Zuordnung der Anrechnungsstunden erfolgt nicht.

Die Anrechnungsstunden für die Schulorganisation könnten zum Beispiel nach folgenden Grundsätzen verteilt werden:

  • Jede Klassenleitung erhält eine Ermäßigungsstunde.

  • Funktionsstelleninhaber*innen erhalten Anrechnungsstunden entsprechend der bisherigen VV Zumessung (siehe Anlage).

  • Für besondere Aufgaben wird jeweils eine Anrechnungsstunde gegeben z.B. besondere Schulprojekte, IT-Betreuung, Fachkonferenzleitung, erweiterte Schulleitung, Steuergruppe, Fortbildungskoordination, Krisen- und Präventionsteam u.a.

4. Verlässliche Grundausstattung an Grundschulen

Worum geht's?

Die verlässliche Grundausstattung für die Förderschwerpunkte Lernen, emotionale-soziale Entwicklung und Sprache soll zukünftig auf Basis eines für alle Grundschulen gleichen Schüler*innenfaktors erfolgen. Für die Jahrgangsstufen 1 bis 6 erhält die Schule für die sonderpädagogische Förderung der Schüler*innen der Förderschwerpunktgruppe 1 eine Grundausstattung. Diese beträgt einheitlich 0,16 Stunden pro Schüler*in. Für die Schulen, die in diesem Bereich einen höheren Bedarf haben, sollen Verluste über die Nachsteuerung ausgeglichen werden, dafür müssen die Schulen nun einen deutlich höheren Aufwand betreiben und Anträge stellen. Über die Anträge entscheidet dann die regionale Schulaufsicht.

Die GEW BERLIN und auch der Fachbeirat Inklusion haben die Umstellung in einer Pressemitteilung scharf kritisiert. Alle Grundschulen und -stufen erhalten trotz sehr unterschiedlicher Ausgangslagen zunächst die gleiche Ausstattung. Inklusiv arbeitende und sozial sehr geforderte Schulen werden durch das neue System benachteiligt. Bildungsgerechtigkeit sieht anders aus. Bisher hatte sich die VGA an der Anzahl von Schüler*innen mit Förderbedarf und dem Anteil von lernmittelbefreiten Schüler*innen orientiert. Dieses Berechnungsmodell hätte weiterentwickelt werden sollen. Die GEW BERLIN wird sich hier weiter laut zu Wort melden und sich weiter gemeinsam mit Bündnispartner*innen vernetzen. Kolleg*innen, die sich in diesem Bereich engagieren wollen, können sich gern für die AG Inklusion anmelden.

Noch Fragen oder Anliegen?

Dann wendet euch an die schulpolitische Referentin der GEW BERLIN oder eure örtlichen Personalräte.

Klaudia Kachelrieß 

Tel: 030 219993-57, E-Mail: klaudia.kachelriess@gew-berlin.de

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Klaudia Kachelrieß
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